Der mühsame Kampf für ein selbstbestimmtes Leben
Mit dem geplanten Bundesteilhabegesetz sollten vor allem Barrieren für behinderte Menschen abgebaut und ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden. Doch der jetzt vorgelegte Arbeitsentwurf enttäuscht viele.
Teilhabe ermöglichen, Barrieren abbauen und Gleichberechtigung schaffen – so formulierten die Gleichstellungsbeauftragten von Bund und Ländern im vergangenen Herbst ihre Erwartungen an das geplante Bundesteilhabegesetz. Inzwischen liegt ein erster Arbeitsentwurf vor, Ernüchterung macht sich breit.
"Für mich muss der große Wurf noch kommen, weil der Arbeitsentwurf ist es definitiv nicht."
Sagt Verena Bentele, die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. Corinna Rüffer wird noch deutlicher. Dieser Entwurf macht wenig besser, aber vieles schlechter, sagt die behindertenpolitische Sprecherin der Grünen:
"Das wäre eine große Lüge, ein großes Mogelpaket, und das ist nicht nur ein bisschen schlimm, sondern das ist dramatisch, weil es die Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen erheblich verschlechtern würde."
"Für mich muss der große Wurf noch kommen, weil der Arbeitsentwurf ist es definitiv nicht."
Sagt Verena Bentele, die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. Corinna Rüffer wird noch deutlicher. Dieser Entwurf macht wenig besser, aber vieles schlechter, sagt die behindertenpolitische Sprecherin der Grünen:
"Das wäre eine große Lüge, ein großes Mogelpaket, und das ist nicht nur ein bisschen schlimm, sondern das ist dramatisch, weil es die Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen erheblich verschlechtern würde."
Handfeste Verbesserungen für Behinderte
Kerstin Tack ist nicht ganz so pessimistisch. Das geplante Gesetz bringe ganz handfeste Verbesserungen für Behinderte, zum Beispiel das Recht auf Sparen. Wer eine Arbeit und eigenes Einkommen habe, dürfe davon in Zukunft mehr für sich behalten, sagt die behindertenpolitische Sprecherin der SPD und verweist auf das Recht.
"Heute darf man nur 2600 Euro Vermögen haben, alles andere muss man einsetzen für die Eingliederungshilfe, die man vom Staat erhält. Künftig werden wir diesen Betrag deutlich herauf setzen auf einen mittleren fünfstelligen Betrag, sodass wir glauben, dass wir damit das Recht auf Sparen, eine große Forderung der Betroffenen, zu einem ganz wesentlichen Schritt verbessern können."
Vermögen bis 25.000 Euro sollen geschützt werden, die Freigrenze soll 2020 auf 50.000 Euro erhöht werden, heißt es. Ein Fortschritt, ja, räumt auch die Grünen-Politikerin Rüffer ein. Am grundsätzlichen Problem aber ändere sich wenig: Behinderte, die auf staatliche Hilfe angewiesen seien, müssten auch in Zukunft den Großteil ihres Einkommens abgeben:
"Und es ist sogar egal, wieviel man verdient, nach oben hin offen, man wird am Ende nie mehr als mit 1600 oder 1800 Euro rauskommen. Und das kann es ja wohl nicht sein."
Auch Ottmar Miles-Paul ist von den bisherigen Planungen enttäuscht. Er ist Sprecher eines Bündnisses von 40 Verbänden, die sich für echte Teilhabe von Behinderten einsetzen:
"Wir sind entsetzt, ich meine, es kann doch nicht sein, dass man Behinderte Menschen arm macht, und jetzt geht es offenbar nur darum, dass man sie ein bisschen weniger arm macht, und das ärgert uns unwahrscheinlich."
Künftig werden weniger Behinderte von staatlichen Leistungen profitieren, fürchten Betroffene. Denn im Arbeitsentwurf wurden die Zugangskriterien verschärft. Künftig müssen erhebliche Defizite in fünf Lebensbereichen nachgewiesen werden, um Unterstützung zu erhalten, sagt Christiane Möller vom Forum behinderter Juristen:
"Das ist eine so hohe Hürde, und es gibt kein Korrektiv, wie man da dran vorbeikommt, dass da ne ganze Menge Menschen rausfällt. Man kann 100 Prozent Schwerbehindert sein und kann trotzdem nicht leistungsberechtigt sein."
Mit diesem Gesetz wird ein Maßnahmenbündel umgesetzt, das die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen verbessern und gleichzeitig die Ausgabendynamik in der Eingliederungshilfe bremsen soll, heißt es in dem Arbeitsentwurf wörtlich. Eine Prämisse, die viele misstrauisch macht.
"Heute darf man nur 2600 Euro Vermögen haben, alles andere muss man einsetzen für die Eingliederungshilfe, die man vom Staat erhält. Künftig werden wir diesen Betrag deutlich herauf setzen auf einen mittleren fünfstelligen Betrag, sodass wir glauben, dass wir damit das Recht auf Sparen, eine große Forderung der Betroffenen, zu einem ganz wesentlichen Schritt verbessern können."
Vermögen bis 25.000 Euro sollen geschützt werden, die Freigrenze soll 2020 auf 50.000 Euro erhöht werden, heißt es. Ein Fortschritt, ja, räumt auch die Grünen-Politikerin Rüffer ein. Am grundsätzlichen Problem aber ändere sich wenig: Behinderte, die auf staatliche Hilfe angewiesen seien, müssten auch in Zukunft den Großteil ihres Einkommens abgeben:
"Und es ist sogar egal, wieviel man verdient, nach oben hin offen, man wird am Ende nie mehr als mit 1600 oder 1800 Euro rauskommen. Und das kann es ja wohl nicht sein."
Auch Ottmar Miles-Paul ist von den bisherigen Planungen enttäuscht. Er ist Sprecher eines Bündnisses von 40 Verbänden, die sich für echte Teilhabe von Behinderten einsetzen:
"Wir sind entsetzt, ich meine, es kann doch nicht sein, dass man Behinderte Menschen arm macht, und jetzt geht es offenbar nur darum, dass man sie ein bisschen weniger arm macht, und das ärgert uns unwahrscheinlich."
Künftig werden weniger Behinderte von staatlichen Leistungen profitieren, fürchten Betroffene. Denn im Arbeitsentwurf wurden die Zugangskriterien verschärft. Künftig müssen erhebliche Defizite in fünf Lebensbereichen nachgewiesen werden, um Unterstützung zu erhalten, sagt Christiane Möller vom Forum behinderter Juristen:
"Das ist eine so hohe Hürde, und es gibt kein Korrektiv, wie man da dran vorbeikommt, dass da ne ganze Menge Menschen rausfällt. Man kann 100 Prozent Schwerbehindert sein und kann trotzdem nicht leistungsberechtigt sein."
Mit diesem Gesetz wird ein Maßnahmenbündel umgesetzt, das die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen verbessern und gleichzeitig die Ausgabendynamik in der Eingliederungshilfe bremsen soll, heißt es in dem Arbeitsentwurf wörtlich. Eine Prämisse, die viele misstrauisch macht.
"Dominierend sind Kosteninteressen"
"Was man an dem Entwurf sieht: Dominierend sind eher die Kosteninteressen, und nicht die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Und das ist für mich natürlich das Ziel. Wir wollen echte Teilhabe schaffen und kein Gesetz für ein Sparpotential schaffen."
Sagt Verena Bentele, die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. Echte Teilhabe, so Bentele, würde bedeuten, dass Behinderte selbst entscheiden können, wie und wo sie leben können, in einer Behinderteneinrichtung oder allein in einer eigenen Wohnung. Ein Wunsch- und Wahlrecht, das so im Gesetz aber nicht formuliert sei, und von dem angesichts steigender Kosten bald nicht mehr viel übrig sein werde, fürchtet Ottmar Miles Paul vom Bündnis für ein besseres Teilhabegesetz.
"Wir befürchten das ja nicht nur, sondern erleben das ja schon jetzt, dass es viel schwieriger ist für Menschen aus Einrichtungen raus zu kommen, die Unterstützung in der eigenen Wohnung zu bekommen, und das kann in Zukunft noch viel schwerer werden, weil das Kostendiktat bei den Leistungserbringern sehr groß ist."
Mehr Teilhabe für Behinderte gibt es nicht zum Nulltarif, sagt Werner Hesse, Geschäftsführer des paritätischen Gesamtverbandes. Auch er zeigt sich ernüchtert von der Richtung, die das Teilhabegesetz genommen hat:
"Das einzige, was übriggeblieben ist von früheren Forderungen, ist die Tatsache, dass man für behinderte Menschen ein unabhängige Beratung installieren will, dass sie nicht nur vom Rat des Sozialamtes abhängig sind. Das scheint das einzige, was übrig geblieben ist."
Sagt Verena Bentele, die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. Echte Teilhabe, so Bentele, würde bedeuten, dass Behinderte selbst entscheiden können, wie und wo sie leben können, in einer Behinderteneinrichtung oder allein in einer eigenen Wohnung. Ein Wunsch- und Wahlrecht, das so im Gesetz aber nicht formuliert sei, und von dem angesichts steigender Kosten bald nicht mehr viel übrig sein werde, fürchtet Ottmar Miles Paul vom Bündnis für ein besseres Teilhabegesetz.
"Wir befürchten das ja nicht nur, sondern erleben das ja schon jetzt, dass es viel schwieriger ist für Menschen aus Einrichtungen raus zu kommen, die Unterstützung in der eigenen Wohnung zu bekommen, und das kann in Zukunft noch viel schwerer werden, weil das Kostendiktat bei den Leistungserbringern sehr groß ist."
Mehr Teilhabe für Behinderte gibt es nicht zum Nulltarif, sagt Werner Hesse, Geschäftsführer des paritätischen Gesamtverbandes. Auch er zeigt sich ernüchtert von der Richtung, die das Teilhabegesetz genommen hat:
"Das einzige, was übriggeblieben ist von früheren Forderungen, ist die Tatsache, dass man für behinderte Menschen ein unabhängige Beratung installieren will, dass sie nicht nur vom Rat des Sozialamtes abhängig sind. Das scheint das einzige, was übrig geblieben ist."