Vom Sandsack bis zum mobilen Deich
Hochwasserschutz ist vor allem für Hausbesitzer ein wichtiges Thema. Die Branche macht ihre Lösungen auf einer eigenen Messe in Essen schmackhaft: Auf der "acqua alta" gibt es alles vom Hochwasserpass bis zum mobilen Deich.
Am Stand vom Technischen Hilfswerk (THW) füllen Mitarbeiter mit Hilfe eines großen Trichters Sandsäcke. Knochenarbeit. Doch wenn das Wasser kommt, muss es schnell gehen. Vor allem, wenn der Deich nicht hält, kommen die Sandsäcke zum Einsatz, erzählt Johannes Pass vom THW.
"Sie sehen eigentlich jetzt Sandsäcke, die angestapelt sind. Man muss sich jetzt vorstellen, dass im hinteren Bereich der Sandsäcke ein Deich befindet, aus dem Wasser durchdringt an einer punktuellen Stelle. Und dort auch Bodenmaterial aus dem Deich ausgetragen wird. Und das ist eine Gefahr als Schaden an dem Deich. Und um diese Gefahr abzustellen, bringt man einen Sandsackwall um diese Sickerstelle im Deich auf."
Idee beim Elbe-Hochwasser gekommen
Das Füllen von Sandsäcken ist aber zeit- und personalaufwendig. Große Areale können inzwischen mit einem mobilen Deich geschützt werden. Erfinder Walter Wagenhuber hatte 2003 beim Elbe-Hochwasser die Idee dazu. Seine Erfindung bekämpft Hochwasser mit Hochwasser. Dafür hat Walter Wagenhuber einen je nach Bedarf 1,50 bis 3,50 Meter hohen Schlauch geschaffen, der von einer Spule einfach abgerollt werden kann.
"Das sing große Edelstahlräder. Die sind immer noch von Hand zu bewegen. Die Module werden bis 40 Meter länge gelagert mit einer Achse drin. Und dann hebt man die ein Stückchen an. Steckt die Haspelräder ein und dann kann man die zu zweit locker ausrollen. Im schweren Gelände braucht man auch mal vier Personen. Aber damit schafft man hundert mal mehr als mit Sandsäcken, was das Personal angeht."
Fünf Leute schaffen etwa hundert Meter pro Stunde mit dem mobilen Deich. Nach einigen Jahren Tüftelei hat es etwas gedauert, bis sich das neue System am Markt durchgesetzt hat. Doch jetzt hat der orange-leuchtende Schlauch sogar schon seinen ersten Auftritt in der Tagesschau gehabt. Als in St. Blasien im Hochschwarzwald das Wasser über die Ufer trat, konnte man den orangefarbenen Deich sehr gut erkennen.
Hochwasserpass fürs Haus
Durch die Klimaveränderungen sind aber nicht nur Hausbesitzer an Gewässern vom Hochwasser betroffen. Immer heftigere Starkregenschauer sorgen auch an Gebäuden abseits von Flüssen für Schäden. Darauf müsse man sich künftig einstellen, sagt der Hydrologe Georg Johann vom Verein Hochwasserkompetenzcentrum.
"Es geht darum, uns daran anzupassen, also wie in Südeuropa beispielsweise. Wenn sie da die Häuser anschauen: Da kommt alles mit einer Treppe zum Beispiel ins Haus hinein. Die haben also ihre Anpassungsmaßnahmen schon gemacht. Und das ist bei uns sozusagen noch notwendig."
Georg Johann glaubt, dass die Starkregen-Ereignisse durch die Klimaveränderungen künftig noch weiter zunehmen. Bei der Hochwasserschutz-Branche dürfte das den Umsatz ankurbeln.
Das Hochwasserkompetenzcentrum hat für Hausbesitzer einen Hochwasserpass ähnlich dem Energieausweis entwickelt. Gutachter tragen dort ein, wie gefährdet ein Gebäude ist und welche Maßnahmen gegen Hochwasser helfen.
"Das muss nicht teuer sein. Das kann man oft auch selber machen. Es gibt so Do-It-Yourself-Maßnahmen, die man machen kann. Man kann natürlich auch einen Experten kommen lassen, wenn man auch teure Dinge in seiner Wohnung hat – oder man ständert Dinge einfach mal im Keller auf beispielsweise oder räumt nicht seine wertvollsten Dinge in die tiefsten Lagen seines Hauses. Das ist auch schon mal ganz wichtig. Also, uns geht es auch um Aufklärung, nicht nur um Maßnahmen am Haus. Wie verhalte ich mich richtig bei solchen Ereignissen."
Und auch wenn der Hochwasserschutz etwas aufwendiger werden sollte: Günstiger als ständige Schäden durch das Wasser ist er allemal.