Steigender Meeresspiegel

Ein Weckruf für die Küstenregionen der USA

07:02 Minuten
Autos und Menschen in Florida stehen nach einer Überflutung im Wasser.
Land unter: Folgen des Tropensturm Eta, der im November 2020 auf Fort Lauderdale in Florida traf. © picture alliance / Associated Press / Marta Lavandier
Torsten Schlurmann im Gespräch mit Axel Rahmlow · 16.02.2022
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Eine aktuelle Studie sagt einen starken Anstieg des Meeresspiegels und gravierende Folgen für die US-Küsten voraus. Häufige Überschwemmungen sind dort, wie auch in Indonesien, eine große Herausforderung, sagt Küsteningenieur Torsten Schlurmann.
Dass der Meeresspiegel wegen des Klimawandels steigt, ist keine neue Nachricht. Doch eine Studie der US-Wetter- und Ozeanografie-Behörde NOAA hat nun Zahlen vorgelegt, in welchem Ausmaß das Wasser steigen soll. Demnach sind weite Teile der US-Küsten von Überschwemmungen bedroht.
Die Warnung der Experten ist eindringlich: Der Meeresspiegel an den amerikanischen Küsten wird bis 2050 steigen, so stark wie im ganzen 20. Jahrhundert nicht. Von 25 bis 30 Zentimetern ist in dem Bericht die Rede. In den Bundesstaaten Louisiana oder Texas könnte der Meeresspiegel sogar um 45 Zentimeter steigen. An der dicht besiedelten US-Ostküste würden auch an sonnigen Tagen Überschwemmungen möglich sein.

Ein Meter höher bis 2100

„Zukünftig werden Extremwasserstände häufiger und tatsächlich auch höher auflaufen“, sagt der Küsteningenieur Torsten Schlurmann, Professor am Ludwig-Franzius-Institut der Leibniz Universität Hannover. „Das wird zu Schäden und Verlusten führen.“ Im globalen Mittel würden die Wasserstände bis 2100 um einen Meter steigen, „wenn wir auf dem Entwicklungspfad, was Treibhausgase angeht, so weiterfahren“, warnt der Forscher.
Man muss aber nicht gleich an Überschwemmungen wie in Katastrophenfilmen denken, denn „der Meeresspiegelanstieg wird nicht über Nacht kommen und nicht dieses Ausmaß haben. Wir sprechen von 30 bis 40 Zentimetern bis zur Mitte des Jahrhunderts.“

Vorausschauender Hochwasserschutz

Damit stellt sich die Frage nach den Konsequenzen, zum Beispiel, ob Umsiedlungen von Küstenbewohnern notwendig sein werden. Der Bericht sei in dieser Hinsicht ein „Weckruf“ in den USA. Man werde entsprechende Vorkehrungen viel stärker als bisher in den Blick nehmen müssen, sagt Schlurmann.
Doch nicht nur dort: „Wir müssen uns dieser Situation anpassen, wir müssen die richtigen Planungen und auch die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Planungen besser vornehmen.“ Sturmereignisse werden häufiger vorkommen und damit auch Sturmflutereignisse.

Unterschiede in Niederlanden und USA

In Europa gibt es Erfahrungen damit. In den Niederlanden, Dänemark und Deutschland sei der Hochwasserschutz überwiegend eine öffentliche Angelegenheit, sagt Schlurmann: „Wir betreiben seit Jahrhunderten den Küstenschutz generalstabsmäßig in der Planung, Auslegung und auch in der Unterhaltung.“
In den USA sehe das anders aus: „Man spricht hier weniger von einem kollektiv-gesellschaftlich getragenen Küstenschutzsystem“, berichtet Schlurmann, „es ist eher individuell basiert, dass sich Stadtteile oder auch Infrastrukturen objektbezogen schützen können, sofern sie die finanziellen Mittel dazu haben – also quasi privater Hochwasserschutz.“

"Landsenkung" erhöht die Gefahr

Asiatische Metropolen wie Indonesiens Hauptstadt Jakarta hätten aber nicht nur das Problem des steigenden Meeresspiegels infolge des Klimawandels, sondern auch das der „Landsenkung“ um mehrere Meter infolge der Entnahme von Grundwasserressourcen für die Trinkwasserversorgung.
Insbesondere informelle Siedlungen, die nicht der Stadtplanung unterliegen, seien mittlerweile permanent überschwemmt, sagt Schlurmann: „Dementsprechend ist die Gefährdung dort noch einmal drastisch erhöht.“

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