Mehr als eine Schatztruhe für Schifffahrts-Relikte
Architekt Bjarke Ingels und Direktorin Camilla Mordhorst wollten mit dem neuen Gebäude für das Dänische Maritim-Museum einer vernachlässigten Museumsgattung eine Jungkur verpassen. Und es ist ihnen geglückt: Das Museum schickt den Besucher auf Entdeckungsreise.
Die dänische Kleinstadt Helsingør ist seit Shakespeares Zeiten als Ort blutiger Königsdramen bekannt. In Schloss Kronborg, das majestätisch vor Helsingørs Küste aufragt, spielte sich einst die Tragödie um Hamlet ab, den Königsrächer und Prinzen von Dänemark. Und weil das Schloss, seitdem es 2000 Weltkulturerbe geworden war, ganz im Dienste seiner großen Geschichte steht, hatten die Kuratoren des Danish Maritime Museum, das bislang in dem Schloss beherbergt war, plötzlich ein Problem: Sie mussten kurzerhand nach einem neuen Ausstellungsort suchen. Direktorin Camilla Mordhorst gesteht, dass man auf der ganzen Welt nach geeigneten Vorbildern Ausschau hielt. Im Interview erklärt sie jetzt, warum die dänischen Museumsleute mit ihrem hohen Anspruch scheiterten:
"Für uns war es wichtig, dass das Museum keinen nostalgischen Blick auf die Seefahrts-Geschichte wirft. Viele Schifffahrts-Museen folgen ausschließlich diesem rückwärts gerichteten Blick. Dagegen setzten wir auf ein spektakuläres Museum. Allerdings mussten wir uns an die Auflage halten, das Weltkulturerbe Schloss Kronborg nicht zu verschatten. Das Museum musste nahezu unsichtbar sein."
Die eigentlichen Probleme begannen erst, nachdem der neue Standort fürs Museum gefunden war. Als Grundstück stand ein ehemaliges Trockendock bereit, mit Blick auf Schloß Kronborg. Architekt Bjarke Ingels, der die Wettbewerbs-Jury mit dem originellsten und teuersten Entwurf überzeugte, erklärt, wie ihn das Projekt vor gänzlich unerwartete Schwierigkeiten stellte:
"Es ist ein ziemlich großes Dock, 150 Meter lang und 25 Meter breit. Im Grunde wäre es möglich gewesen, dort das Museum zu errichten. Doch wir bekamen jede Menge Probleme. Die UNESCO gestattete uns lediglich, das Gebäude ein Meter aus der Oberfläche herausragen zu lassen. Deswegen waren wir gezwungen, unter die Erde zu gehen. In einer Tiefe von zehn Metern besteht allerdings das größte Risiko darin, dass das Gebäude einfach davonschwimmt. Deshalb muss man alle Energie darauf verwenden, das Bauwerk fest zu verankern."
Der begehbare Grund ist jetzt durch 416 Bohrpfähle verankert, die wie wulstige Noppen aus dem Boden des Trockendocks herausragen. Darüber spannen sich dramatisch verlaufende Brücken, die den Blick freigeben auf den unwirtlichen Ort – die massiven Betonwände des Trockendocks. Bjarke Ingels weiß heute: Die Mühen haben sich ausgezahlt, denn für ein Schifffahrts-Museum kann es keinen besseren Ort geben als ein Trockendock.
"Das Maritim Museum zelebriert die Kultur und Industrie der Schifffahrt. Die Museumsarchitektur stellt dabei die Geschichte der Schiff-fahrt aus, weil wir uns in einem Trockendock mit Betonwänden befinden. Dieses Dock ist ein 150 Meter langes Ausstellungsobjekt."
Bjarke Ingels und Camilla Mordhorst wollten keine Schatztruhe für Schifffahrts-Relikte. Lieber erkundeten sie Neuland, um einer vernachlässigten Museumsgattung frische Luft zuzuführen. Ihr Wunsch nach einem spektakulären, ja einzigartigen Museum ging in Erfüllung. Zusammen mit den holländischen Ausstellungsarchitekten von Kossmann.de jong schufen sie einen Parcours, maßgeschneidert fürs Dänische Maritim-Museum. Heute freut sich Camilla Mordhorst, endlich die geeigneten Räume zu haben, um ihre Seefahrer-Geschichten erzählen zu können – über die Seefahrernation Dänemark und über "seafever":
"Das Gebäude selbst erzählt eine Geschichte. Hier dreht sich alles um die Geschichte vom Meer, die Geschichte von "seafever" - eines Gefühls zwischen Traum und Wahn. In dem Museum gibt es keine ebenen Flächen, es geht ständig rauf und runter. Und somit erzeugt es ein Gefühl. Ich denke, das Gebäude ist ein Experiment. Man ist sich niemals sicher und fragt sich: Befinde ich mich auf dem Boden oder auf dem Schiff?"
Unentwegt verändern sich Räume und Gänge, einige Treppen können sogar leichtes Schwindelgefühl verursachen. In diesem Museum hat man stets den Abgrund vor Augen. Zu diesem "feeling" lieferten die holländischen Ausstellungsarchitekten die geeigneten Inventarien und Bilder. Mühelos spielen sie auf der Klaviatur der Überraschungseffekte: Plötzlich lächelt einem aus einer Kajütenluke Jack Nicholson an – mit Matrosenmütze, Tattoos, Zigarre und entblößtem Oberkörper. "Seafever" - Segeln auf den Wellen der Sehnsucht. Das ist der Wunsch von Direktorin Camilla Mordhorst.
Ein anderes Beispiel: Über die Wellen gelangten auch Briefe, die Seemannsbräute den Geliebten in die Ferne schickten. Mit ihren Stimmen im Ohr und Seeschlachten-Videos vor Augen geht der Besucher jetzt selbst auf Reisen - in die Weite des imaginären Raums. Man muss Bjarke Ingels und Camilla Mordhorst ungeteilt Recht geben: Das neue Dänische Maritim-Museum schickt den Besucher – auch buchstäblich - auf Entdeckungsreise mit ungeahntem Ausgang.
"Für uns war es wichtig, dass das Museum keinen nostalgischen Blick auf die Seefahrts-Geschichte wirft. Viele Schifffahrts-Museen folgen ausschließlich diesem rückwärts gerichteten Blick. Dagegen setzten wir auf ein spektakuläres Museum. Allerdings mussten wir uns an die Auflage halten, das Weltkulturerbe Schloss Kronborg nicht zu verschatten. Das Museum musste nahezu unsichtbar sein."
Die eigentlichen Probleme begannen erst, nachdem der neue Standort fürs Museum gefunden war. Als Grundstück stand ein ehemaliges Trockendock bereit, mit Blick auf Schloß Kronborg. Architekt Bjarke Ingels, der die Wettbewerbs-Jury mit dem originellsten und teuersten Entwurf überzeugte, erklärt, wie ihn das Projekt vor gänzlich unerwartete Schwierigkeiten stellte:
"Es ist ein ziemlich großes Dock, 150 Meter lang und 25 Meter breit. Im Grunde wäre es möglich gewesen, dort das Museum zu errichten. Doch wir bekamen jede Menge Probleme. Die UNESCO gestattete uns lediglich, das Gebäude ein Meter aus der Oberfläche herausragen zu lassen. Deswegen waren wir gezwungen, unter die Erde zu gehen. In einer Tiefe von zehn Metern besteht allerdings das größte Risiko darin, dass das Gebäude einfach davonschwimmt. Deshalb muss man alle Energie darauf verwenden, das Bauwerk fest zu verankern."
Der begehbare Grund ist jetzt durch 416 Bohrpfähle verankert, die wie wulstige Noppen aus dem Boden des Trockendocks herausragen. Darüber spannen sich dramatisch verlaufende Brücken, die den Blick freigeben auf den unwirtlichen Ort – die massiven Betonwände des Trockendocks. Bjarke Ingels weiß heute: Die Mühen haben sich ausgezahlt, denn für ein Schifffahrts-Museum kann es keinen besseren Ort geben als ein Trockendock.
"Das Maritim Museum zelebriert die Kultur und Industrie der Schifffahrt. Die Museumsarchitektur stellt dabei die Geschichte der Schiff-fahrt aus, weil wir uns in einem Trockendock mit Betonwänden befinden. Dieses Dock ist ein 150 Meter langes Ausstellungsobjekt."
Bjarke Ingels und Camilla Mordhorst wollten keine Schatztruhe für Schifffahrts-Relikte. Lieber erkundeten sie Neuland, um einer vernachlässigten Museumsgattung frische Luft zuzuführen. Ihr Wunsch nach einem spektakulären, ja einzigartigen Museum ging in Erfüllung. Zusammen mit den holländischen Ausstellungsarchitekten von Kossmann.de jong schufen sie einen Parcours, maßgeschneidert fürs Dänische Maritim-Museum. Heute freut sich Camilla Mordhorst, endlich die geeigneten Räume zu haben, um ihre Seefahrer-Geschichten erzählen zu können – über die Seefahrernation Dänemark und über "seafever":
"Das Gebäude selbst erzählt eine Geschichte. Hier dreht sich alles um die Geschichte vom Meer, die Geschichte von "seafever" - eines Gefühls zwischen Traum und Wahn. In dem Museum gibt es keine ebenen Flächen, es geht ständig rauf und runter. Und somit erzeugt es ein Gefühl. Ich denke, das Gebäude ist ein Experiment. Man ist sich niemals sicher und fragt sich: Befinde ich mich auf dem Boden oder auf dem Schiff?"
Unentwegt verändern sich Räume und Gänge, einige Treppen können sogar leichtes Schwindelgefühl verursachen. In diesem Museum hat man stets den Abgrund vor Augen. Zu diesem "feeling" lieferten die holländischen Ausstellungsarchitekten die geeigneten Inventarien und Bilder. Mühelos spielen sie auf der Klaviatur der Überraschungseffekte: Plötzlich lächelt einem aus einer Kajütenluke Jack Nicholson an – mit Matrosenmütze, Tattoos, Zigarre und entblößtem Oberkörper. "Seafever" - Segeln auf den Wellen der Sehnsucht. Das ist der Wunsch von Direktorin Camilla Mordhorst.
Ein anderes Beispiel: Über die Wellen gelangten auch Briefe, die Seemannsbräute den Geliebten in die Ferne schickten. Mit ihren Stimmen im Ohr und Seeschlachten-Videos vor Augen geht der Besucher jetzt selbst auf Reisen - in die Weite des imaginären Raums. Man muss Bjarke Ingels und Camilla Mordhorst ungeteilt Recht geben: Das neue Dänische Maritim-Museum schickt den Besucher – auch buchstäblich - auf Entdeckungsreise mit ungeahntem Ausgang.