Zukunft der CDU

Wie Friedrich Merz Kanzlerkandidat werden kann

10:19 Minuten
Der neue CDU-Vorsitzende Friedrich Merz
Die Delegierten des CDU-Parteitags wählten Friedrich Merz mit fast 95 Prozent zum neuen Parteivorsitzenden. Albrecht von Lucke sieht in ihm einen gewandelten Politiker. © dpa / picture alliance / Hannibal Hanschke
Albrecht von Lucke im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 24.01.2022
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Friedrich Merz ist unangefochten die Nummer eins in der CDU. Doch hat er auch Chancen, 2025 Kanzler zu werden? Der Publizist Albrecht von Lucke billigt Merz Lern- und Teamfähigkeit zu. Und er sieht noch ein Plus: die Schwäche von Olaf Scholz.
Fast 95 Prozent Zuspruch von den Delegierten auf dem CDU-Parteitag: "Fulminant" sei dieses Ergebnis für den neuen Vorsitzenden Friedrich Merz gewesen, sagt Albrecht von Lucke. Der Redakteur bei den "Blättern für deutsche und internationale Politik" erkennt darin eine riesige "Sehnsucht nach Aufbruch, nach echter Erneuerung" in der Union. Nur: Kann das wirklich mit Merz gelingen?

Der größte Gegner von Merz war Merz

Dessen Stehvermögen nach zwei gescheiterten Versuchen müsse man jedenfalls bewundern, sagt von Lucke: "Er nimmt eine am Boden liegende, schwache Partei, aber mit dem absoluten Willen zum Aufbruch, und das macht ihn ungemein stark." Er habe sich aber auch selbst "sehr verändert", wie der Publizist betont: "Der größte Gegner von Friedrich Merz war immer Friedrich Merz selbst, in seiner ganzen Egozentrik, in seiner ganzen Arroganz, in seiner ganzen auch neoliberalen Eindimensionalität."
Der neue CDU-Chef habe aber begriffen, wie er sich selbst im Wege stehe – und er habe sich inhaltlich breit aufgestellt. Zudem habe er sich ein junges Team gesucht und Menschen, die ihn in den Themen ergänzen. Wenn es Merz gelinge, "plötzlich Teamplayer" zu werden, könne ihm "viel gelingen", so von Lucke. Auch die Kanzlerkandidatur 2025.

Fehlende Führungsfähigkeit von Olaf Scholz

Auf dem Weg dahin sieht der Publizist einige Voraussetzungen: zum Beispiel, dass die CDU die anstehenden Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gewinnt. Doch Merz dürfte auch vonseiten der Ampel etwas in die Hände spielen: " Die eigentliche Stärke von Friedrich Merz wird die Schwäche dieser Regierung sein." Diese stecke bereits jetzt "tief im Morast" der Corona- und der Ukrainekrise, dazu komme die Klimakrise.
Die "ganz große Chance" für Merz sei das "Versagen von Olaf Scholz". Diesem gingen Leidenschaft und Führungsfähigkeit bisher "vollkommen" ab. Wenn sich dieses Defizit vertiefe, wenn Scholz so "stoisch" und "uninspiriert" weitermache, dann habe Merz die "Erneuerungskarte", sagt von Lucke. "Dann ist er die Überraschung". Nach Einschätzung des Journalisten dürften nur zwei bis drei Prozentpunkte die nächste Wahl entscheiden. Denn: "Die SPD ist keine starke Kanzlerpartei."
(bth)

Albrecht von Lucke ist Jurist, Politikwissenschaftler und politischer Publizist. Seit 2003 ist er Redakteur der Monatszeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“.

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