Medizin

Ebola-Mittel made in Germany

Weltweit werden derzeit Medikamente gegen Ebola getestet. Hier hat sich eine Freiwillige in Großbritannien für eine Versuchsreihe zur Verfügung gestellt.
Weltweit werden derzeit Medikamente gegen Ebola getestet. Hier hat sich eine Freiwillige in Großbritannien für eine Versuchsreihe zur Verfügung gestellt. © afp / Steve Parson
Von Christoph Richter, Landeskorrespondent Sachsen-Anhalt |
Es klingt sensationell: Biogenetiker haben in Sachsen-Anhalt ein Medikament gegen die lebensbedrohliche Krankheit Ebola entwickelt. Zwei Patienten aus den USA, die damit behandelt wurden, haben überlebt. Eine wichtige Rolle bei dem Serum spielt eine schnell wachsende Tabakpflanze.
Den Namen des kleinen Bio-Tech-Unternehmens Icon Genetics wird man sich merken müssen. Denn in einem unauffälligen Gebäude auf dem Hallenser Technologiepark Weinbergweg haben zwei ukrainische Wissenschaftler zusammen mit einem kalifornischen Unternehmen ein weltweit einzigartiges Verfahren entwickelt. Mit dem ein lebensrettendes Ebola-Medikament zur Produktreife gebracht werden könne, sagt der aus der Westukraine stammende Molekularbiologe Viktor Klimyuk.
"It is very easy and robust in use."
Das Herstellungsverfahren des Ebola-Medikaments ZMapp ist höchst komplex und funktioniert in etwa so: Antikörper, die das menschliche Immunsystem vor dem Ebola-Virus schützen, werden in Halle künstlich hergestellt. Anschließend schleust man die Antikörper mithilfe von Bakterien, die wie Fähren funktionieren, in eine ganz bestimmte, schnell wachsende Tabakpflanze - die Nicotiana Benthamiana.
"Das ist eine ganz normale in der Natur wachsende australische Tabakpflanze. Und ein Gewächs, was man für die Ebola-Forschung auch nicht extra genetisch verändern musste."
Durch das normale Pflanzenwachstum vermehren sich auch die Antikörper. Damit ist der Tabaksetzling – der etwa so groß wie eine Tomatenpflanze ist – so was wie eine natürliche Ebola-Antikörper-Fabrik. Das alles passiert in einem kleinen Gewächshaus, das eher an einen Wintergarten erinnert.
Nach einem Zeitraum von etwa zehn bis zwanzig Tagen kann man die Antikörper ernten. Das macht man in Halle, indem aus den Pflanzen ein durchsichtiges Serum, herausdestilliert wird.
"Und wenn man das dann dem Patienten spritzt, hilft es dem Immunsystem des betroffenen Patienten und zerstört bzw. tötet den Ebola-Virus."
Aus einem Kilo Biomasse, rechnet der in Kiew studierte Viktor Klimyuk vor, bekomme man etwa zweieinhalb Gramm der wirksamen medizinische Substanz.
Noch nicht offiziell zugelassen
Weil das Medikament ZMapp allerdings nur erst an Mäusen und Affen erprobt wurde, gibt es bisher noch keine Zulassung. Dennoch erlaubte die amerikanische Arzneimittelbehörde kürzlich eine erste Versuchsreihe mit dem Hallenser Serum an zwei amerikanischen, an Ebola infizierten Patienten - wohl mit Erfolg. Denn die beiden Patienten, die mit ZMapp behandelt wurden, haben überlebt.
"Natürlich macht uns das sehr hoffnungsvoll. Aber es ersetzt natürlich nicht eine seriöse Forschung bzw. klinische Vorstudien die noch zu machen sind, bevor das Medikament zur Serienreife gelangt."
... unterstreicht Yuri Gluba, Biotechnologe und Genetiker. Er ist der Gründer des Hallenser Labors Icon Genetics. Und hofft, ergänzt er noch, dass in den nächsten sechs Wochen weitere Ampullen mit dem lebensrettenden Serum bereitstehen.
Amerikaner finanzieren Herstellung
Finanziert wird die Herstellung der ersten Testreihen des Ebola-Medikaments vom US-Verteidigungsministerium, über die Höhe der Gelder wollte man in Halle keine Angaben machen. Auch über die Nebenwirkungen des Ebola-Medikaments ZMapp weiß man bis jetzt so gut wie gar nichts, gesteht Molekularbiloge Viktor Klimyuk:
"Immer reden wir über die Nebenwirkungen. Ich muss sagen, ich halte davon herzlich wenig. Bei der Ebola-Epidemie geht es um Leben und Tod und ehrlich gesagt, da sind Nebenwirkungen völlig nebensächlich und unwichtig."
Ein Ebola-Medikament, das nur durch ein in Halle an der Saale entwickeltes Verfahren produziert werden kann - es klingt wahrlich sensationell. Dennoch drücken die 34 Wissenschaftler beim Hallenser Bio-Tech-Unternehmen Icon-Genetics auf die Euphorie-Bremse. Denn die verheerende Ebola-Krise, sie kam für uns einfach zu früh, sagen sie.
Dennoch: Trotz fehlender klinischer Studien in Bezug auf Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO, einen Einsatz des Hallenser Ebola-Medikaments ZMapp in den Katastrophengebieten Westafrikas.
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