Fünf Jahre #MeToo
#MeToo hat die Film- und Theaterbranche verändert, sagt Leslie Malton vom Bundesverband Schauspiel. © Thomas Leidig
"Der Blick ist geschärfter"
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Vor fünf Jahren begann die MeToo-Bewegung mit schweren Vorwürfen gegen Filmproduzent Harvey Weinstein. Auch die deutsche Film- und Theaterwelt habe sich verändert, sagt Schauspielerin Leslie Malton. Das Bewusstsein für sexuelle Übergriffe nehme zu.
Mit den Enthüllungen über den Filmproduzenten Harvey Weinstein in einem Artikel der New York Times fing vor fünf Jahren alles an: Der Hashtag #MeToo wurde ins Leben gerufen und eine Debatte über sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch begann.
Auch in Deutschland hat die Bewegung einiges verändert. In der Film- und Theaterbranche habe die Aufmerksamkeit für das Thema deutlich zugenommen, sagt die Schauspielerin Leslie Malton, Vorsitzende des Bundesverbands Schauspiel (BFFS).
Bereitschaft, anders miteinander umzugehen
Eine wichtige Rolle spiele dabei Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt "Themis". Durch die Arbeit des 2018 vom BFFS zusammen mit weiteren Branchenverbänden gegründeten Vereins sei das Bewusstsein für das Thema insgesamt gestiegen. "Der Blick von allen ist geschärfter, und die Bereitschaft, anders miteinander umzugehen, ist dadurch auch gewachsen", sagt Malton.
Ein Hinweis auf die Vertrauensstelle finde sich inzwischen in allen Verträgen für Schauspielerinnen und Schauspieler. Menschen, die potenziell Übergriffe tätigen würden, "fühlen sich vielleicht ein bisschen mehr unter Beobachtung, als es früher war", meint Malton, denn ihnen sei inzwischen klar, dass auch Dritte aufmerksamer geworden sind und entsprechende Signale erkennen würden.
Choreografien für intime Szenen
Auch am Set oder auf der Bühne verändert sich die Zusammenarbeit. Der BFFS setze sich für "Intimacy Coordinating" nach US-Vorbild ein, sagt Malton. Bei Kampfszenen sei es schon lange üblich, dass Stuntleute hinzugezogen werden, um zusammen mit der Regie und den Schauspielern eine Choreografie dafür zu entwickeln. Ganz ähnlich sollen "Intimacy Coordinator" künftig ihre Expertise einbringen, wenn es um die Darstellung von Sex oder sexueller Gewalt geht. Erste Kolleginnen und Kollegen haben bereits eine Ausbildung dafür gemacht, so Malton.
Die vor allem zu Beginn von #MeToo laut gewordene Kritik, die Bewegung habe ihrerseits zu einem verkrampften Klima beigetragen, erscheint Malton überzogen: "Natürlich kann man miteinander flirten, aber wenn jemand sagt, das ist mir jetzt genug, Dankeschön, nein – dann muss es dort auch aufhören. Ein Nein ist zu akzeptieren."
Hohe Akzeptanz für die Vertrauensstelle
Nach Angaben der Vertrauensstelle wurden seit der Gründung von Themis im Oktober 2018 bis heute über 1.600 Beratungsgespräche zu über 750 Fällen geführt. 2022 sind es bislang 259 Beratungsgespräche in 112 Fällen. Bei etwa 60 Prozent der Fälle handelt es sich um verbale oder digitale Belästigungen wie das Versenden sogenannter Dickpics oder schlüpfriger Mails.
40 Prozent entfallen auf physische Belästigung, mit einer enormen Bandbreite – vom vermeintlich unabsichtlichen Naherücken über den Griff an den Po bis hin zu im Schnitt acht Vergewaltigungen, die der Themis jährlich von Betroffenen berichtet werden. In der Branche genießt die Vertrauensstelle inzwischen eine hohe Akzeptanz, berichtet Malton. Auch viele Produzenten legten großen Wert auf ihre Arbeit.