Ein Kämpfer für die Freiheit Taiwans
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Egal ob auf der Bühne als Metal-Musiker oder als Abgeordneter im Parlament: Freddy Lim kämpft für die Unabhängigkeit Taiwans von China. So wie in Hongkong dürfe es auf der Insel nicht kommen, beschreibt er sein Ziel bei den Wahlen am Samstag.
Wahlkampf-Auftritt von Freddy Lim in Taipeh: Eine riesige Bühne – direkt vor dem Präsidentenpalast Taiwans. Dazu Laser-Show, Rauch-Fontänen und 50.000 Anhänger der Metal-Band "Chtonic". Sänger Freddy Lim tobt über die Bühne – im Gesicht: schwarze Kampfbemalung.
"Der erste Eindruck von Freddy ist immer: Musiker, Rockband und er singt etwas, was niemand versteht", sagt Poyu Tseng. "Ein harter Typ, der die ganze Zeit schreit und brüllt. So sehen das die meisten laut unseren Umfragen. Das ist ehrlich gesagt, sehr schlecht für die Wahlen."
Poyu Tseng entwirft Marketing-Kampagnen für Freddy Lim, damit der extrovertierte Metal-Musiker erneut den konservativen fünften Wahlbezirk von Taipeh gewinnt.
"Als Freddy kam – mit Tattoos, Muskeln, ohne Anzug und mit Pferdeschwanz – war das ein Schock für die meisten Wähler des Bezirks", sagt er. "Dass er gewählt wurde, war ein Wunder, um ehrlich zu sein."
Zeit des Wandels in Taiwan
Der Wendepunkt war ein Konzert, erzählt Poyu Tseng. Hunderttausend sehr junge Leute kamen und die Alten merkten, der hat viele Anhänger und kann 2016 gewinnen. Das war die Zeit des Wandels in Taiwan. Die alte Elite der Kuomintang, die Jahrzehnte regierte und auf enge Kooperation mit Festland-China setzte, wurde landesweit abgewählt. Studentenproteste brachten Hunderttausende auf die Straße.
Mit ihnen gründete Freddy Lim die "Partei der neuen Kraft". Die fordert als Einzige lautstark Taiwans Unabhängigkeit. Das will die Kommunistische Partei auf dem Festland nicht zulassen. Sie bezeichnet Lim und seine Mitstreiter als Separatisten. Zu fünft zogen die Aktivisten ins Parlament ein.
"Er hat viel getan als Abgeordneter. Er half die gleichgeschlechtliche Ehe zu legalisieren, kümmert sich um Menschenrechte, diplomatische Beziehungen ins Ausland und das Militär."
Diese Themen seien aber für viele Wähler nicht so wichtig. Ihnen gehe es um mehr Parks in der Nachbarschaft oder Sicherheit durch Überwachungskameras.
Deshalb setzen Poyu Tseng und weitere Berater nun auf einen Image-Wechsel, der Mütter ansprechen soll: "Freddy ist nach außen immer dieser harte Typ mit Tattoos. Aber er ist das eigentlich nicht. Nach seiner Wahl bekam er ein Baby. Das ist auch der größte Unterschied zu dieser Wahl: Er ist jetzt Vater."
Seine Tochter soll in einem freien Land leben
Beim Treffen mit Freddy Lim trägt er Jackett und Hemd – und bindet schnell seine Tochter ein: "Wenn du derzeit Fernsehen guckst und die jungen Leute in Hongkong siehst – Schüler, Studenten – die geschlagen und getreten werden von der Polizei. Und auf die geschossen wird. Was wäre, wenn das deine Tochter wäre? Ich versuche immer mir zu sagen, wir müssen mehr tun, damit meine Tochter, wenn sie so alt ist, in einem sicheren und freien Land leben kann. Nicht wie die jungen Leute in Hongkong."
Taiwan soll nicht zu Hongkong werden. Das zu verhindern, sei die Kernfrage dieser Wahl. Die mahnenden Beispiele hängen im Büro des 43-Jährigen. An der Wand ein "Free Tibet"-Poster und hinter seinem Schreibtisch prangt ein großes Bild vom Dalai Lama, den er selbst schon getroffen hat. Für Taiwan fordert Freddy Lim die Unabhängigkeit.
Ganz anders als die regierende Demokratische Fortschrittspartei von Präsidentin Tsai Ing-wen: "Wenn Tsai Ing-wen davon spricht, den Status quo zu erhalten, meint sie damit, Taiwans Eigenständigkeit zu beschützen – und Frieden und Demokratie. Das bedeutet doch, dass wir unabhängig sind! Aber nur Wenige nutzen dieses Wort, weil die Kuomintang das immer mit Krieg verbunden hat."
Nach Bruch mit seiner Partei nun unabhängig
Auch wenn Freddy Lim und Präsidentin Tsai Ing-wen unterschiedliche Worte benutzen – vereint sind sie doch in ihrem Ziel, dass die Kuomintang nicht wieder an die Macht kommt. Und diesem Ziel ordnet der 43-Jährige alles unter. Auch seine Partei. Die wollte überall Gegenkandidaten zur Regierungspartei aufstellen – auch im Präsidentschaftsrennen
Freddy Lim sah das anders - verlor den Machtkampf und verließ die Partei, die er einst gründete: "Es gibt viele Gründe. Der einfachste ist, dass ich denke, wir als kleine Partei sollten Präsidentin Tsai unterstützen und keinen eigenen Präsidentschaftskandidaten aufstellen."
Nun tritt Freddy Lim als unabhängiger Kandidat an und nutzt wieder die Musik als Hilfe. Sein erstes Konzert seit langem fand jetzt kurz vor der Wahl statt. Es sollte erneut die Wende bringen – das Motto: "Taiwan Victory".