Menschenrechtler Steudtner in Türkei freigesprochen

Aufruf zur Unterstützung für die verurteilten türkischen Kollegen

07:56 Minuten
Der Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner schaut in die Ferne.
Sollte sich die Menschenrechtslage erheblich verbessern, könnte sich Peter Steudtner vorstellen, wieder in die Türkei zu reisen. © picture alliance / Michael Kappeler/dpa
Peter Steudtner im Gespräch mit Vladimir Balzer |
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Der Menschenrechtler Peter Steudtner ist in der Türkei freigesprochen worden, aber vier türkische Kollegen wurden verurteilt. Diese müssten nun durch Kampagnen unterstützt werden, sagt Steudtner. Er setzt auf öffentlichen Druck.
Vor mehr als anderthalb Jahren wurde der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner in der Türkei aus der Untersuchungshaft entlassen. Jetzt wurde er von Terrorvorwürfen freigesprochen. Aber vier türkische Kollegen wurden verurteilt, darunter der Ehrenvorsitzende der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in der Türkei, Taner Kilic. Das Gericht verhängte eine Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer Terrororganisation.
Ihm sei deshalb auch nicht zum Feiern zumute, sagt Steudtner. "Er sei immer noch sehr bestürzt über die Haftstrafen für vier seiner Kolleginnen und Kollegen in der Türkei. Es gehe jetzt darum, eine Kampagne zu starten, um in einem Revisionsverfahren die Haftstrafen für die vier Kollegen zu verhindern. Dazu brauche es vor allen Dingen öffentlichen Druck, betont der 49-Jährige: von der Bundesregierung, von Menschenrechtsorganisation, von der Zivilgesellschaft in der Türkei. So könnte es auch in diesen Fällen noch Freisprüche geben, vermutet Steudtner - auch wenn die Angeklagten keinen deutschen Pass besäßen, denn: "Die Menschenrechte sind universell".

Die Prozesse sind politisch motiviert

Für ihn sei klar, dass die Vorwürfe völlig aus der Luft gegriffen seien. "Schon das Abschlusspapier der Staatsanwaltschaft machte deutlich, wie stark politisch motiviert der Prozess ist." So sei Kilic die Mitgliedschaft in einer bewaffneten terroristischen Organisation vorgeworfen worden. Als Beweis habe eine auf dessen Handy installierte Messenger-App gedient. "Es gibt mehrere unabhängige Gutachten und sogar ein Polizei-Gutachten, die dem widersprechen", betont Steudtner. "Die App hat es auf seinem Handy nie gegeben.
Eine solche Beweisführung widerspreche jeglichem rechtsstaatlichen System. Notfalls müsse der Europäische Menschenrechtsgerichtshof Klarheit schaffen. Dass sich die türkische Justiz von öffentlichen Druck beeindrucken lasse, habe das Verfahren gegen den türkischen Unternehmer und Mäzen Osman Kavala gezeigt, meint Steudtner: "Es war deutlich, dass es zumindest ein Anschein von Rechtsstaatlichkeit haben sollte."

Legaler und kreativer Protest

Dass die Gerichte politisch dominiert seien, führe zu verschiedenen Reaktionen, schildert der Menschenrechtler: "Es gibt Leute, die sich zurückziehen, gibt Journalisten, die sich zurückziehen." Auf der anderen Seite gebe es einen stärkeren Zusammenhalt. Und hier könne durch internationale Solidarität ein Zeichen gesetzt werden. Dabei seien legale und kreative Protestformen der beste Weg. So seien für Kavala Drachen gebastelt worden, die unweit des Gefängnisses in die Luft gelassen worden seien: "Eine komplette legale Aktion, aber trotzdem ein ganz starkes Zeichen."
Sollte sich die Menschenrechtslage erheblich verbessern, könnte sich Steudtner vorstellen, wieder in die Türkei zu reisen: "Mir liegt es wirklich am Herzen, möglichst bald meine Anwältin, aber auch die Freunde aus der Zivilgesellschaft wiederzutreffen." Eine schnelle Veränderung der Lage in der Türkei sei nicht unvorstellbar.
(beb)
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