Meilenstein zum Zerfall der kommunistischen Regime
Im August 1980 streikten in Polen wochenlang Arbeiter im ganzen Land. Sie forderten neben höheren Löhnen auch politische Freiheiten. Am 31. August konnten die Arbeiter ihren Erfolg feiern. Die Regierung willigte in alle Forderungen des Streikkomitees ein.
Im Sommer 1980 befand sich der polnische Staat in einer tiefen Finanzkrise. Die Milliarden-Kredite aus dem Westen, die unter Parteichef Edward Gierek seit 1970 für die Industrieproduktion und den privaten Konsum eingesetzt wurden, konnten nicht mehr bedient werden. Im Staatshaushalt klafften immer größere Lücken. Die Regierung beschloss daher die Erhöhung der Fleischpreise zum 1. Juli, ein vermeintlich günstiger Zeitpunkt zu Beginn der Urlaubszeit.
Doch erbost über die anhaltend schlechte Versorgungslage und die hohe Inflation beginnen die Menschen überall im Land zu streiken. Am 1. Juli im Traktorenwerk Ursus in Warschau, am 9. Juli in der Region Lublin, Anfang August ist Łódz das Streikzentrum.
Die Regierung kann die Bewegung zunächst eingrenzen. Sie gibt den Lohnforderungen nach. Die gleichgeschalteten Medien schweigen. Am 15. August berichtet der Korrespondent Ludwig Thamm über den Streikbeginn in Danzig:
"Dort waren gestern die Arbeiter der Danziger Lenin-Werft in den Ausstand getreten. Neben dem Verlangen nach höheren Löhnen hatten sie zum ersten Mal dezidierte politische Forderungen gestellt, vor allem die Auflösung der gleichgeschalteten zentralen Gewerkschaften und die Zulassung der oppositionellen freien Gewerkschaftsbewegung, die Wiedereinstellung einiger Gründungsmitglieder dieser Gewerkschaft, ebenso wie die Wiederbeschäftigung aller Arbeitnehmer, die im Zusammenhang mit den Demonstrationen 1970 und 1976 entlassen worden waren."
Im Dezember 1970 starben über vierzig Arbeiter, als Polizei und Militär den Streik auf der Lenin-Werft gewaltsam beendeten. Daher veröffentlicht das "Kommitee von Regimekritikern KOR" am 18. August 1980 einen Appell:
"Wir warnen die Staatsführung der Volksrepublik Polen vor unverantwortlichem Provozieren der Bevölkerung, was zu einer nationalen Katastrophe führen könnte. Wir warnen vor solchen Formen des Protests, die von Staatsorganen dazu benutzt werden können, Krawalle zu provozieren."
Der Elektriker Lech Wałęsa organisiert mit seinen Freunden auf der besetzten Werft das überbetriebliche Streikkomitee MKS mit Vertretern aus 300 Betrieben. Sie verlangen höhere Löhne und stellen, und das ist neu, auch politische Forderungen wie die nach freien Gewerkschaften, Abschaffung der Zensur und Zugang zu den Medien. Der erste Regierungsvertreter Pyka versucht in Danzig mit Vertretern einzelner Belegschaften zu sprechen. Vergeblich!
Am 23. August kommt Vizepremier Mieczysław Jagielski direkt auf die Werft, um mit dem MKS zu verhandeln. Parteichef Gierek hofft noch, die aufmüpfigen Arbeiter in den staatlich gelenkten Gewerkschaften halten zu können.
"Wir meinen, dass der zentrale Gewerkschaftsrat die unverzügliche Durchführung von Wahlen zu den Gewerkschaftsleitungen in allen Betrieben erwägen muss, wo die Belegschaften das wünschen. Diese Wahlen müssen voll demokratisch sein, geheim erfolgen bei unbeschränkter Kandidatenzahl."’
Die westlichen Journalisten berichten ausführlich über den gut organisierten Streik. Nur mit einer Akkreditierung werden sie durch das blumengeschmückte Tor vorgelassen. Dorthin bringen die Verwandten das Essen für die Dockarbeiter, Alkohol ist strikt verboten.
Nach tagelangen Verhandlungen willigt Vizepremier Jagielski in sämtliche 21 Forderungen der Arbeiter ein. Am Morgen des 31. August, einem Sonntag, ist er noch mit dem Votum der Parteiführung aus Warschau unterwegs, während die Arbeiter wie jeden Tag unter freiem Himmel die heilige Messe feiern. Am Nachmittag wird das Danziger Abkommen feierlich unterschrieben. Lech Wałęsa benutzt demonstrativ einen übergroßen Kugelschreiber mit einem Papstbild und verkündet das Ende des Streiks: "Ich erkläre den Streik für beendet."
Der Sieg der Danziger Arbeiter wird zum ein Wendepunkt für die Polnische Gesellschaft und zum Meilenstein auf dem Weg des Zerfalls der kommunistischen Regime in Osteuropa.
Doch erbost über die anhaltend schlechte Versorgungslage und die hohe Inflation beginnen die Menschen überall im Land zu streiken. Am 1. Juli im Traktorenwerk Ursus in Warschau, am 9. Juli in der Region Lublin, Anfang August ist Łódz das Streikzentrum.
Die Regierung kann die Bewegung zunächst eingrenzen. Sie gibt den Lohnforderungen nach. Die gleichgeschalteten Medien schweigen. Am 15. August berichtet der Korrespondent Ludwig Thamm über den Streikbeginn in Danzig:
"Dort waren gestern die Arbeiter der Danziger Lenin-Werft in den Ausstand getreten. Neben dem Verlangen nach höheren Löhnen hatten sie zum ersten Mal dezidierte politische Forderungen gestellt, vor allem die Auflösung der gleichgeschalteten zentralen Gewerkschaften und die Zulassung der oppositionellen freien Gewerkschaftsbewegung, die Wiedereinstellung einiger Gründungsmitglieder dieser Gewerkschaft, ebenso wie die Wiederbeschäftigung aller Arbeitnehmer, die im Zusammenhang mit den Demonstrationen 1970 und 1976 entlassen worden waren."
Im Dezember 1970 starben über vierzig Arbeiter, als Polizei und Militär den Streik auf der Lenin-Werft gewaltsam beendeten. Daher veröffentlicht das "Kommitee von Regimekritikern KOR" am 18. August 1980 einen Appell:
"Wir warnen die Staatsführung der Volksrepublik Polen vor unverantwortlichem Provozieren der Bevölkerung, was zu einer nationalen Katastrophe führen könnte. Wir warnen vor solchen Formen des Protests, die von Staatsorganen dazu benutzt werden können, Krawalle zu provozieren."
Der Elektriker Lech Wałęsa organisiert mit seinen Freunden auf der besetzten Werft das überbetriebliche Streikkomitee MKS mit Vertretern aus 300 Betrieben. Sie verlangen höhere Löhne und stellen, und das ist neu, auch politische Forderungen wie die nach freien Gewerkschaften, Abschaffung der Zensur und Zugang zu den Medien. Der erste Regierungsvertreter Pyka versucht in Danzig mit Vertretern einzelner Belegschaften zu sprechen. Vergeblich!
Am 23. August kommt Vizepremier Mieczysław Jagielski direkt auf die Werft, um mit dem MKS zu verhandeln. Parteichef Gierek hofft noch, die aufmüpfigen Arbeiter in den staatlich gelenkten Gewerkschaften halten zu können.
"Wir meinen, dass der zentrale Gewerkschaftsrat die unverzügliche Durchführung von Wahlen zu den Gewerkschaftsleitungen in allen Betrieben erwägen muss, wo die Belegschaften das wünschen. Diese Wahlen müssen voll demokratisch sein, geheim erfolgen bei unbeschränkter Kandidatenzahl."’
Die westlichen Journalisten berichten ausführlich über den gut organisierten Streik. Nur mit einer Akkreditierung werden sie durch das blumengeschmückte Tor vorgelassen. Dorthin bringen die Verwandten das Essen für die Dockarbeiter, Alkohol ist strikt verboten.
Nach tagelangen Verhandlungen willigt Vizepremier Jagielski in sämtliche 21 Forderungen der Arbeiter ein. Am Morgen des 31. August, einem Sonntag, ist er noch mit dem Votum der Parteiführung aus Warschau unterwegs, während die Arbeiter wie jeden Tag unter freiem Himmel die heilige Messe feiern. Am Nachmittag wird das Danziger Abkommen feierlich unterschrieben. Lech Wałęsa benutzt demonstrativ einen übergroßen Kugelschreiber mit einem Papstbild und verkündet das Ende des Streiks: "Ich erkläre den Streik für beendet."
Der Sieg der Danziger Arbeiter wird zum ein Wendepunkt für die Polnische Gesellschaft und zum Meilenstein auf dem Weg des Zerfalls der kommunistischen Regime in Osteuropa.