Mehrwertsteuer in Schule, Kita und Verein

Aufregung am Kuchenstand

07:17 Minuten
Ein letztes Kuchenstück liegt neben einem Messer auf der Kuchenplatte.
Lecker, aber bald wohl steuerpflichtig: der Kuchen beim Schul- oder Kita-Fest. © Eyeem/ Müller Photography
Steffen Jäger im Gespräch mit Nicole Dittmer |
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Bald könnte der Kuchen-Basar in der Schule umsatzsteuerpflichtig werden. Schuld daran ist die EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Den Kommunen drohe ein riesiger bürokratischer Mehraufwand, sagt Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg.
Wer Kinder hat, der kennt Momente wie diese: Die Tochter oder der Sohn kommen mit einem klaren Auftrag nach Hause: Mama, Papa, ihr müsst für das Sommerfest einen Kuchen backen. Das Geld brauchen wir für den nächsten Ausflug.
Wer kann da schon ablehnen? Weshalb Elternkuchen und -käsespießchen in der Vergangenheit auch oft zur Finanzierung von Klassenfahrten, Adventsbasaren, Wandertagen und Kita-Möbeln beigetragen haben.
Auch Sportvereine freuen sich über Kuchen-Beiträge zum Fest, deren Erlös die nächsten Trikots ein bisschen günstiger macht.

EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie sieht es so vor

Ab dem kommenden Jahr aber könnten solche Verkäufe nun umsatzsteuerpflichtig werden. Schuld daran sei die sogenannte EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie, sagt Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg. Diese Richtlinie nehme an, dass auch Kommunen Unternehmereigenschaften haben können – und somit in Konkurrenz zu Gewerbetreibenden stehen. Um den Wettbewerb nicht zu verzerren, müssen sie dann genau wie die Unternehmen Steuern abführen.
Um beim Beispiel des Kuchenverkaufs zu bleiben, hieße das: Weil auch Bäcker Gebäck verkaufen, müssen auch beim Kuchenbasar der Schule Steuern abgeführt werden. In dem Fall von der Schule.

Jedes Angebot muss geprüft werden

Nun also muss bei jedem Angebot von Kommunen, Schulen und Vereinen geprüft werden, ob eine solche Unternehmereigenschaft und somit Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Betrieben vorliegt: beim Eintritt fürs Freibad, bei der Gebühr für die Beglaubigung von Unterlagen, bei der Miete für Hallen und Säle.
Das löse einen „riesigen bürokratischen Mehraufwand“ aus, sagt Jäger. Er hätte sich eine andere, weniger bürokratische Lösung gewünscht. Beispielsweise hätten Kommunen selbst festlegen können, ob sie einen Betrieb gewerblicher Art für bestimmte Aufgaben einrichten oder diese Aufgaben im Rahmen der kommunalen Verwaltung erfüllen.
Oder – noch besser aus der Sicht Jägers: Ganz auf die Neuregelung verzichten. Schließlich habe es nie viel Kritik an der vermeintlichen Ungleichbehandlung von Seiten privater Unternehmen gegeben, so Jäger. Und die privatwirtschaftliche Tradition, in der die EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie stehe, sei vor allem durch Großbritannien geprägt. Dessen Sichtweise sei aber seit dem Brexit auf EU-Ebene nicht mehr relevant.

Vermutlich kein Aus fürs Kuchen-Buffet

Danach sieht es allerdings nicht aus. Stattdessen droht nun die EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie, dem Image der Europäischen Union als Bürokratiemonster alle Ehre zu machen. Für den Käse- und Marmorkuchen aus Elternproduktion finde sich aber sicher eine einfache Lösung, ist sich selbst Jäger sicher. Kuchenfinanzierte Wandertage und Klassenfahrten können also vermutlich auch noch im kommenden Jahr stattfinden.
(lkn)

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