Videoassistent
Nicht nur in Leverkusen unbeliebt: Der Videobeweis. © imago images / Team 2 / TEAM2 via www.imago-images.de
Transparenz schafft Akzeptanz
06:01 Minuten
Seit fünf Jahren gibt es den Videoassistenten (VAR). Die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Immer wieder verärgern schwer nachvollziehbare Entscheidungen die Fans. Dem will der Verband nun mit mehr Transparenz begegnen.
Für manche Fans ist er nach wie vor ein Ärgernis – der Videobeweis, oder, in Kurzform VAR, der den Schiedsrichter bei heiklen Entscheidungen unterstützen soll. Im sogenannten Kölner Keller werden die Bilder ausgewertet, auf die die Schiedsrichter im Bundesligastadion dann zugreifen.
2018 hatte der DFB den Videobeweis in der ersten und zweiten Liga eingeführt, seither ist er Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Das Fußball-Magazin „11 Freunde“ fordert: „Weg mit dem VAR“.
2018 hatte der DFB den Videobeweis in der ersten und zweiten Liga eingeführt, seither ist er Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Das Fußball-Magazin „11 Freunde“ fordert: „Weg mit dem VAR“.
Schon vor einem Jahr hatte ein Autor desselben Magazins anlässlich des fünfjährigen Bestehens treffend festgehalten: „Er nervt wie am ersten Tag!“ Spieler, sparen sich den Jubel auf, die Fans auf den Tribünen ebenso. Und längst nicht alle Szenen, die via Überprüfung entschieden werden, sind unstrittig. Darüber, ob der VAR das Spiel gerechter gemacht hat, ließe sich prächtig philosophieren. In jedem Fall sind die Diskussionen um Entscheidungen nicht weniger geworden.
Anhaltende Diskussionen
Dabei kann er durchaus seinen Wert haben, sagt der ehemalige Bundesligaschiedsrichter Manuel Gräfe, der zu den angesehensten Schiedsrichtern der Bundesliga gehörte. „Und insbesondere bei den Schwarz-Weiß-Entscheidungen ist es auch nach wie vor eine sinnvolle Geschichte, also ist etwas abseits oder nicht, wenn es um Abstieg oder Meisterschaft oder internationale Teilnehmer angeht, ist es natürlich elementar, genauso auch, ob der Ball hinter der Linie war oder nicht. Also diese Schwarz-Weiß-Entscheidungen, die haben doch wirklich dazu beigetragen, dass es in vielen Bereichen gerechter geworden ist.“
Dass der Videoassistent noch immer nicht in großem Maße akzeptiert wird, und Entscheidungen diskutiert werden, wird auch im DFB als Problem angesehen, sagt Alex Feuerherdt. Er ist Mitbegründer des Schiedsrichter-Podcasts „Collinas Erben“, der – benannt nach dem legendären italienischen Schiedsrichter Pierluigi Collina mit der Glatze – Kultstatus erlangte. Inzwischen kommuniziert der Experte für die Schiedsrichter im DFB. Es gehe nun vor allem darum, Entscheidungen für die Zuschauer verständlicher zu machen. Das wäre ein nötiger Schritt, um Akzeptanz zu erreichen.
Komplexes Regelwerk
Allerdings sei das Schiedsrichterwesen heute bereits deutlich transparenter als vor der Jahrtausendwende, erst recht als in den achtziger Jahren, als das Eingestehen eines Fehlers als große Schwäche ausgelegt wurde. Früher sei das Schiedsrichterwesen gegenüber dem Publikum geradezu hermetisch abgeriegelt gewesen, sagt Alex Feuerherdt: „Einhergegangen damit ist zumindest in Deutschland auch, dass es ein großes Interesse gibt, dass das Regelwerk erklärt wird. Was steckt eigentlich dahinter? Das Regelwerk ist auch, das muss man auch klar sagen, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich komplexer geworden, nicht nur durch den Videoassistenten. Aber auch das heißt es gibt deutlich mehr Erklärungs- und Erläuterungsbedarf. Dem muss man versuchen, gerecht zu werden.“
VAR wird bleiben
Forderungen nach einer Abschaffung des Videoassistenten sind illusorisch. Der VAR wird nicht verschwinden. Es geht im sechsten Jahr seit der Einführung vor allem darum, einen vernünftigen Umgang auch gegenüber den Fans zu finden, meint Feuerherdt:
"Mehr Transparenz in dem Bereich ist, glaube ich auch deswegen notwendig, weil zum einen die Zuschauer im Stadion auch einfach ein Recht darauf haben, besser informiert zu sein. Der Zuschauer vor dem Fernsehschirm bekommt seine Zeitlupen, bekommt die Erklärung. Der ist, wie man so sagt, gut mitgenommen. Die Fans im Stadion haben keine Bilder, haben keine Erklärung und warten vielleicht manchmal auch nur eine Minute. Das kommt einander bisweilen schon sehr lang vor. Gerade wenn ein Tor fällt, und man eigentlich jetzt darauf wartet, zählt das oder nicht und kann sich jetzt gar nicht so genau denken. Was passiert da eigentlich? Also muss man sie sicher an der Stelle mitnehmen.“
Erklärformate geplant
In England und Italien gibt es Formate, in denen prominente ehemalige Schiedsrichter auftreten und anhand von Beispielen strittige Szenen erläutern. Dass es ein ähnliches Projekt in Deutschland geben wird, ist durchaus vorstellbar, sagt Alex Feuerherdt: „Wir sind gerade in der Planungsphase ein, sagen wir mal, nicht unähnliches Format zu etablieren, ohne dass da jetzt schon genau der Turnus feststeht, also wöchentlich oder monatlich, ohne dass das Format ganz genau feststeht. Aber vorstellbar ist sicherlich, dass da zum einen jemand steht, und das auch erklärt. Das können auch wechselnde Personen sein.“