Falk Stirkat, Lars Bräuer: "Der belogene Patient"
Gräfe & Unzer, München 2021
288 Seiten, 19,99 Euro
Gefährliche Heilsversprechen
09:42 Minuten
Der Medizinjournalist und Arzt Falk Stirkat kritisiert mit dem Biochemiker Lars Bräuer im Buch "Der belogene Patient" den unkritischen Umgang mit Homöopathie. Auch der Protest gegen die Corona-Maßnahmen verwundert ihn.
Wie gefährlich können medizinisches Halbwissen und überzogene Skepsis gegenüber konventioneller Medizin sein? Der Arzt und Autor Falk Stirkat warnt in dem Buch "Der belogene Patient", das er zusammen mit dem Biochemiker Lars Bräuer geschrieben hat, vor Irrtümern bei Hausmittelchen, vor Sorglosigkeit im Einsatz von Antibiotika und vor übertriebener Sorge etwa bei Schmerzmitteln.
Ihm macht Sorge, welchen Stellenwert "alternative Heilmethoden" in Deutschland haben: "Was in Deutschland ein großes Problem ist, ist, dass ‚alternative Heilansätze‘, die keinerlei nachweisbare Wirkung haben, wie zum Beispiel die Homöopathie, sehr ernst genommen werden und den Patienten suggeriert wird, es wäre eine gleichartige Behandlungsmethode – was es nicht ist. Und damit ist das eine Lüge."
"Das gehört für mich verboten"
Er sei selbst Vater zweier Kinder und verstehe deshalb den Wunsch nach sanfter Medizin. "Ich höre das auch gerne: Es geht auch sanfter, die Impfung muss vielleicht gar nicht sein. Das entspricht aber nicht den Fakten." Allerdings gehe es oft auch nicht um Fakten, denn gerade Menschen, die sich zur Homöopathie hingezogen fühlten, "die wollen das glauben, was sie glauben wollen".
Für ihn selbst sei aber klar: "Ich persönlich werde niemals eine Arztpraxis betreten, an der 'Homöopathie' oder irgendsowas dransteht, weil ich da von vornherein weiß: Da wird nicht nach wissenschaftlichen Grundsätzen gearbeitet." Wer falsche oder sogar gefährliche Heilsversprechen verkaufe, sei ein Menschenfänger. "Das gehört für mich verboten."
"Die halten ein ganzes Land zum Narren"
Es sei jedoch sehr einfach, Menschen Dinge zu verkaufen, die sie gerne hören wollten. "Speziell Menschen, die sich vielleicht nicht kritisch mit den Dingen beschäftigen. Oder – und das ist noch viel gefährlicher – die glauben, sie beschäftigten sich kritisch mit etwas. Die aber eigentlich keinen Plan haben." Darin liege auch ein gewisser Hang zum Nazismus.
Hier sieht Stirkat eine Verbindung zu manchen Protesten gegen die Anti-Corona-Maßnahmen. "Die halten ein ganzes Land zum Narren, indem sie medizinische Fakten verdrehen und sich dafür auch noch auf die Straße stellen. Die sollten sich eigentlich schämen, dass sie es nicht verstehen." Natürlich sei eine gewisse kritische Haltung sinnvoll und man müsse nicht alles glauben.
Auch Ärzte seien sich ja nicht immer in allem einig. Stirkat zeigte sich aber irritiert, "dass Menschen glauben, sie können sich ein Urteil über Dinge bilden und Dinge verstehen, für die andere Menschen sechs Jahre studieren und dann noch mal eine sechsjährige Facharztausbildung machen müssen, um die verstehen zu können".