Menopause
Das Ende der Fruchtbarkeit: Die Wechseljahre ziehen sich oft über Jahrzehnte und werden in drei Phasen unterteilt: Perimenopause, Menopause und Postmenopause. © Getty Images / iStock / Anna Kondratenko
„Wir verwechseln Fruchtbarkeit mit Weiblichkeit“
14:18 Minuten
Kaum Ahnung, was einen in den Wechseljahren erwartet! So geht es vielen Frauen, auch weil das Thema mit Scham behaftet ist. Das sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, sagt die Journalistin Miriam Stein – und fordert mehr Aufklärung.
In der Menopause kommt der Zyklus langsam aus dem Tritt, die Hormonverhältnisse ändern sich drastisch – und irgendwann ist es dann vorbei mit der Fruchtbarkeit und der Periode. So viel mehr wissen viele Frauen darüber aber nicht – und können vom Arzt oder der Ärztin auch wenig Beratung erwarten. „Aus dem einfachen Grund, weil es im deutschen Krankenkassensystem keine Abrechnungsnummer gibt. Die Ärztinnen und Ärzte können keine Beratung geben, weil sie es nicht abrechnen können“, sagt die Journalistin Miriam Stein.
Nur wenige Frauen wissen genau, was sie in der Menopause erwartet. Auch Miriam Stein erging es so, als sie mit Ende 30 in die Wechseljahre kam. „Ich habe mich überhaupt nicht vorbereitet gefühlt. Man weiß, dass man irgendwann unfruchtbar wird. Womit das verbunden ist und was das für den Körper heißt, dass der Hormonspiegel ganz anders aufgebaut ist, das wusste ich überhaupt nicht.“ Dass die Periode erst nicht schwächer, sondern ganz im Gegenteil, stärker und in kürzeren Abständen komme, habe sie beispielsweise auch erst später erfahren. Auch Symptome wie Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit habe sie erst einmal nicht gleich mit der Menopause verbunden.
Wenig Wissen, wenig Unterstützung
Lange habe sie deswegen versucht herauszubekommen, was ihr fehle, bevor es ihr klar wurde. Zwar sei jede Menopause anders, sagt Stein. „Was man aber machen kann, ist, dass man aufklärt, und ich würde sagen: ab 35, großflächig, damit man diese Furchtmomente ein bisschen vermeiden kann.“
Mittlerweile ist Miriam Stein zu einer Expertin in Sachen Klimakterium – so heißt eigentlich die gesamte Übergangsphase von der fruchtbaren zur unfruchtbaren Phase – geworden, hat darüber das Buch „Die gereizte Frau“ geschrieben. „Ich finde es total wichtig, dass Hilfe und Unterstützung für alle Frauen in den Wechseljahren zugänglich ist“, betont sie. Auch Frauen, die wenig Geld haben, oder Frauen, die nicht so gut Deutsch sprechen, sollten sich ausreichend informieren können.
Scham wegen der Menopause
Dass so wenig über die Wechseljahre gesprochen werde, liege nicht nur daran, dass dieses nicht im Medizingrundstudium unterrichte werde und die ärztliche Beratung von den Krankenkassen nicht vorgesehen ist, sondern auch an dem Frauenbild, das in 3000 Jahren Patriarchat entstanden sei: „Dass die hauptgesellschaftliche Relevanz von Frauen die Nachkommenschaft ist, sprich Schwangerschaft. In dem Moment, wo ich keine Nachkommen mehr produzieren kann, endet auch die vermeintliche Relevanz in der Gesellschaft. Das heißt, wir verwechseln das Ende der Fruchtbarkeit mit dem Ende der Weiblichkeit“ – und Weiblichkeit wieder mit Sexappeal.
„Die Weiblichkeit endet nicht, im Gegenteil“, betont Stein. „Es ist bloß der Teil der Weiblichkeit, der wirklich null sexy ist, und ich glaube, da liegt so ein bisschen der Hase im Pfeffer, dass sehr viele Frauen sich selber schämen.“
Vorruhestand wegen Menopause – nicht selten
Dabei sei es nicht nur für die einzelnen Frauen, sondern auch gesamtgesellschaftlich wichtig, das Thema ernst zu nehmen. Denn leiden Frauen an schweren Symptomen – und das trifft auf etwa ein Drittel der Frauen zu –, leidet das gesamte Umfeld mit. „Beispielsweise die Partnerschaft, aber auch das Arbeitsverhältnis.“
Angesichts von Fachkräftemangel könne sich die Gesellschaft eine Tabuisierung nicht mehr leisten: „Frauen arbeiten in den systemrelevanten Jobs: an der Kasse, in der Pflege, die betreuen unsere Kinder, die unterrichten unsere Kinder.“ Gehe ein Drittel davon wegen schwerer Symptome in den Vorruhestand, „dann verlieren wir an einer ganz entscheidenden Stelle Personal“. Dadurch entstehe ein wirtschaftlicher Schaden in Millionenhöhe.
Viele Frauen würden bisher aber nicht offen zugeben, warum sie aus dem Beruf ausscheiden, weil es ihnen peinlich sei, sagt Miriam Stein. „Das finde ich tragisch. Das ist traurig, weil man könnte mit ziemlich wenigen Handgriffen die Frauen im Berufsleben unterstützen und könnte ihre Berufstätigkeit erhalten. Ich glaube, dass wir uns das als Gesellschaft nicht leisten können, dies Facharbeiterinnen zu verlieren.“
Entscheidungen für sich selbst treffen
Dabei bringt die Menopause auch Gutes, betont Stein: Für sie sei es jetzt einfacher, Entscheidungen für sich selbst zu treffen, „und viele Fragen, die ich mir gestellt habe, ob ich attraktiv bin oder ausreiche als Frau, die stelle ich mir kaum noch – und da ist unglaublich viel Energie freigesetzt worden.“ Biochemisch ist dies mit dem Abfall der weiblichen Hormone Progesteron und Östrogen zu erklären. „Östrogen sorgt dafür, dass wir uns kümmern, und in dem Moment, wo es sich in den Wechseljahren reduziert, fällt es uns leicht, für uns Entscheidungen zu treffen, aber eben auch für das Umfeld oder die Gesellschaft, und das finde ich super.“
(lkn)