"Messner"
Reinhold Messner ist Extrembergsteiger, Antarktis-Wanderer, Regionalpolitiker, Museumsgründer, und er hat "nebenbei" über 70 Bücher geschrieben. Nun widmet ihm der Filmemacher Andreas Nickel ein Porträt - eine Dokumentation, die Archivmaterial, nachgestellte Szenen und aktuelle Interviews vereinigt.
Messner: "Wir sind unten im Tal aufgewachsen, wo man wirklich kaum über die Ränder des Tales hinaus geschaut hat und haben uns früh schon gefragt, wie es dahinter ausschauen mag."
Reinhold Messner wird 1944 in Südtirol geboren, wo er in Villnöß, einem Dorf mit 2500 Einwohnern aufwächst. Der Vater nimmt die Kinder regelmäßig zum Bergsteigen mit - in die Alpen natürlich. Sie wohnen ja mittendrin.
Messner: "Aus eigenem Antrieb hätte ich das nicht gemacht. Das kommt erst viel später. Es war kein bisschen Stolz oder Schulterklopfen, vielleicht ein Lob von den anderen, die dort am Gipfel waren. Die haben natürlich auch gestaunt, dass diese Knirpse da hochgestiegen sind. Aber viel stärker habe ich in Erinnerung den Rundblick. Also auf die Zentralalpen."
Gleich von Anfang an begeistert Regisseur Andreas Nickel die Zuschauer mit seinen Bildern. Allen voran die Aufnahmen aus dem Hubschrauber, die die jeweilige Bergspitze und den Panoramablick von dort oben zeigen, hinterlassen grandiose visuelle Eindrücke. Allerdings werden diese immer mit Musik untermalt. Überflüssig - denn so wirken viele Szenen überladen.
Unabhängig davon gelingt es Nickel, die Entwicklung von Reinhold Messner nachvollziehbar zu machen. Es ist ja nicht nur die Nachkriegszeit und die dörfliche Enge, die ihn in die Höhe treiben. Als Kind unter acht Geschwistern bleibt nicht viel Platz für elterliche Anerkennung. Und das Verhältnis zum Vater ist für alle schwer, wie sein Bruder Hans-Jörg erläutert.
Messner: "Der Vater war auch jemand, der in gewissem Sinne durchaus ein warmer Mensch war, auch Humor hatte, aber der es nicht über sich gebracht hat, in irgendeiner Form anerkennend, zuwendenden oder zärtlich zu sein. Auf jeden Fall nicht mit seinen Söhnen. Er war ein strafender Vater, ein kritisierender Vater."
Reinhold Messner wächst mit dem Gefühl auf, sich wehren zu müssen.
Messner: "Ich bin durch die Enge, durch die Befehle von oben zu dieser rebellischen Haltung gekommen."
Da, wo er Widerstand empfindet, versucht er ihn zu überwinden. Und das gilt auch für jede Felswand. So zeigt der Film die wichtigsten Expeditionen - Nanga Parbat, Mount Everest und K2 - schildert die großen Erfolge, die Rückschläge und das Drama um den Tod seines Bruders Günther.
Messner: "Güüünttter"
Aber vor allem in der ersten Hälfte ist das Werk nicht nur ein individuelles Porträt. Es vermittelt ebenso den Zeitgeist und die Aufbruchstimmung, die in den späten Sechzigerjahren auch die Bergwelt erobert.
Messner: "Das war die Anarchie, was wir in den Wänden gelebt haben. Keine Macht für niemanden. Die Bilder der Protestbewegung, die waren in uns schon vorhanden. Wir haben aufgehört mit ‚Berg Heil!’ Wir haben aufgehört, Fahnen zu schwingen, das Bergsteigen hatte keine nationalistische Dimension mehr."
Messner, ein Rebell in den höchsten Höhen: Einer der ersten, der jede heldenhafte Form des Bergsteigens ablehnt, nicht mehr davon spricht, einen Berg "besiegt" zu haben, nur weil er oben angekommen ist. Und der von den traditionellen Alpinisten stark kritisiert wird, zum Beispiel von Film- und Bergsteiger-Legende Luis Trenker.
"Ein großartiger Bergsteiger, fabelhafter Techniker, intelligent, draufgängerisch, weiß was er will, volle Hochachtung. Und auf der anderen Seite: Maßlose Eitelkeit, der Presse gegenüber zu viel Reklame, keine Ehrfurcht vor der Natur, glaubt nicht an den Herrgott. Und das darf einem Bergsteiger nicht fehlen."
Reinhold Messner ist auch ein genialer Selbstvermarkter. Buch um Buch fließt aus seiner Feder, er tourt mit Vortragsreihen und redet in Talk Shows. Der Künstler scheut kein mediales Abenteuer und sichert sich so seine finanzielle Unabhängigkeit. Wobei der Film die Vermarktung keineswegs als Anklage zeigt - warum auch? Andreas Nickel ist ein vielseitiges Porträt gelungen.
Er lässt viele Familienmitglieder und Weggefährten zu Wort kommen, und die nachgestellten Szenen wirken unaufdringlich. Mit einer Ausnahme: Die Darstellung Messners an der Droites Nordwand: Wie die Kamera den Bergsteiger nur mit Pickel und Eisstichel bewaffnet am Hang zeigt, sich dann wegbewegt, und jener allmählich zum schwarzen Punkt auf der gigantischen Nordwand mutiert, ist phänomenal. Nur die reflektierenden Momente Messners hätten länger sein können.
Zum Beispiel, wenn er die Ersteigung des Kailash in Tibet abbricht, weil er sieht, wie sein Anliegen im Widerspruch zu den Menschen dort steht, die den Kailash als heiligsten Berg der Welt verehren. Auch wenn Messner-Fans vieles bekannt sein dürften, bietet der Film doch eine interessante Film-Biografie, in der die frühen Jahre auch unter kulturell-historischem Aspekt hervorstechen. Auch wenn nur wenige verstehen werden, warum Reinhold Messner immer wieder sein Leben riskieren musste.
Reinhold Messner: "Also es ist nicht eine Todessehnsucht, sondern eine Lebenssehnsucht. Wir gehen dorthin, wo wir umkommen müssten, um nicht umzukommen. Ein vernünftiger Mensch geht dorthin, wo er nicht umkommen kann."
Reinhold Messner wird 1944 in Südtirol geboren, wo er in Villnöß, einem Dorf mit 2500 Einwohnern aufwächst. Der Vater nimmt die Kinder regelmäßig zum Bergsteigen mit - in die Alpen natürlich. Sie wohnen ja mittendrin.
Messner: "Aus eigenem Antrieb hätte ich das nicht gemacht. Das kommt erst viel später. Es war kein bisschen Stolz oder Schulterklopfen, vielleicht ein Lob von den anderen, die dort am Gipfel waren. Die haben natürlich auch gestaunt, dass diese Knirpse da hochgestiegen sind. Aber viel stärker habe ich in Erinnerung den Rundblick. Also auf die Zentralalpen."
Gleich von Anfang an begeistert Regisseur Andreas Nickel die Zuschauer mit seinen Bildern. Allen voran die Aufnahmen aus dem Hubschrauber, die die jeweilige Bergspitze und den Panoramablick von dort oben zeigen, hinterlassen grandiose visuelle Eindrücke. Allerdings werden diese immer mit Musik untermalt. Überflüssig - denn so wirken viele Szenen überladen.
Unabhängig davon gelingt es Nickel, die Entwicklung von Reinhold Messner nachvollziehbar zu machen. Es ist ja nicht nur die Nachkriegszeit und die dörfliche Enge, die ihn in die Höhe treiben. Als Kind unter acht Geschwistern bleibt nicht viel Platz für elterliche Anerkennung. Und das Verhältnis zum Vater ist für alle schwer, wie sein Bruder Hans-Jörg erläutert.
Messner: "Der Vater war auch jemand, der in gewissem Sinne durchaus ein warmer Mensch war, auch Humor hatte, aber der es nicht über sich gebracht hat, in irgendeiner Form anerkennend, zuwendenden oder zärtlich zu sein. Auf jeden Fall nicht mit seinen Söhnen. Er war ein strafender Vater, ein kritisierender Vater."
Reinhold Messner wächst mit dem Gefühl auf, sich wehren zu müssen.
Messner: "Ich bin durch die Enge, durch die Befehle von oben zu dieser rebellischen Haltung gekommen."
Da, wo er Widerstand empfindet, versucht er ihn zu überwinden. Und das gilt auch für jede Felswand. So zeigt der Film die wichtigsten Expeditionen - Nanga Parbat, Mount Everest und K2 - schildert die großen Erfolge, die Rückschläge und das Drama um den Tod seines Bruders Günther.
Messner: "Güüünttter"
Aber vor allem in der ersten Hälfte ist das Werk nicht nur ein individuelles Porträt. Es vermittelt ebenso den Zeitgeist und die Aufbruchstimmung, die in den späten Sechzigerjahren auch die Bergwelt erobert.
Messner: "Das war die Anarchie, was wir in den Wänden gelebt haben. Keine Macht für niemanden. Die Bilder der Protestbewegung, die waren in uns schon vorhanden. Wir haben aufgehört mit ‚Berg Heil!’ Wir haben aufgehört, Fahnen zu schwingen, das Bergsteigen hatte keine nationalistische Dimension mehr."
Messner, ein Rebell in den höchsten Höhen: Einer der ersten, der jede heldenhafte Form des Bergsteigens ablehnt, nicht mehr davon spricht, einen Berg "besiegt" zu haben, nur weil er oben angekommen ist. Und der von den traditionellen Alpinisten stark kritisiert wird, zum Beispiel von Film- und Bergsteiger-Legende Luis Trenker.
"Ein großartiger Bergsteiger, fabelhafter Techniker, intelligent, draufgängerisch, weiß was er will, volle Hochachtung. Und auf der anderen Seite: Maßlose Eitelkeit, der Presse gegenüber zu viel Reklame, keine Ehrfurcht vor der Natur, glaubt nicht an den Herrgott. Und das darf einem Bergsteiger nicht fehlen."
Reinhold Messner ist auch ein genialer Selbstvermarkter. Buch um Buch fließt aus seiner Feder, er tourt mit Vortragsreihen und redet in Talk Shows. Der Künstler scheut kein mediales Abenteuer und sichert sich so seine finanzielle Unabhängigkeit. Wobei der Film die Vermarktung keineswegs als Anklage zeigt - warum auch? Andreas Nickel ist ein vielseitiges Porträt gelungen.
Er lässt viele Familienmitglieder und Weggefährten zu Wort kommen, und die nachgestellten Szenen wirken unaufdringlich. Mit einer Ausnahme: Die Darstellung Messners an der Droites Nordwand: Wie die Kamera den Bergsteiger nur mit Pickel und Eisstichel bewaffnet am Hang zeigt, sich dann wegbewegt, und jener allmählich zum schwarzen Punkt auf der gigantischen Nordwand mutiert, ist phänomenal. Nur die reflektierenden Momente Messners hätten länger sein können.
Zum Beispiel, wenn er die Ersteigung des Kailash in Tibet abbricht, weil er sieht, wie sein Anliegen im Widerspruch zu den Menschen dort steht, die den Kailash als heiligsten Berg der Welt verehren. Auch wenn Messner-Fans vieles bekannt sein dürften, bietet der Film doch eine interessante Film-Biografie, in der die frühen Jahre auch unter kulturell-historischem Aspekt hervorstechen. Auch wenn nur wenige verstehen werden, warum Reinhold Messner immer wieder sein Leben riskieren musste.
Reinhold Messner: "Also es ist nicht eine Todessehnsucht, sondern eine Lebenssehnsucht. Wir gehen dorthin, wo wir umkommen müssten, um nicht umzukommen. Ein vernünftiger Mensch geht dorthin, wo er nicht umkommen kann."