Tonia Mastrobuoni wurde 1971 geboren und ist eine deutsch-italienische Journalistin. Sie ist Deutschland-Korrespondentin der italienischen Tageszeitung "La Repubblica". Vorher war sie für "Il Riformista" sowie diverse Presseagenturen wie Reuters und TmNews sowie den WDR tätig.
Keine Angst vor Putins "Testosteron-Leadership"
06:36 Minuten
Angela Merkel geht. Was kommt dann - vor allem in der Russlandpolitik? Insbesondere dort habe die Bundeskanzlerin immer einen guten Instinkt bewiesen, sagt die Journalistin Tonia Mastrobuoni. Sie habe sich nie von Wladimir Putins Machismus beeindrucken lassen.
Manche mögen es noch verdrängen, aber: Die Ära Merkel geht Ende September nach der Bundestagswahl zu Ende. Selbst wenn es, wie beim letzten Mal, sehr lange dauern sollte, bis eine neue Koalition steht, sind die Tage der CDU-Kanzlerin dennoch gezählt. Das hat sie selbst immer wieder bekräfigt.
Während ihrer Regierungszeit wurde Angela Merkel zu einer wichtigen Größe in internationalen Verhandlungen, vor allem auch, wenn es um Russland geht. Wie groß ist die Lücke, die ihr Scheiden aus dem Amt hinterlässt?
Putins Vorgarten
Auf jeden Fall werde Merkel fehlen, vor allem in der Russlandpolitik, findet die Journalistin Tonia Mastrobuoni, die für die italienische Zeitung "La Repubblica" aus Berlin berichtet. Die deutsche Regierungschefin habe stets einen guten Instinkt bewiesen.
"Wir sprechen jetzt wieder leichtfertig davon, für die Ukraine die Nato zu erweitern. Es war Angela Merkel, die 2008 – zum Glück! – ganz klar 'Nein' sagte, als George W. Bush damals dasselbe vorschlug: Georgien und die Ukraine in die Nato miteinzuschließen." Denn diese beiden Länder seien "Putins Vorgarten".
Das sei 2014 erneut deutlich geworden, als es darum ging, ob die Ukraine perspektivisch Mitglied der EU werden könne. "Wir müssen sehr stark aufpassen, wohin wir mit unserer Europäisierung und Atlantisierung gehen", warnt Mastrobuoni.
Genau das habe Merkel erkannt. "Sie war immer sehr klug mit Putin." Der russische Präsident wiederum versuchte immer wieder die Kanzlerin aus der Reserve zu locken. Mastrobuoni erinnert an jenes Treffen in Sotschi, 2007, als Putin provokativ seinen großen Hund mit zum Gespräch mit Merkel nahm – obwohl bekannt war, dass Merkel seit einem Biss Angst vor Hunden hat.
Sie lässt sich nicht beeindrucken
"Doch sie ließ sich davon nicht beirren. Sie hat sich niemals von diesem Machismus, von Putins Testosteron-Leadership, aber auch nicht von Erdogan oder von Berlusconi besonders beeindrucken lassen", lobt die Journalistin.
Die Rolle als Vermittler zwischen dem Westen und der russischen Regierung, die Deutschland über viele Jahre erfüllt habe, sei immer schwieriger und Russland zunehmend aggressiver geworden.
Möglicherweise würde nicht einmal Gerhard Schröder Putin heute noch als "lupenreinen Demokraten" bezeichen, vermutet Mastrobuoni. Darum ihr Rat für die nächste Bundesregierung: "Es ist schwieriger, mit ihm umzugehen als noch vor zehn oder 15 Jahren. Wir sollten es unterlassen, ihn erneut mit Vorstößen zum Thema Nato und EU herauszufordern." (mkn)