Medizin

Mammografie erkennt Brustkrebs nicht immer

Eine Radiologie-Assistentin bei der Brustkrebs-Früherkennung in einem "Mammobil".
Eine Radiologie-Assistentin bei der Brustkrebs-Früherkennung in einem "Mammobil". © picture-alliance/ dpa/dpaweb / Alexander Rüsche
Von Jutta Rosbach |
Jede neunte Frau in Deutschland erkrankt an Brustkrebs. Deshalb erhalten 50- bis 69-Jährige ein kostenloses Mammografie-Screening. Bei besonders dichtem Gewebe ist der Tumor damit aber trotzdem nicht zu erkennen.
Gilla Wiesner hatte ihr Mammografie-Screening hinter sich. Eine Woche später erhielt sie den Bescheid: alles in Ordnung- kein Brustkrebs. Ihre Erleichterung war nicht von Dauer.
"Dann hatte ich 14 Tage später einen regulären Termin beim Frauenarzt. Bei der Brustuntersuchung war das das erste Mal unangenehm, dass ich fragte, was war das denn? Das kenn ich nicht. Da stimmt was nicht. Dann war die Antwort, dass ich da 'ne Gewebeansammlung hätte."
Diese Gewebsverdichtung sei harmlos, urteilt ihre Gynäkologin auf der Basis des Mammografiebefunds. Zur Sicherheit soll Gilla Wiesner aber drei Monate später einen Ultraschall machen lassen. Bei diesem Termin erlebt sie einen Schock, den sie nie mehr vergessen wird.
"Die erste Diagnose, die ich bekam, war, dass es ein Riesentumor ist, und warum ich so spät komme. Ich bin fast kollabiert. Man verliert den Boden unter den Füßen."
Manches Gewebe ist zu dicht für die Röntgenstrahlen
Im Hamburger Jerusalem-Krankenhaus überprüft der Onkologe Kay Friedrichs ihre Befunde. Im Ultraschall erkennt er den Tumor als deutlich abgegrenzten, dunklen Fleck. In der Mammografie ist jedoch kein Knoten zu sehen. Der Grund: Gilla Wiesners Brustgewebe ist zu dicht für die Röntgenstrahlen der Mammografie. Diese Gewebestruktur ist besonders bei jüngeren Frauen häufig. Aber auch über-50-Jährige mit dichtem Gewebe sind mit dem Screening als einziger Diagnostik nicht ausreichend versorgt, erläutert Kay Friedrich.
"Wenn Sie solche Leute im Screening sehen, ohne Tastuntersuchung ohne Ultraschall, in einer Reihenuntersuchung, dann fallen einem solche Leute durch die Maschen. Diese Dichte der Brust ist etwas was die frühzeitige Erkennung eines kleinen Krebses erschwert. Jede sechste Patientin kommt mit einem auffälligen Befund, der mit der Mammografie nicht oder unzureichend abgeklärt ist. Die ergänzende Sonografie gibt uns dann entscheidende Hinweise für die Diagnose."
Alle paar Monate sieht der Hamburger Gynäkologe Conrad Felixmüller Frauen, bei denen ein Krebs wegen ihres dichten Brustgewebes in der Mammografie nicht sichtbar war. Deshalb empfiehlt er Patientinnen mit dichter Brust ab 35 Jahren bei der Vorsorge eine Sonografie.
"Die Brust setzt sich aus zwei Gewebsarten zusammen, aus Drüsengewebe und Fettgewebe. Desto drüsenhaltiger die Brust ist, desto aussagekräftiger ist der Ultraschall, desto weniger aussagekräftig ist die Mammografie."
Einige Brustkrebspatientinnen sind jünger als 55
Zum Zeitpunkt der Diagnose Brustkrebs ist jede vierte Frau jünger als 55 Jahre, jede zehnte Frau ist sogar jünger als 50. Und je jünger die Frau, desto dichter das Gewebe. Aber die Aussagekraft eines Ultraschalls hängt ganz entscheidend von der Erfahrung des Arztes und der Bildqualität des Sonografie-Geräts ab.
"Ein Arzt sollte eine hohe Erfahrung haben. Das sollte tägliche Routine sein. In normal laufender Praxis sollte er zehn bis 15 Untersuchungen der Brust machen, und das Gerät sollte nicht älter als fünf Jahre sein."
Aber für eine Sonografie müssen Frauen zahlen - je nach Arzt zwischen 35 und 75 Euro. Die gesetzlichen Kassen zahlen nur, wenn im Tastbefund oder der Mammografie ein Knoten auffällt, oder bei einem hohen familiären Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Für den Onkologen Kay Friedrichs ist die Regelung, Frauen mit dichtem Brustgewebe hier außen vor zu lassen nicht akzeptabel:
"Ich halte den differenzierten und guten Ultraschall der Brust für eine sinnvolle Ergänzungsmaßnahme. Der gehört nicht unter den Begriff IGL-Leistung. Sondern der gehört in den Bereich erweiterte Gesundheitsvorsorge."
Gilla Wiesners Tumor war noch im Frühstadium. Nach Operation und Bestrahlungen brauchte sie keine Chemotherapie. Die Sonografie kam bei ihr noch rechtzeitig:
"Mammografie plus Ultraschall, wenn ich beides gemacht hätte, das hätte mir früher Klarheit gegeben, ja. Im Nachhinein weiß ich das jetzt."
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