Die Killer in der Küche
Fast die Hälfte der Weltbevölkerung hat Ruß und Qualm in der Wohnung. Schuld ist das Kochen und Heizen mit Holz, Holzkohle, Ernteabfällen, Kerosin, Dung oder Plastikmüll. Das schadet Klima, Umwelt und Gesundheit. Ab Ende 2018 soll die Sonne helfen.
Abseits der kenianischen Hauptstadt im Dorf Morageti. Anna Ingwe erzählt, wie es früher war, bei ihren Eltern in einer ähnlichen Lehmhütte.
"Am frühen Abend bin ich von der Schule gekommen und habe meine Hausaufgaben angefangen. Meine Mutter hat dann eine Kerosinlampe auf den Tisch gestellt. Und ich weiß noch: Wenn ich eine Weile gelesen hatte, bekam ich Kopfschmerzen; ich hatte dicke schwarze Pfropfen in der Nase. Und im ganzen Raum stank es fürchterlich. Wenn du jahrelang so aufwächst, denkst du: Das ist normal. Die Auswirkungen auf deine Gesundheit kommen dir gar nicht in den Sinn."
Das Dorf Kulluba im südindischen Bundesstaat Andhrar Pradesh. Zwei Mädchen schrubben Blechtöpfe – mit Asche und Wasser. Insgesamt 50 Familien der Adivasi, Ureinwohner Indiens, wohnen hier in niedrigen Lehm- und Beton-Hütten.
"30 Jahre lang bin ich morgens sehr früh aufgestanden, um Feuer zu machen fürs Frühstück. Das Brennholz war oft feucht; und die ganze Hütte stand voller Rauch – so dass die Kinder schon gehustet haben, bevor sie aufgewacht sind. Vormittags, wenn die Kinder in der Schule waren, haben wir Frauen im Wald dort drüben Holz gesammelt. Die schweren Bündel haben wir auf dem Kopf getragen."
Vejandla Ram ist eine schmächtige Frau – sie wirkt, als ob sie viel Kummer zu ertragen hatte in den letzten Jahrzehnten, in ihrem mühseligen Alltag, von dem sie erzählt: Das tägliche Brennholzschleppen und Kochen in Ruß und Qualm.
"Jetzt bin ich 50 und kann kein Holz mehr schleppen. Den ganzen Tag tun mir die Beine und der Rücken weh; manchmal kriege ich auch kaum noch Luft. Das Holz für mich muss jetzt meine jüngste Tochter holen."
Drei Milliarden Menschen mit Ruß und Qualm in der Wohnung
Das Leben der Familien von Vejandla Ram aus Südindien und Anna Ingwe aus Kenia gleicht, in mancher Hinsicht fast der halben Weltbevölkerung: Schätzungen gehen von drei Milliarden Menschen aus, die tagtäglich Ruß und Qualm in ihrer Wohnung haben. Sie alle kochen und heizen mit Holz, Holzkohle, Ernteabfällen, Kerosin, Dung oder auch Plastikmüll. Dieses Kochen am offenen Feuer ist eines der größten Probleme der Erde. Für das Klima, für die Umwelt und natürlich für die Gesundheit.
Menschen, die Tag für Tag den Rauch von Kerosin- und Holzfeuern einatmen, bekommen besonders häufig Schlaganfälle, den zur Erblindung führenden Grauen Star, Lungenkrebs und Krebs der oberen Atemwege. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass häusliche Abgase weltweit jährlich 3,5 Millionen Menschen töten. Betroffen sind vorwiegend arme Frauen und deren Kinder. Das zeigt auch eine weitere Statistik: Mehr Kinder sterben an durch Rauch verursachter Lungenentzündung als an Malaria, Durchfallerkrankungen und Masern zusammen. So erklärt es Arvind Kumar – einer der angesehensten Lungenfachärzte Indiens in Neu-Delhi.
"Kleinkinder haben sehr enge Luftröhren. Und wenn ein Kleinkind große Mengen Rauch inhaliert, entzündet sich die Luftröhre. Ihr Radius wird etwas kleiner; somit kommt es sehr schnell zu Atemnot. Das wiederum begünstigt sekundäre Infektionen – mit der Folge dauerhafter Schäden an den oberen Atemorganen. Zusätzlich wird die Entwicklung der Lunge beeinträchtigt – und in der Folge, wegen Sauerstoffmangels, die Entwicklung des Gehirns. Die betroffenen Kleinkinder können schwere Hirnschäden erleiden, außerdem verschiedenste Wachstumsdefizite."
Neben der Gesundheit schadet das Kochen mit Holz und Holzkohle auch den Wäldern in vielen Entwicklungsländern. Sie werden abgeholzt; und kaum jemand forstet wieder auf. Zudem ist das private Verbrennen von Holz die weltweit größte Quelle von Ruß-Emissionen. Und Rußpartikel in der Luft absorbieren Sonnenlicht. Dabei heizen sie sich und die Atmosphäre auf. Rußpartikel sind somit, nach Kohlendioxid-Emissionen, die wichtigste Triebkraft für den Klimawandel.
Mega-Kongress in Indien für saubere Luft
Was lässt sich tun gegen das Problem der häuslichen Abgase? Um darüber zu diskutieren, haben sich hunderte Experten aus aller Welt in Indiens größtem Kongresszentrum versammelt. Geladen hat die "Globale Allianz für saubere Kochherde". Eine Organisation – gegründet von den Vereinten Nationen – die Regierungen, Unternehmen, Stiftungen und Hilfsorganisationen zusammen bringt. Sie will Bewusstsein schaffen und Geld mobilisieren – für umwelt-, klima- und vor allem gesundheitsfreundliches Kochen. Radha Muthiah aus Malaysia leitet die "Globale Allianz für saubere Kochherde". Eine hellwach wirkende Ökonomin, die engagiert wissenschaftliche Argumente aufzählt, um ihr Anliegen zu untermauern.
"Wir sind hier in Indien – und hier wurde eine Studie gerade veröffentlicht: Die hat für 600 Distrikte untersucht, wie hoch genau die Luftbelastung dort ist und was die Belastung verursacht hat. Festgestellt wurde, dass 30 Prozent der Luftverschmutzung in Indien durch häusliche Abgase verursacht wird. Auf der Basis dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse können wir jetzt noch nachdrücklicher fordern, dass das Problem entschlossen bekämpft wird."
"Laya" liefert in Südindien bessere Holzherde
Die beste Waffe in diesem Kampf sind verbesserte Kochstellen. Vejandla Ram aus dem südindischen Dorf Kulluba hat so eine bekommen. Die 50-Jährige lächelt, als sie in ihrer verrußten Wohnküche vor dem neuen Herd steht. Gebaut hat ihn Lova Raju, ein Techniker der lokalen Nichtregierungsorganisation "Laya". Diese hätten schon 6000 verbesserte Holzherde installiert in der Region, erklärt Raju stolz, finanziert vom deutschen katholischen Hilfswerk Misereor. Das Besondere an der Konstruktion ist eine optimierte Belüftung des Feuers und ein optimierter Rauchabzug.
"Hier ist die erste Kochstelle und hier ist die zweite bei dem Herd. Durch diesen Kanal strömt Hitze von der einen zur anderen. Und der Rauch, der steigt in den Schornstein auf. Das funktioniert, weil eine seitliche Öffnung in der Brennkammer optimale Belüftung des Feuers garantiert. Durch die Öffnung wird dem Feuer auch genau dosiert Brennholz zugeführt. Und ist der Schornstein verrußt, wird er von oben gefegt und die Asche fällt in dieses Gefäß. Das nimmt die Hausfrau dann – fügt Dung hinzu - und kann mit dem Gemisch den Boden der Hütte reinigen."
Und die Abgase? Ein Teil wird schon durch das sehr heiße Feuer des verbesserten Holzherdes verbrannt und der Rest soll im Schornstein landen, sagt der Techniker. Und es gibt noch einen Vorteil: Eine Studie der Universität von Colorado hat festgestellt: Frauen, die die neuen Herde der Organisation "Laya" nutzen, brauchen deutlich weniger Zeit zum Kochen als früher. Weil die verbesserten Holzherde 30 Prozent Energie sparen, müssen die Frauen auch weniger Holz sammeln.
In Kenia heizen immer mehr mit "Jiko Kisasa"
Neue Herde gibt es auch im kenianischen Dorf Morageti. Gebaut hat sie die hier lebende Herdbauerin LydiaWangui – im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, GIZ. Lydia trägt einen vorgefertigten Herd in die verrußte Küche der Bäuerin Mary Njambe. Der Herd hat nur eine Kochfläche, funktioniert aber wie die neuen Herde in Indien: Gute Luftzufuhr von der Seite, eine geschlossene Brennkammer und Rauchabfuhr durch den im Haus eingebauten Schornstein, der durch den alten Herd immer verstopft war. Lydia Wangui – eine imposante Frau mit grellgrünem Hut auf dem Kopf – streichelt den glatten Ton und lächelt.
"Es ist sehr wichtig, dass das Feuer ordentlich Luft bekommt und der Schornstein ordentlich zieht. Außerdem dürfen die Frauen nur trockenes Holz verbrennen. Dann haben sie wirklich eine rauchfreie Hütte; und das Essen ist auf dem prasselnden Feuer viel schneller fertig als früher. Meine Kundinnen auf jeden Fall sind happy. Die husten und schniefen heute viel weniger als früher; und sie brauchen viel weniger Zeit zum Kochen."
Das Programm der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit hat in mehreren Ländern Afrikas bereits Millionen dieser Exemplare installiert. Die Keramikherde tragen den Namen "Jiko Kisasa". Und ihre Nutzer klagen wie die indischen Besitzer der neuen Holzherde über weit weniger Atemwegs- und Augenbeschwerden als früher.
Neue Herde ohne positiven Effekt für Gesundheit?
Auf dem Fachkongress in Delhi runzeln die Experten trotzdem die Stirn. Umweltmediziner Thomas Clasen von der Emory Colorado-Universität zum Beispiel, verweist auf die neue Studie eines Kollegen.
"Kevin Mortimer versorgte einige hundert Haushalte im ländlichen Malawi mit verbesserten Brennholz-Herden und hat dann geprüft, ob die Kleinkinder dieser Haushalte weniger oft Lungenentzündung bekamen. Das war leider nicht der Fall. Auch eine Studie in Nordindien dokumentiert zwar eine Verminderung der Abgasbelastung im Haus, aber keine signifikanten Auswirkungen auf die Gesundheit der Bewohner."
Das Fazit dieser und weiterer Studien: Die Millionen seit Jahrzehnten installierter, verbesserter Holz- und Holzkohleherde entlasten zwar Umwelt und Klima, sie verbessern das Lebensgefühl der Nutzer, deren Gesundheit aber verbessern sie wohl kaum. Weil die Rauchbelastung wahrscheinlich immer noch zu hoch sei, vermutet der indische Lungenfacharzt Professor Arvind Kumar.
"Es bedarf einer gewissen Belastung mit Rauch, um die Lunge eines Menschen zu schädigen. Vervielfachen Sie diese Belastung, wächst das Risiko einer Lungenschädigung nur noch in weit geringerem Maße. Verringern Sie, umgekehrt, eine hohe Rauchbelastung auf ein relativ niedriges, aber immer noch lungenschädliches Niveau – dann haben Sie in der Tat oft keinen therapeutischen Effekt. Der tritt erst ein, wenn die Belastung unter das überhaupt lungenschädliche Niveau sinkt."
Flüssiggas als Alternative beim Kochen in Indien?
Was bleibt also, wenn auch die verbesserten Holz- und Holzkohleherde nicht die Lösung sind? Einige Länder testen andere Energielieferanten: Indien zum Beispiel fördert seit Jahren die Nutzung von Biogas. Aber nur wenige Inder sind bereit, Kuhdung anzufassen. Und die Anfangsinvestitionen in eine Biogasanlage sind hoch. Ein anderer Energielieferant könnte Strom sein: Die meisten Dörfer Indiens haben inzwischen einen Anschluss, aber Strom wird in Indien zu 70 Prozent aus Kohle erzeugt und ist verhältnismäßig teuer. Keine Lösung für die Dorfbewohner und das Klima. Mit beachtlichem Erfolg propagiert Indiens Regierung neuerdings das Kochen mit aus Erdöl gewonnenem Flüssiggas. Das Gas brennt relativ sauber und stößt wenig Kohlendioxid aus.
In aggressiven Werbespots preisen Indiens Ölkonzerne und die Regierung das Gas als Lösung aller Kochprobleme an; allein 2016 und 2017 verteilten sie, stark subventioniert, 30 Millionen Herde mit Gasflaschenanschluss. Dabei geht es vor allem um die Landbevölkerung. In den Städten nutzen schon 95 Prozent Flüssiggas. Aber die Menschen auf dem Land sind skeptisch. Viele sagen, was nicht auf dem traditionellen Herd, dem "Chulha", gekocht sei, schmecke nicht. Das offene Feuer ist für sie zudem – Rauch hin, Rauch her – ein Ort des Beisammenseins. So kommen auch Fragen der Kultur eines Landes auf, die Radha Muthiah von der "Globalen Allianz für saubere Kochherde" ebenso einbeziehen muss.
"Jeder Kunde ist verwurzelt in seiner Kultur, die wir verstehen müssen, um ihm einen Herd zu verkaufen: Wie kocht dieser Mensch – und was? Kocht er im Winter anders als im Sommer? Wie kocht er für Gäste und bei besonderen Anlässen? Um Herde zu verkaufen in traditionell lebenden Gesellschaften, müssen wir insbesondere die Rolle der Frau verstehen: Was erwartet die Familie von ihr? Muss sie regelmäßig bestimmte Gerichte zubereiten – nach detailliert festgelegten Regeln? Was sagen die Schwiegermutter und der Mann, wenn ein Gericht plötzlich anders schmeckt, weil es mit einem anderen Brennstoff gekocht wurde? Erst wenn wir die Kultur der Menschen im Kern verstanden haben, können wir ihnen erklären, warum sie und ihre Familien umsteigen sollten von traditionellen Kochtechniken auf sauberere und effizientere Herde und Brennstoffe."
Eine oft mühsame und langwierige Aufgabe, für die sich viele Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit nicht die Zeit nehmen und deshalb scheitern.
Neue Herde bringen in Kenia Geld über Emmissionsrechte
Ganz anders die südindische NGO "Laya", erklärt in Kulluba der junge Mitarbeiter Siddharth D’Souza. Über Jahre habe man sich mit anderen Projekten Vertrauen unter den Adivasi, den indischen Ureinwohnern, erarbeitet. Und:
"Unsere verbesserten Herde unterscheiden sich nur geringfügig von den Herden, die die Adivasi traditionell benutzen. Wir haben nur den Luftdurchlauf verbessert, durch die Öffnung unten neben der Brennkammer und durch den Schornstein. So kochen die Leute effizienter; sie belasten ihre Gesundheit weniger; und die Chancen wachsen, dass sie die neuen Herde dauerhaft akzeptieren."
Gerade 100 Rupien zahlen die Adivasi für einen Herd; die tatsächlichen Kosten liegen bei 800. "Laya" subventioniert die Herde. Mitarbeiter Siddharth D’Souza erklärt das mit dem Wunsch die Gesundheit der relativ armen Ureinwohner zu schützen und dem Klimawandel entgegenzuwirken. Das sind auch die Ziele des deutschen Partners Misereor, der die Subventionen erst möglich macht.
"Im konkreten Fall hat Misereor ‚Laya‘ ein Darlehen gewährt – mit dem Zweck, eine bestimmte Anzahl verbesserter Herde zu installieren. Jeder dieser Herde verringert die Kohlendioxidemission des Haushalts, um 1,3 bis 1,5 Tonnen jährlich. Sind die Herde nun mindestens drei Jahre in Betrieb, kommen unabhängige Prüfer und stellen uns eine Bescheinigung aus: ‚Durch diese 6000 verbesserten Herde wurden drei Jahre lang so viele Tonnen an Kohlendioxid-Emissionen vermieden.‘ Eine solche Bescheinigung verkörpert wiederum Emissionsrechte, die uns Geld bringen und mit denen wir unser Darlehen an Misereor zurückzahlen."
Kanadier baut billige "Raketenherde" in Kenia
"Burn Manufacturing" – so heißt eine Fabrik für Kochherde im kenianischen Nairobi. Hier bedienen Frauen und Männer in blauen Kitteln Dreh-, Fräs- und Biegemaschinen. Ihr Chef heißt Peter Scott, ein Kanadier, der den Herdproduzenten gegründet hat und die Ziele von "Laya" und ähnlichen Initiativen in Afrika teilt. Von etwas verbesserten Herden in indischen oder afrikanischen Dörfern jedoch hält Scott ebenso wenig wie von Subventionen. Peter Scott baut in Kenia mit 250 Mitarbeitern "Raketenherde". Sie sehen aus wie ein großes "L". Unten werden Holzkohle oder Brennholz eingeführt und im isolierten Brennraum wird eine derart hohe Temperatur erreicht, dass fast alle Abgase verbrennen.
Seine Herde sparten doppelt so viel Energie ein wie die neuen Herde der Adivasi in Indien, sagt Scott. Und er verkaufe sie erfolgreich für 40 US-Dollar das Stück – ohne jede Subvention.
"Familien im Afrika südlich der Sahara zahlen zehn bis 75 US-Dollar monatlich für Holzkohle. Wir geben den Leuten einen Herd, mit dem sie 60 Prozent dieser Kosten sparen. Dieser Herd bezahlt sich selbst – innerhalb von höchstens sechs Monaten. Und dass sie sparen, merken die Leute schnell. Deshalb haben wir bis heute 350.000 Herde verkauft."
Neben smarten Kaufleuten wie Peter Scott und sozial engagierten Hilfsorganisationen gibt es schließlich noch Visionäre im weltweiten Kampf für saubere Kochenergie.
Erschwingliches Kochen mit Photovoltaik-Zellen Ende 2018?
Zu ihnen zählt Simon Batchelor, ein britischer Photovoltaik-Experte. Auf dem Kongress der "Globalen Allianz für saubere Kochherde" berichtet Batchelor, dass das Kochen mit Strom aus Photovoltaik-Zellen inzwischen auch in Entwicklungsländern erschwinglich sei. Es gebe hocheffiziente Induktionskocher; und laut Umfragen würde jeder Dritte, der heute mit Holz und Holzkohle kocht, auf Solarstrom umsteigen, wenn ihn das nicht mehr als zehn US-Dollar im Monat kosten würde.
"2013 war die Antwort noch: ‚Nein, zur Zeit ist das nicht möglich für zehn Dollar im Monat, vielleicht aber 2020.‘ Tatsächlich wird es schon Ende 2018 möglich sein – weil der einsetzende Elektroauto-Boom zu einem drastischen Preisverfall bei Akkus geführt hat. Und die Akku-Kapazität eines Solarsystems ist entscheidend für dessen Leistung: Der Akku soll tagsüber möglichst viel Strom speichern, damit du kochen kannst, wann immer du willst."
Das würde bedeuten, dass einzelne Häuser oder ganze Siedlungen und Dörfer mit eigenen Netzen ausgestattet werden: Mit Photovoltaik-Zellen, die Strom produzieren und Akku-Anlagen, die Strom speichern und abgeben. In den armen, aber sonnenreichen Regionen der Welt sei das der Weg schlechthin zu nachhaltigem und sauberem Kochen, meint Simon Batchelor. Sogar schon in naher Zukunft.
"Wir sehen einem so genannten tipping point 2019/2020 entgegen – einem entscheidenden Zeitpunkt wie der, der die Handy-Revolution auslöste. Plötzlich wird es weltweit sehr viele von Solarenergie gespeiste Mininetze geben. Und wir sollten die kommenden Jahre nutzen, effiziente Geräte zu entwickeln für die Nutzer."
Nicht alle Experten teilen den Optimismus Simon Batchelors. Immer mehr Familien in den Dörfern der Entwicklungsländer werden verbesserte Holz- und Holzkohleherde erhalten, glauben die meisten Fachleute. Für mehr fehlt es vorläufig an Geld und Logistik – außer in den Städten, wo sich, auch in Afrika, zusehends das Kochen mit Flüssiggas durchsetzt. Das Ziel weltweit rauchfreien Kochens bleibt in weiter Ferne, wenngleich es allmählich näher rückt.