Messiaens „Turangalîla-Symphonie“ mit den Berliner Philharmonikern
Liebe in allen Facetten: Eine Melodie seiner „Turangalîla-Symphonie“ assoziierte Olivier Messiaen mit aufblickenden Augen und verglich sie mit einer roten Blume. © pexels / Denner Trindade
Ein Freudenfest
Ist das noch eine Sinfonie oder schon Ekstase pur? Strahlende Klänge in zehn Sätzen, achtzig Minuten Musik in opulenter Besetzung: Simone Young und die Berliner Philharmoniker spielen die alle Grenzen sprengende „Turangalîla-Symphonie“ von Olivier Messiaen.
Die Voraussetzungen waren einmalig. Sergej Kussewitzky, Mäzen und Chef des Boston Symphony Orchestra, gab 1946 dem international kaum bekannten Franzosen Olivier Messiaen „carte blanche“: Für sein Orchester dürfe er ein Stück ganz nach eigenem Gusto komponieren, ohne Einschränkungen, ohne Termindruck.
Der Komponist ließ sich das nicht zweimal sagen und schuf in den kommenden zwei Jahren ein monumentales Werk, das bald als eine der in jeder Hinsicht großen Kompositionen des Jahrhunderts anerkannt wurde: die „Turangalîla-Symphonie“.
In die altindische Sprache getaucht
Den ungewöhnlichen Titel entlehnte Messiaen dem indischen Sanskrit und übersetzte „Lîla“ im weitesten Sinne mit „Spiel“ und „Liebe“. „Turanga“ beschrieb Messiaen als „die Zeit, die davoneilt wie das galoppierende Pferd, die Zeit also, die fließend zerrinnt wie der Sand einer Sanduhr“.
Oliver Messiaen:
Das erste zyklische Thema mit seinen schweren Terzen – es wird fast immer fortissimo von den Posaunen gespielt – ist brutal, bedrückend und erschreckend wie altmexikanische Monumente.
Das zweite zyklische Thema – den einschmeichelnden Klarinetten im Pianissimo anvertraut – ist zweistimmig und erinnert an zwei wiederholt aufblickende Augen. Der Vergleich mit einer Blume trifft hier am genauesten. Man denkt an die zarte Orchidee, die dekorative Fuchsie, die rote Gladiole oder die so biegsame Lilie.
So ist sein Werk geprägt von dem extremen Kontrast grenzenloser Ruhe auf der einen und energischer Motorik auf der anderen Seite, befeuert vom intensiven Einsatz indischer Rhythmen.
Besonderes Instrument: eine Art früher Synthesizer
Diese Sinfonie ist zugleich eine zehnteilige Suite und ein grandioses Klavierkonzert, wobei die Besetzung auch das elektroakustische Pionier-Instrument Ondes Martenot enthält, das die klangliche Opulenz bis an die Schmerzgrenze ausdehnt.
Mit diesem Konzert kehrt die Dirigentin Simone Young ans Pult der Berliner Philharmoniker zurück, wo sie seit ihrem Debüt 2005 nicht mehr zu erleben war. In der Zwischenzeit ist die Australierin eine feste Größe in den Opern- und Konzerthäusern der Welt geworden und hat dem heutigen Erfolg vieler Dirigentinnen den Weg geebnet.
Von 2005 an war sie für zehn Jahre Generalmusikdirektorin und Intendantin der Hamburgischen Staatsoper, die Wiener Staatsoper ernannte sie im vergangenen Jahr zum Ehrenmitglied, und auch an der Berliner Staatsoper ist sie ein gerne gesehener Gast, begann doch hier ihre Karriere als Assistentin von Daniel Barenboim.
Messiaen sehr nahe
Inzwischen ist sie auch Chefdirigentin des Sinfonieorchesters ihrer Heimatstadt Sydney in Australien, von dessen besonderem Licht sie schwärmt und dessen Natur Olivier Messiaen am Ende seines Lebens besonders inspiriert hat.
Live aus der Philharmonie Berlin
Olivier Messiaen
„Turangalîla-Symphonie“ für Klavier, Ondes Martenot und großes Orchester
Cédric Tiberghien, Klavier
Cynthia Millar, Ondes Martenot
Berliner Philharmoniker
Leitung: Simone Young