Mehr Prävention gegen Spielsucht gefordert
Der Psychologe Tobias Hayer hat angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Sportwettenmarkt eine bessere Prävention gegen Spielsucht gefordert. Wie im Kampf gegen Nikotin-, Alkohol- oder Drogensucht müssten ähnlich effektive Vorsorgeprogramme im Bereich der verhaltensgebundenen Süchte angeboten werden, sagte Hayer.
Kolkmann: Wie Pilze schießen derzeit private Wettbüros aus dem Boden. Sie locken mit märchenhaften Gewinnen und die Zielgruppe besteht vor allem aus sportbegeisterten jungen Männern. Sie werden geködert mit Live-Wetten und billigen Getränken. Und sie glauben durch ihr Sportwissen gute Gewinnchancen zu haben. Bis zu drei Milliarden Euro werden jedes Jahr gesetzt, dazu kommt noch der illegale graue Markt, und die Gefahr, spielsüchtig zu werden und sich finanziell zu ruinieren, ist groß. Experten schätzen, dass mehr als 180.000 Menschen betroffen sind. Gestern hat das Bundesverfassungsgericht jegliche Werbung für Wetten untersagt, die gezielt zum Wetten auffordert und vor allem den staatlichen Anbieter Oddset heftig gerügt. Der Psychologe Tobias Hayer von der Uni Bremen forscht seit langem über Spielsucht und er ist Mitautor einer Studie. Guten Morgen.
Hayer: Guten Morgen
Kolkmann: Herr Hayer, werden die Spieler viel zu wenig davor geschützt, süchtig zu werden?
Hayer: Bislang hat es tatsächlich an adäquaten Spielerschutzmaßnahmen gemangelt. Der Staat hat es bislang versäumt, in hinreichender Weise adäquate Instrumente einzusetzen, und deswegen begrüßen wir aus der Perspektive der Suchtprävention die Urteilssprechung vom gestrigen Tage.
Kolkmann: Was ist denn zu wenig gemacht worden?
Hayer: Bislang gab es zwar Auflagen, beispielsweise Jugendliche vom Spielbetrieb auszuschließen, oder aber Informationen zur Spielsucht bereit zu halten, aber alleine dieses bereithalten ist einfach zu wenig. Das passiert in der Praxis in der Regel so, dass ein kleines Faltblatt ausgelegt wird oder zwei Sätze zur Spielsucht ausgehängt werden, und das reicht natürlich nicht aus, um Spieler zu erreichen.
Kolkmann: Wie gefährlich ist denn dieses Spielen vor allem für Jugendliche?
Hayer: Spotwetten gehen generell mit einem höheren Suchtpotenzial einher und gerade junge Männer, fußballbegeisterte Männer, die beispielsweise in Sportvereinen auch organisiert sind, werden natürlich durch die diversen Sportwettenangebote angelockt und angezogen, viel mehr als das bislang der Fall war, mit den so genanten alten Sportwettformen nach dem Totalisatorprinzip. Die waren eher uninteressant, der Spielanreiz war eher gering. Das hat sich in den letzten Jahren erheblich geändert.
Kolkmann: Wie kann man denn die Jugendlichen, oder vor allem junge Männer davon abhalten?
Hayer: Grundsätzlich bedarf es der Prävention, der Ausarbeitung von Präventionsprogrammen. Wir haben bislang schon im Suchtbereich effektive Präventionsprogramme, die sich allerdings alle auf stoffgebundene Suchtmittel beziehen, Alkoholprävention, Tabak-, oder Nikotinprävention. All das gibt es und die gleichen Wirkmechanismen sind sicherlich auch im Bereich der so genannten Verhaltenssüchte, wie der Glücksspielsucht, einzufordern, halt ähnliche Programme auszugestalten, mit dem Modul Glücksspielsucht.
Kolkmann: Wettbüros schießen ja wie Pilze aus dem Boden, vor allem in Stadtteilen mit hoher Arbeitslosigkeit, wird da die soziale Armut im Prinzip ausgenutzt?
Hayer: So hart würde ich das nicht ausdrücken, das würde ja bedeuten, dass gezielt auch Arbeitslose und sozial Schwache angesprochen werden. Aber wir wissen generell aus der Glücksspielforschung, dass Arbeitslosigkeit durchaus ein Bedingungsfaktor sein kann, um ein problematisches Spielverhalten zu entwickeln. Stellen Sie sich vor, Arbeitslose haben in der Regel viel Zeit, haben keine Strukturierung des Alltages, und da bietet es sich natürlich an, in Spielhallen oder in Wettbüros zu gehen und sein Glück zu versuchen.
Kolkmann: Glauben Sie denn, dass das Wettspiel zu monopolisieren über den staatlichen Anbieter Oddset ausreichen würde? Gestern ist ja Oddset vom Bundesverfassungsgericht gerügt worden.
Hayer: Grundsätzlich stellt ein Monopol, ein Staatsmonopol im Glücksspielwesen, am ehesten die Rahmenbedingungen, um für effektiven Spielerschutz zu sorgen. Wenn wir einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Unternehmen, Privatunternehmen, hätten, dann würde das dazu führen, dass die Produkte, die Sportwettenangebote, immer attraktiver gestaltet werden, die Spielanreize erhöht werden, und dann stellt sich natürlich ein großes Fragezeichen, inwiefern dann noch für den Spielerschutz Sorge getragen wird. Andererseits wurde bislang natürlich das Staatsmonopol in seiner Form zu Recht kritisiert, wir fordern daher zum einen eine gesetzliche Verankerung von Spielerschutzmaßnahmen, und zum anderen eine unabhängige Kontrollinstanz, die den Staat auch in seinem Anbieterverhalten kontrolliert und auf etwaige Defizite aufmerksam macht.
Kolkmann: Verschweigt der Staat auch immer ein bisschen, dass er kräftig mitverdient, nicht nur bei Alkohol und Zigaretten, sondern eben auch beim Glücksspiel?
Hayer: Darauf kann man ja aufmerksam machen. Es geht hier um Milliardenbeträge, die Einnahmen für den Staat aus Glücksspiel liegen zum Beispiel höher als die von Alkohol bezogenen Steuern, also wir sprechen hier um Milliarden. Darauf gilt es sicherlich aufmerksam zu machen und der Staat profitiert natürlich von einem Monopol, allerdings hat er auch eine Aufgabe, eine Verpflichtung, nämlich die Verpflichtung der Gefahrenabwehr und den Schutz des Bürgers vor Ausbeutung.
Kolkmann: Das war Tobias Hayer, Psychologe von der Universität Bremen, Autor einer Studie zum Thema Spielsucht. Ich bedanke mich für das Gespräch im Deutschlandradio Kultur.
Hayer: Bitte Schön.
Hayer: Guten Morgen
Kolkmann: Herr Hayer, werden die Spieler viel zu wenig davor geschützt, süchtig zu werden?
Hayer: Bislang hat es tatsächlich an adäquaten Spielerschutzmaßnahmen gemangelt. Der Staat hat es bislang versäumt, in hinreichender Weise adäquate Instrumente einzusetzen, und deswegen begrüßen wir aus der Perspektive der Suchtprävention die Urteilssprechung vom gestrigen Tage.
Kolkmann: Was ist denn zu wenig gemacht worden?
Hayer: Bislang gab es zwar Auflagen, beispielsweise Jugendliche vom Spielbetrieb auszuschließen, oder aber Informationen zur Spielsucht bereit zu halten, aber alleine dieses bereithalten ist einfach zu wenig. Das passiert in der Praxis in der Regel so, dass ein kleines Faltblatt ausgelegt wird oder zwei Sätze zur Spielsucht ausgehängt werden, und das reicht natürlich nicht aus, um Spieler zu erreichen.
Kolkmann: Wie gefährlich ist denn dieses Spielen vor allem für Jugendliche?
Hayer: Spotwetten gehen generell mit einem höheren Suchtpotenzial einher und gerade junge Männer, fußballbegeisterte Männer, die beispielsweise in Sportvereinen auch organisiert sind, werden natürlich durch die diversen Sportwettenangebote angelockt und angezogen, viel mehr als das bislang der Fall war, mit den so genanten alten Sportwettformen nach dem Totalisatorprinzip. Die waren eher uninteressant, der Spielanreiz war eher gering. Das hat sich in den letzten Jahren erheblich geändert.
Kolkmann: Wie kann man denn die Jugendlichen, oder vor allem junge Männer davon abhalten?
Hayer: Grundsätzlich bedarf es der Prävention, der Ausarbeitung von Präventionsprogrammen. Wir haben bislang schon im Suchtbereich effektive Präventionsprogramme, die sich allerdings alle auf stoffgebundene Suchtmittel beziehen, Alkoholprävention, Tabak-, oder Nikotinprävention. All das gibt es und die gleichen Wirkmechanismen sind sicherlich auch im Bereich der so genannten Verhaltenssüchte, wie der Glücksspielsucht, einzufordern, halt ähnliche Programme auszugestalten, mit dem Modul Glücksspielsucht.
Kolkmann: Wettbüros schießen ja wie Pilze aus dem Boden, vor allem in Stadtteilen mit hoher Arbeitslosigkeit, wird da die soziale Armut im Prinzip ausgenutzt?
Hayer: So hart würde ich das nicht ausdrücken, das würde ja bedeuten, dass gezielt auch Arbeitslose und sozial Schwache angesprochen werden. Aber wir wissen generell aus der Glücksspielforschung, dass Arbeitslosigkeit durchaus ein Bedingungsfaktor sein kann, um ein problematisches Spielverhalten zu entwickeln. Stellen Sie sich vor, Arbeitslose haben in der Regel viel Zeit, haben keine Strukturierung des Alltages, und da bietet es sich natürlich an, in Spielhallen oder in Wettbüros zu gehen und sein Glück zu versuchen.
Kolkmann: Glauben Sie denn, dass das Wettspiel zu monopolisieren über den staatlichen Anbieter Oddset ausreichen würde? Gestern ist ja Oddset vom Bundesverfassungsgericht gerügt worden.
Hayer: Grundsätzlich stellt ein Monopol, ein Staatsmonopol im Glücksspielwesen, am ehesten die Rahmenbedingungen, um für effektiven Spielerschutz zu sorgen. Wenn wir einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Unternehmen, Privatunternehmen, hätten, dann würde das dazu führen, dass die Produkte, die Sportwettenangebote, immer attraktiver gestaltet werden, die Spielanreize erhöht werden, und dann stellt sich natürlich ein großes Fragezeichen, inwiefern dann noch für den Spielerschutz Sorge getragen wird. Andererseits wurde bislang natürlich das Staatsmonopol in seiner Form zu Recht kritisiert, wir fordern daher zum einen eine gesetzliche Verankerung von Spielerschutzmaßnahmen, und zum anderen eine unabhängige Kontrollinstanz, die den Staat auch in seinem Anbieterverhalten kontrolliert und auf etwaige Defizite aufmerksam macht.
Kolkmann: Verschweigt der Staat auch immer ein bisschen, dass er kräftig mitverdient, nicht nur bei Alkohol und Zigaretten, sondern eben auch beim Glücksspiel?
Hayer: Darauf kann man ja aufmerksam machen. Es geht hier um Milliardenbeträge, die Einnahmen für den Staat aus Glücksspiel liegen zum Beispiel höher als die von Alkohol bezogenen Steuern, also wir sprechen hier um Milliarden. Darauf gilt es sicherlich aufmerksam zu machen und der Staat profitiert natürlich von einem Monopol, allerdings hat er auch eine Aufgabe, eine Verpflichtung, nämlich die Verpflichtung der Gefahrenabwehr und den Schutz des Bürgers vor Ausbeutung.
Kolkmann: Das war Tobias Hayer, Psychologe von der Universität Bremen, Autor einer Studie zum Thema Spielsucht. Ich bedanke mich für das Gespräch im Deutschlandradio Kultur.
Hayer: Bitte Schön.