Melodien für Millionen
Das Bonner Haus der Geschichte bittet zur Schlagerparade. "Melodien für Millionen" heißt die Ausstellung, die bis zum 5. Oktober in Bonn und anschließend im Haus der Geschichte in Leipzig gezeigt wird und die letzten 100 Jahre in der Geschichte der populären Musik dokumentiert.
Es beginnt frech und witzig, mit den Liedern, die den Sprung von der Revue- und Kabarettbühne herab auf die Plattenteller der Trichtergrammofone schafften und zu Ohrwürmern wurden.
Von der Wiege bis zur Bahre möchte man da fast sagen, wenn man auf den vorläufigen Schluss- und absoluten Tiefpunkt der 100 Jahre Schlagergeschichte schaut, die im Bonner Haus der Geschichte nacherzählt werden: Was der Markt als Volksmusik verkauft, das beherrscht gegenwärtig den Trend.
Zuerst fällt die glamouröse Show im Musikgeschäft ins Auge. Jedes Jahrzehnt bekommt in der Bonner Ausstellung seine Bühne, ausgestattet mit Plakaten, Fotos und Erinnerungsstücken. In wechselnd farbiges Licht getaucht, gibt es da ein weißes Abendkleid, das Oberteil reich bestickt mit Pailletten, an den Ärmeln zittern zarte Schwanenfedern. Collier und Haarschmuck aus Strass müssen der ganzen Erscheinung noch ein Glanzlicht aufgesetzt haben. Das alles hat einmal Zarah Leander gehört.
Das Beispiel Zarah Leander macht deutlich, was der Schlager im Haus der Geschichte zu suchen hat. Die Schau, die Themen, Trends, musikalische Ausdrucksformen und Künstlerkarrieren beleuchtet, untersucht auch, wie sich Alltag und Zeitgeist, Wirtschaft und Politik in der populären Musik der letzten 100 Jahre widerspiegeln. Zarah besang ihren festen Wunderglauben 1942. Die Toten von Stalingrad und die Opfer in den Konzentrationslagern, die ersten Bomben auf Köln im Mai 1942 widerlegten ihn grausam.
Dr. Hanno Sowade:
"Der Schlager ist eingebunden in seiner Entstehungsgeschichte in vielfältige Hintergründe. Nehmen Sie nur das Beispiel des Dritten Reiches. Viele wichtige Komponisten, Texter wurden verfolgt, umgebracht, auf der andern Seite haben die Machthaber den Schlager instrumentalisiert, Durchhalteschlager, optimistische Schlager. Da sieht man schon ganz deutlich, dass sich mit der Leichten Muse im Dritten Reich viel mehr verbindet, als man auf den ersten Blick meint."
Projektleiter Dr. Hanno Sowade vom Haus der Geschichte kann noch andere überzeugende Belege vorführen für seine These:
"Da wird deutlich der Zeitgeist aufgegriffen. Ob sie in 20er Jahren singen ‘wir versaufen‘ im Zuge der Inflation. Oder denken sie an einen Titel ‘wir steigern das Bruttosozialprodukt‘ - ironisch gemeint, ernst genommen, oder in den 50er Jahren, wo es heißt, ‘die süßesten Kirschen‘, Reflexion auf das Wirtschaftswunder, auf das Auseinanderklaffen der Einkommensschere in diesem Bereich, Schlager reflektiert Zeitgeist."
1983, als der Nato-Doppelbeschluss die Angst vor dem atomaren Wettrüsten schürt, schafft die 17-jährige Nicole den einzigen deutschen Sieg in einem European Song Contest.
Das Kleid, das sie an jenem Abend trug, und ihre Gitarre sind in der Ausstellung zu sehen, ebenso wie der Motorroller von Conny Froboess oder der gläserne Flügel von Udo Jürgens. Schließlich sollen die Herzen der Fans höher schlagen.
"Und auf der Rückseite, in der Kulisse erläutern wir die politischen, technischen, wirtschaftlichen Verhältnisse der Zeit, in der der Schlager sich befindet."
Dort gibt es Zeitungsausschnitte, Fotos, Filme, Daten und Zahlen. Auch die Technik und den Musikmarkt haben die Macher in den Blick genommen. Die Bedeutung des Tonfilms wird beleuchtet, in der Regenbogenpresse wird reflektiert, wie Stars gemacht, demontiert oder in der Werbung vermarktet werden. Reproduktionsapparate von der Drehorgel über das Grammofon und das Radio bis zu Musikbox und CD-Player weisen auf die Entwicklung der Musik zum Massenphänomen. Eine besondere Attraktion sind sicher die eigens konstruierten Abhörstationen, an denen der Besucher mit einem leisen Fingertippen aus 800 Musiktiteln wählen kann und auf einem Bildschirm zugleich Platte und Cover zu sehen bekommt. Am Ende der Ausstellung will das Haus der Geschichte dann eine Hitliste aus den Besucherwünschen veröffentlichen. Wer den meistverkauften Schlager aller Zeiten gesungen hat, steht allerdings jetzt schon fest: Freddy Quinn.
Von der Wiege bis zur Bahre möchte man da fast sagen, wenn man auf den vorläufigen Schluss- und absoluten Tiefpunkt der 100 Jahre Schlagergeschichte schaut, die im Bonner Haus der Geschichte nacherzählt werden: Was der Markt als Volksmusik verkauft, das beherrscht gegenwärtig den Trend.
Zuerst fällt die glamouröse Show im Musikgeschäft ins Auge. Jedes Jahrzehnt bekommt in der Bonner Ausstellung seine Bühne, ausgestattet mit Plakaten, Fotos und Erinnerungsstücken. In wechselnd farbiges Licht getaucht, gibt es da ein weißes Abendkleid, das Oberteil reich bestickt mit Pailletten, an den Ärmeln zittern zarte Schwanenfedern. Collier und Haarschmuck aus Strass müssen der ganzen Erscheinung noch ein Glanzlicht aufgesetzt haben. Das alles hat einmal Zarah Leander gehört.
Das Beispiel Zarah Leander macht deutlich, was der Schlager im Haus der Geschichte zu suchen hat. Die Schau, die Themen, Trends, musikalische Ausdrucksformen und Künstlerkarrieren beleuchtet, untersucht auch, wie sich Alltag und Zeitgeist, Wirtschaft und Politik in der populären Musik der letzten 100 Jahre widerspiegeln. Zarah besang ihren festen Wunderglauben 1942. Die Toten von Stalingrad und die Opfer in den Konzentrationslagern, die ersten Bomben auf Köln im Mai 1942 widerlegten ihn grausam.
Dr. Hanno Sowade:
"Der Schlager ist eingebunden in seiner Entstehungsgeschichte in vielfältige Hintergründe. Nehmen Sie nur das Beispiel des Dritten Reiches. Viele wichtige Komponisten, Texter wurden verfolgt, umgebracht, auf der andern Seite haben die Machthaber den Schlager instrumentalisiert, Durchhalteschlager, optimistische Schlager. Da sieht man schon ganz deutlich, dass sich mit der Leichten Muse im Dritten Reich viel mehr verbindet, als man auf den ersten Blick meint."
Projektleiter Dr. Hanno Sowade vom Haus der Geschichte kann noch andere überzeugende Belege vorführen für seine These:
"Da wird deutlich der Zeitgeist aufgegriffen. Ob sie in 20er Jahren singen ‘wir versaufen‘ im Zuge der Inflation. Oder denken sie an einen Titel ‘wir steigern das Bruttosozialprodukt‘ - ironisch gemeint, ernst genommen, oder in den 50er Jahren, wo es heißt, ‘die süßesten Kirschen‘, Reflexion auf das Wirtschaftswunder, auf das Auseinanderklaffen der Einkommensschere in diesem Bereich, Schlager reflektiert Zeitgeist."
1983, als der Nato-Doppelbeschluss die Angst vor dem atomaren Wettrüsten schürt, schafft die 17-jährige Nicole den einzigen deutschen Sieg in einem European Song Contest.
Das Kleid, das sie an jenem Abend trug, und ihre Gitarre sind in der Ausstellung zu sehen, ebenso wie der Motorroller von Conny Froboess oder der gläserne Flügel von Udo Jürgens. Schließlich sollen die Herzen der Fans höher schlagen.
"Und auf der Rückseite, in der Kulisse erläutern wir die politischen, technischen, wirtschaftlichen Verhältnisse der Zeit, in der der Schlager sich befindet."
Dort gibt es Zeitungsausschnitte, Fotos, Filme, Daten und Zahlen. Auch die Technik und den Musikmarkt haben die Macher in den Blick genommen. Die Bedeutung des Tonfilms wird beleuchtet, in der Regenbogenpresse wird reflektiert, wie Stars gemacht, demontiert oder in der Werbung vermarktet werden. Reproduktionsapparate von der Drehorgel über das Grammofon und das Radio bis zu Musikbox und CD-Player weisen auf die Entwicklung der Musik zum Massenphänomen. Eine besondere Attraktion sind sicher die eigens konstruierten Abhörstationen, an denen der Besucher mit einem leisen Fingertippen aus 800 Musiktiteln wählen kann und auf einem Bildschirm zugleich Platte und Cover zu sehen bekommt. Am Ende der Ausstellung will das Haus der Geschichte dann eine Hitliste aus den Besucherwünschen veröffentlichen. Wer den meistverkauften Schlager aller Zeiten gesungen hat, steht allerdings jetzt schon fest: Freddy Quinn.