"Bilderverbote lösen überhaupt nichts"
Es war ein Eklat auf der Whitney Biennale in New York: Dana Schutz hatte den Kopf eines von Weißen ermordeten Schwarzen gemalt. Daraufhin wurde der US-Künstlerin vorgeworfen, sie habe nur reinen Kommerz im Sinn gehabt. Kunstkritiker Carsten Probst verteidigt Schutz.
Besucher blockierten den Zugang zu dem Bild, manche forderten dessen Entfernung, andere gar dessen Vernichtung. Dana Schutz hatte in den Augen ihrer - vor allem schwarzen - Kritiker ein Sakrileg begangen: als nicht-schwarze Künstlerin das schwarze Opfer weißer Gewalt zu malen. Fotos des 1955 ermordeten Teenagers Emmett Till sind in den USA bekannt, sie befeuerten die Bürgerrechtsbewegung in den 60er-Jahren. Carsten Probst findet:
"Bilderverbote, vor allem gerade mit moralischer Absicht (...), lösen natürlich überhaupt nichts. In gewisser Weise, finde ich, spiegeln sie nur diesen subtilen Totalitarismus, der ja eigentlich der Gegenseite vorgworfen wird. Das Problem, um das es geht, wir dadurch auch meines Erachtens eher vermieden. Denn wie kann heute (…) überhaupt so eine Ästhetik des Widerstands (…) in der Kunst aussehen, wo ja immer davon die Rede ist, dass die Gegenwartskunst so beliebig sei?"
Effekthascherei oder politische Botschaft?
Probst weist auch auf eine gegenteilige Entwicklung hin: dass sich Kunst als politisch aufgeklärt gebe, aber eine politische Botschaft oft durch "konzeptuelle Verschlüsselungen" fast nur noch "im Rätselhaften zu erahnen" sei: "Da kommt mir häufig auch der Verdacht: haben Künstler oft Angst, ganz klar Stellung zu beziehen, weil sie Konsequenzen auf dem Kuntsmarkt befürchten?" Zum Thema Flüchtlingskrise und Sterben auf dem Mittelmeer habe es bisher jedenfalls noch keinen "Faustschlag" gegeben. Wenn es um das Leid anderer Menschen in der Kunst gehe, müsse man sich immer diese Frage stellen, sagt Probst: "Ist das Bild darauf aus, nur effekthascherisch zu sein oder geht es dem Künstler um die Sache?"