Menschenrechtslage in Burundi

Angst in Bujumbura

Marktszene in Bujumbura, der Hauptstadt von Burundi
Die Ruhe trügt - in Bujumbura herrschen Angst und Gewalt © Jesko Johannsen
Von Jesko Johannsen |
Burundi steht am Rand eines Bürgerkriegs. Präsident Nkurunziza ist Hutu und hat sich gerade im Amt bestätigen lassen - gegen die Vorgaben der Verfassung. Seitdem herrschen in der Hauptstadt Bujumbura Proteste und Angst.
Nachts fallen Schüsse im Zentrum von Bujumbura. Granaten explodieren. Menschen sterben. Am Tag ist davon wenig zu spüren. Es herrscht ein fast normaler Alltag. Während sich der Verkehr staut, Straßenhändler ihre Waren anbieten und die Menschen einkaufen, will hier niemand über die Krise sprechen. Die Sorge ist groß, für das Gesagte später verfolgt zu werden.
Das ändert sich im Norden der Stadt. Hier liegt Mutakura. Eine Hochburg der Regierungsgegner. Die Anwohner reden offen über ihre Situation, wenn auch lieber anonym. "Hier in Mutakura ist es nicht sicher. Es ist sehr ruhig. Die Läden sind geschlossen, viele Leute haben den Stadtteil verlassen. "Wir hoffen auf Frieden und Sicherheit," sagt ein Mann und ein anderer fügt hinzu: "Nicht alle wollen einen Dialog und Frieden. Viele suchen auch einen Grund zu kämpfen." In einer Nebenstraße versammeln sich die Menschen und diskutieren über die Situation. Eine Frau sagt: "Die Regierung wird ausgetauscht werden. Wir sind nur kleine Leute, aber das werden wir erreichen"

Der Präsident igelt sich ein

Mutakura ist von Sicherheitskräften abgeriegelt. Alle 30 Meter stehen an der Hauptstraße Polizisten. Vor einem halben Jahr fanden hier fast täglich gewaltsame Demonstrationen gegen Präsident Nkurunziza statt. Damals plante der Machthaber für eine dritte und damit verfassungswidrige Amtszeit anzutreten. Mittlerweile ist Nkurunziza in einer sehr umstrittenen Wahl bestätigt worden und geht laut seines Sprechers Willy Nyamitwe seinen Alltagsgeschäften nach. "Er kommt jeden Morgen um 6:30 Uhr in sein Büro und bleibt bis 15:00 Uhr." Es gibt Gerüchte, Nkurunziza leide unter Ängsten. Doch auch das weist sein Sprecher zurück: "Leute, die unser Land nicht kennen, denken, der Präsident sei unter Druck. Aber er ist wie ich: Er lacht, er trifft Leute, organisiert Besprechungen. Er hat keine Angst."
Aber Taxifahrer Charles hat Angst. Seinen wahren Namen will er nicht sagen. Denn er erlebt immer wieder gezielte Tötungen von Oppositionsanhängern. Sein Bruder wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er an Demonstrationen teilgenommen haben soll. "Die Polizei kommt und nimmt die Menschen fest, die gar nichts gemacht haben. Das macht eine bestimmte Gruppe bei der Polizei und steckt sie ins Gefängnis. Dadurch vertraut die Bevölkerung der Polizei nicht mehr. Und das ist die Ursache für den Konflikt."
Von Gewalt traumatisierte Kinder verarbeiten ihre Erfahrungen in Bildern.
Von Gewalt traumatisierte Kinder verarbeiten ihre Erfahrungen in Bildern.© Jesko Johannsen
Es gab 6000 Festnahmen, Menschenrechtsorganisationen wurden verboten. Burundis Regierung sagt hingegen, es drohe kein Bürgerkrieg und niemand werde verfolgt, sagt Sprecher Nyamitwe: "Es gibt lediglich Leute, die nachts rumschießen. Menschen, die sich wie Terroristen benehmen. Sie töten unschuldige Menschen und werfen ihre Körper auf die Straßen. Es gibt aber keine Kämpfe, weil wir keine zwei gegnerische Seiten haben."

"Burundi steht auf der Kippe"

Das sieht Menschenrechtsaktivist Denis Ndayishemeza anders. Auch seine Organisation wurde verboten weil sie zu Protesten aufrief - schweigen tut er jedoch nicht. "Wir werden weiterhin sagen, dass wir gegen die dritte Amtszeit von Präsident Nkurunziza sind." Er ist der Meinung, dass die dritte Amtszeit illegal und die Präsidentschaft somit nicht legitimiert ist. Und er stimmt den internationalen Beobachtern zu: Nur ein Dialog kann Burundi aus der Krise helfen. "Wir sind quasi im Krieg. Wenn wir den Dialog nicht heute starten, ist es morgen vielleicht schon zu spät. Burundi steht auf der Kippe." Besonders auf dem Land spüre er die Angst der Menschen.
Derzeit gibt es jedoch keinen erfolgsversprechenden Ansatz für eine internationale Vermittlung. Burundis Regierung möchte lieber einen internen Dialog. Exilierte Politiker und verbotene Organisationen sind davon ausgeschlossen.
Besonders hart ist die Situation für die mehr als 2000 Straßenkinder in Bujumbura. Sie sind der nächtlichen Gewalt schutzlos ausgesetzt, wie dieses neunjährige Mädchen: "Nachts hören wir die Schüsse. Dann rennen wir weg. Beim ersten Mal habe ich mich in einer Toilette versteckt." Doch sie ist auch in den Folgenächten Zeugin von Gewalt geworden: "Beim zweiten Mal sind wir in die Innenstadt gerannt. Dort habe ich mich bei einem privaten Wachmann versteckt und bin bis zum Morgen bei ihm geblieben."
Das Kinderhilfswerk Unicef unterstützt 28 Zentren als Anlaufstelle für die Straßenkinder. Viele von ihnen verarbeiten ihre Erlebnisse, indem sie malen. Erschreckend genau zeichnen die traumatisierten Kinder Männer in Uniformen, die auf andere Menschen schießen oder mit Messern angreifen. Die Opfer liegen tot am Boden und bluten.
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