Meditieren im Tempel

CSU entdeckt buddisthische Gelassenheit

Entspannte Truppe: Der CSU-Ortsverband Königsbrunn zu Besuch bei den Mönchen Maha Pomraoith (links) und Kittikuwo.
Entspannte Truppe: Der CSU-Ortsverband Königsbrunn zu Besuch bei den Mönchen Maha Pomraoith (links) und Kittikuwo. © Wat Phra Dhammakaya
Von Tobias Krone |
Nach der Krise der CSU im Herbst üben sich die bayerischen Konservativen derzeit in buddhistischer Gelassenheit. Ob eine Bundesregierung zustande kommt, liegt nicht mehr in ihrer Hand. Eine Ortsgruppe auf Besuch im buddhistischen Zentrum in der Nachbarschaft.
"Genieße einfach den Moment. Ihr könnt auch einfach sitzen, einfach genießen."
Ein Abend im buddhistischen Zentrum Königsbrunn. Auf einem Podest sitzt Mönch Kittikuwo im gelben Gewand und leitet die Meditation an. Vor ihm sitzen 20 Menschen in Socken und Pantoffeln – und konzentrieren sich in der kommenden Viertelstunde darauf, das gefühlte innere Licht durch die Nasenlöcher nach draußen scheinen zu lassen. Sie sind von der CSU-Ortsgruppe – und auf Nachbarschaftsbesuch.
"Wir wollten das im Rahmen eines Veranstaltungsprogramms machen, Religion vor Ort, Religion meets Politik. Und uns verschiedene Religionsgemeinschaften mal anschauen und das kennenlernen. Und wir sind ja hier aus Königsbrunn und das Zentrum ist in Königsbrunn, deswegen lag das auch nahe."

Schwelgen in Harmonie

Jura-Studentin Lisa Wolf, 21, Hornbrille, Chefin der örtlichen Frauenunion, hat das Treffen organisiert. Während sich andere Parteien gerade um Posten und programmatische Ausrichtungen streiten, schwelgen die Christsozialen geradezu in Harmonie. So sehr, dass sie sich wie hier im buddhistischen Zentrum sogar ein bisschen Weltoffenheit leisten können. DNA der CSU ist das freilich nicht, Barbara Jaser, 64, die zweite Bürgermeisterin, stellt das schnell klar:
"Ich bin jetzt wirklich gläubiger Katholik, muss ich sagen, aber dieses Zu-sich-kommen und Ruhefinden, das finde ich jetzt eigentlich in diesen stillen Gottesdiensten, die wir in Königsbrunn haben, auch widergespiegelt."
Die Gelassenheit mussten auch sie in Königsbrunn erst wiederfinden, nach dem Wahldebakel im vergangenen Herbst.
"Dass es mit der AfD so kommt, das habe ich eigentlich vorausgesehen, nachdem ich wirklich am Wochenende an den Infoständen anwesend war und mit ganz vielen Menschen gesprochen hab."
Die Kanzlerin schien Barbara Jaser in den vergangenen Jahren angesichts dieser Stimmung etwas zu gelassen.
"Obwohl ich ein Fan von ihr bin, wirklich, ich finde die Frau wirklich bewundernswert, weil sie mit einer Ruhe daran geht, die ich ja nie habe. Ich bin ja eher der quirlige Mensch. Und darum bewundere ich, dass sie immer erst nachdenkt und dann redet, und das finde ich echt ganz toll. Aber ich denke, dass sie da mit der Flüchtlingspolitik schon einen Fehler gemacht hat, weil einfach so viele Menschen unkontrolliert reingekommen sind. Also nicht, dass Menschen nach Deutschland gekommen sind, sondern nur so unkontrolliert, dass man gar nicht mehr wusste, wer da kommt."
Auch in der CSU gab es Streit um die innere Mitte. Inzwischen hat sich Markus Söder als künftiger Ministerpräsident durchgesetzt. Und Parteichef Horst Seehofer hat in Berlin gut verhandelt, findet Jonas Deuringer von der örtlichen Jungen Union:
"Besonders die CSU hat mit drei Schlüsselministerien wirklich gut abgeschnitten, insofern bin ich eigentlich relativ zufrieden."
Der 21-Jährige mit dem gestreiften Hemd glaubt auch an eine Verjüngung in einer künftigen Großen Koalition:
"Und ich bin absolut guter Dinge, weil ich auch darauf hoffe, dass gerade die junge Generation endlich wieder politisch an manche Themen rangeht, die sie ja direkt betreffen. Wie beispielsweise die Digitalisierung. Insofern ist Scheuer als neuer Minister eindeutig ein guter Mann."
Generalsekretär Andreas Scheuer, 43, und die Unterfränkin Dorothée Bär, 39 Jahre alt – beide könnten Bundesminister werden. Auch die CSU setzt auf Jugendlichkeit, doch gerade jugendlicher Übermut hat den Christsozialen in den vergangenen Jahren das Karma verhagelt. Mit gerümpfter Nase erinnert sich Bürgermeisterin Barbara Jaser an Jungspund Christian Lindner von der FDP:
"Sowas kann ich nicht bringen, ich kann nicht 14 Tage verhandeln, und dann am letzten oder am vorletzten Tag sagen: Nee, da habe ich jetzt doch keine Lust drauf. Das geht einfach gar nicht. Das ist ein unreifer junger Bengel."
Die Antwort Buddhas auf diesen Frust: Schwamm drüber. Wenn auch im Theorievortrag von Gemeindemitglied Dr. Junni Indriani etwas komplizierter ausgedrückt:
"Den Willen, Hass, Begierde und so weiter zu zügeln und das Prüfen der Gedanken und das Austauschen unheilsamer Gedanken durch heilsamer Gedanken."
Mönche des buddhistischen Zentrums Königsbrunn.
Mönche des buddhistischen Zentrums Königsbrunn.© Wat Phra Dhammakaya
Die CSU, so kann man in diesen Tagen behaupten, hat diesen Gedankenaustausch vollzogen. Man ist mit sich im Reinen. Ein meditativer Zustand ...
"Ganz im Hier und Jetzt sein, nicht über die Vergangenheit nachgrübeln und nicht in der Zukunft schwelgen."
Der Weg zur Harmonie führt in der Politik über Kompromisse. Marion Kehlenbach, Landkreis-Vorsitzende der Frauenunion Augsburg-Land, erläutert, wo in den Koalitionsverhandlungen auch die CSU abrücken musste.
"Für die Frauenunion ist immer noch die Mütterrente ein großes Thema. Und dass jetzt dieser nächste große Rentenpunkt nur für Frauen mit drei Kindern ist, dass ist für uns irgendwo ein Abstrich. Schade, dass wir da jetzt nicht mehr rausgeholt haben. Aber, wie gesagt, man muss Kompromisse machen und nicht alle können sich jetzt für die Mütterrente erwärmen, das ist okay für mich."
Weisheit liegt wohl in der Anerkennung der anderen Meinung. Für die JuSos dagegen mit ihrer No-GroKo-Kampagne und der Werbung für Parteieintritte hat Bürgermeisterin Barbara Jaser kein Verständnis:
"Das find' ich Kinderspiel, echt: Kindergarten ist das."
Soweit reicht die buddhistische Gelassenheit der bayerischen Konservativen dann doch nicht. Geduld aber brauchen sie. Bis zum 4. März lassen die Sozialdemokraten sie um die große Koalition bangen. Gut, dass Mönch Kittikuwo auch für das Warten einen guten Rat hat:
"Jede Wartezeit kann man mit glücklichen Gedanken füllen. Das Glück ist jederzeit vorhanden, man muss es nur nehmen."
So betrachtet kann sich die CSU eine glückliche Partei nennen. Ob eine Bundesregierung zustande kommt, liegt nicht mehr in ihrer Hand.
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