Landärzte dringend gesucht
Weite Anfahrtswege zur Praxis und lange Wartezeiten auf einen Termin: Auf dem Land droht medizinische Unterversorgung, zumal viele Ärzte in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Wie kann man für junge Ärzte Anreize schaffen, aufs Land zu gehen?
Bis 2020 gehen nach einer Studie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 50.000 niedergelassene Ärzte in den Ruhestand. Der Nachwuchs will jedoch oft nicht in eine Landarztpraxis. Besonders bei Allgemeinmedizinern droht ein Personalnotstand auf dem Land.
Dazu kommt, dass allgemein mehr Wert auf Work-Life-Balance sowie auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelegt wird. Der klassische Landarzt aus dem Kino, der sieben Tage die Woche rund um die Uhr für seine Patienten da ist, ist kein Lebensmodell mehr für die jungen Mediziner von heute.
Hilft eine Landarztquote?
Warum wollen junge Ärzte nicht auf dem Land leben und arbeiten? Wie kann man dem begegnen? Können Telemedizin, Gemeinschaftspraxen, Ferndiagnosen, Gemeindeschwestern und Kooperation wenigstens zum Teil Abhilfe schaffen? Warum macht die Politik den Ärzten mit ausufernder Bürokratie das Leben schwer? Stimmen die materiellen Anreize? Was kann die Politik tun?
Es diskutieren im Wortwechsel:
Thorsten Kleinschmidt, Kassenärztliche Vereinigung (KV) Niedersachsen, Braunschweig, und selber Hausarzt. Er warnt: "Auf dem platten Land, wie es immer so hässlich heißt, da ist der Mangel schon an vielen Stellen spürbar. Also im KV-Bezirk Braunschweig gibt es so manche Ecken, wo wir auch jetzt schon Schwierigkeiten haben, Praxen nachzubesetzen. Bislang gelingt es uns immer noch. Aber da muss man sich schon ziemlich lang machen. Und alles Mögliche an Maßnahmen ergreifen, um das hinzukriegen."
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Wieland Schinnenburg, Mitglied des Gesundheitsausschusses, ist skeptisch, ob eine sogenannte Landarztquote für Medizinstudenten Abhilfe schaffen würde: "Wir als FDP sind gegenüber Quoten stets kritisch. Im konkreten Fall wird es eh nicht viel helfen. Das Problem ploppt jetzt schon auf. Wenn Sie jetzt jemanden dazu bewegen, Medizin zu studieren aufgrund der Landarztquote, wird der erstmal sechs Jahre studieren und dann mehrere Jahre Facharztausbildung machen. Das Problem ist dringend, das kann nicht erst in zehn Jahren gelöst werden."
Karola Tiedemann, Nichtärztliche Praxisassistentin, sagt, weiterqualifizierte medizinische Fachangestellte könnten den Hausärzten viel Arbeit abnehmen: "Mein Chef kann mich zu Patienten schicken, wo Handlungsbedarf besteht. Ich habe einen Telearztkoffer, der bestückt ist mit EKG, mit Oxymetrie, mit Wunddokumentation und mit einem Tablet ausgestattet, sodass ich meinen Arzt auf das Tablet dazu holen kann."
Ulrich von Rath ist Allgemeinmediziner und betreibt eine Aus- und Fortbildungspraxis in Travemünde. Er ist davon überzeugt, dass man das Problem des Landarztmangels durch stetige Fortbildung beheben kann: "Wir sind ja angetreten, um ganz konkret zu leben, wie Versorgung der Zukunft sein kann. Und in diesen Strukturen bilden wir Ärzte und Ärztinnen weiter und medizinische Fachangestellte aus."