Metropolis in Hongkong
Wo würde man Fritz Langs Metropolis heute verorten? Vielleicht in Hongkong? Das meint zumindest das dortige Goethe-Institut und brachte den Dirigenten Frank Strobel mit den Musikern der Hongkonger Sinfonietta zusammen - jetzt wurde der Stummfilmklassiker live aufgeführt.
Der letzte Feinschliff. Eigentlich ist die Generalprobe schon zu Ende, der Schlusston schon erklungen. Doch ein paar heikle Stellen geht Frank Strobel noch einmal durch. Die Probenzeit war knapp bemessen. Nur fünf Mal konnte der Dirigent mit dem Orchester in den vergangenen Tagen spielen - und das bei einem Zweieinhalb-Stunden-Werk und mit einem Ensemble, dass keine Stummfilmerfahrung hat. Eine Herausforderung.
"Die größte Problematik, wenn man einen Stummfilm spielt, ist, dass man vom Orchester eine enorme Flexibilität braucht, weil es oft Eingriffe gibt, vor allem hinsichtlich des Tempos. Das heißt, ich werde mal schneller, mal langsamer, wo man es nicht erwartet, weil ich die Synchronität mit dem Film aufrecht erhalten muss. Und das ist etwas, was eine enorme Konzentration erfordert seitens der Musiker. Und das muss man wirklich erarbeiten und ein Gefühl dafür bekommen. Ich habe aber bemerkt, dass sie das relativ schnell das begriffen haben, also dass sie auch wirklich davon abhängig sind. Das heißt nämlich: In dem Moment, wo sie mal einen Moment nicht aufmerksam sind, fällt sofort das Orchester auseinander."
Es ist eine Umstellung für die Musiker der Hongkonger Sinfonietta. Wahrlich kein Repertoirestück, mit dem Frank Strobel da angereist ist: Metropolis, Fritz Langs Filmklassiker. Die Musik zum Film, komponiert von Gottfried Huppertz, ist zwar in der Romantik verwurzelt, hat mal Anklänge an Richard Strauß, mal an Richard Wagner. Doch sie changiert die ganze Zeit, hat die Schnelligkeit des Mediums Film aufgenommen, wechselt Tempi und Motive nach Bildumschnitten.
Es war eine bewusste Entscheidung, den Film mit einem lokalen Orchester aufzuführen, sagt Michael Müller-Verweyen. Er leitet das Hongkonger Goethe-Institut und ist Mitveranstalter der Metropolisaufführung.
"Wir haben einen deutschen Dirigenten genommen, der aus dem Kulturkreis des Filmes kommt, der mit dem Film sehr vertraut ist. Und wir wollten aber ein Hongkonger Orchester haben, weil genau so sieht kulturelle Zusammenarbeit über die Grenzen aus."
Das Goethe-Institut hat den Metropolisabend gemeinsam mit dem gerade stattfindenden Internationalen Hongkonger Filmfestival organisiert. Gezeigt wird die neu rekonstruierte Fassung auf der Basis des vor zwei Jahren in Buenos Aires gefundenen Filmmaterials, das als verschollen galt. Beide Institutionen bemühten sich frühzeitig und unabhängig voneinander darum, die neue Metropolisversion nach Hongkong zu holen. Mit Erfolg. Und so wurde die Stadt zum weltweit zweiten Aufführungsort nach Berlin.
Am Abend dann ein volles Haus. Der große Saal im Hongkonger Kulturzentrum ist restlos ausverkauft. Im Publikum sitzen neben ein paar westlichen Ausländern vor allem junge Hongkonger. Sie lassen sich hineinziehen in Fritz Langs düstere Welt, in diese Hyperstadt Metropolis, wo eine reiche Oberschicht auf Kosten einer versklavten Arbeiterschaft lebt, die unter der Erde die großen Maschinen bedient. Sie sehen dem Revolutionsversuch der Benachteiligten zu und seinem Scheitern. Dazwischen tauchen immer wieder diese extremen Stadtbilder auf von Hochhausschluchten, Flugzeugen, Straßen auf Stelzen. Und da wird klar, warum Hongkong ein sehr guter Aufführungsort für diesen Film ist. Hier wirkt diese Szenerie gar nicht mehr so futuristisch, sondern erstaunlich realitätsnah.
Er sei erstaunt über die Fortschrittlichkeit des Films, sagt ein 30-jähriger. Das sei doch wie ein Bild der heutigen Welt in Hongkong. Äußerlich, wie die Stadt so aussehe. Aber auch gesellschaftlich, mit der Trennung zwischen den Reichen und den Armen. Das rege zum Nachdenken an.
Dem Dirigenten Frank Strobel ergeht es ähnlich.
"Es gibt ja eine gewisse Geschichte mit mir und Metropolis in Hongkong, weil ich schon vor 23 Jahren einmal hier war und Metropolis, damals noch in der alten Fassung, präsentiert habe an zwei Klavieren und ich schon damals irgendwie das Gefühl hatte: Also ich bin irgendwie in Metropolis gelandet."
Michael Müller-Verweyen vom Goethe-Institut wollte den Film aus diesem Grund auch unbedingt nach Hongkong holen. Hongkong und Metropolis, sagt er, sind miteinander verwandt.
"Hongkong ist eine Stadt, die man am besten beschreibt als generische Stadt. Das ist eine Stadt, die von ihren Hochhäusern lebt, von der Geschwindigkeit, in der Häuser abgebaut und wieder aufgebaut werden. Eine Stadt auch, die nichts anderes sein will als Stadt, die sich nicht europäisch definiert über eine Individualität, über individuelle Differenz, wie wir sie zwischen London, Paris und Berlin kennen, sondern die eigentlich nichts anderes sein möchte als Stadt. Und ich meine, was anderes ist das Thema von Metropolis als genau das."
Nach drei Stunden dann erklingt der Schlusston. Frank Strobel stellt sich auf der Bühne noch den Fragen der Zuhörer. Viele sind schlicht begeistert.
"Das war fantastisch. Ich saß ganz weit vorne und konnte das Orchester beobachten. Die Aufführung hat einen tiefen Eindruck hinterlassen, obwohl ich den Film schon sechs oder sieben Mal gesehen habe."
Und andere fragen sich, ob Städte wie Hongkong mit ihren Hochhäusern vielleicht nur deshalb so aussehen, wie sie aussehen, weil es Fritz Lang und Metropolis gab.
"Vielleicht haben viele Leute, etwa Architekten, den Film gesehen und sich inspirieren lassen. Und dann haben sie so eine Welt einfach nachgebaut."
"Die größte Problematik, wenn man einen Stummfilm spielt, ist, dass man vom Orchester eine enorme Flexibilität braucht, weil es oft Eingriffe gibt, vor allem hinsichtlich des Tempos. Das heißt, ich werde mal schneller, mal langsamer, wo man es nicht erwartet, weil ich die Synchronität mit dem Film aufrecht erhalten muss. Und das ist etwas, was eine enorme Konzentration erfordert seitens der Musiker. Und das muss man wirklich erarbeiten und ein Gefühl dafür bekommen. Ich habe aber bemerkt, dass sie das relativ schnell das begriffen haben, also dass sie auch wirklich davon abhängig sind. Das heißt nämlich: In dem Moment, wo sie mal einen Moment nicht aufmerksam sind, fällt sofort das Orchester auseinander."
Es ist eine Umstellung für die Musiker der Hongkonger Sinfonietta. Wahrlich kein Repertoirestück, mit dem Frank Strobel da angereist ist: Metropolis, Fritz Langs Filmklassiker. Die Musik zum Film, komponiert von Gottfried Huppertz, ist zwar in der Romantik verwurzelt, hat mal Anklänge an Richard Strauß, mal an Richard Wagner. Doch sie changiert die ganze Zeit, hat die Schnelligkeit des Mediums Film aufgenommen, wechselt Tempi und Motive nach Bildumschnitten.
Es war eine bewusste Entscheidung, den Film mit einem lokalen Orchester aufzuführen, sagt Michael Müller-Verweyen. Er leitet das Hongkonger Goethe-Institut und ist Mitveranstalter der Metropolisaufführung.
"Wir haben einen deutschen Dirigenten genommen, der aus dem Kulturkreis des Filmes kommt, der mit dem Film sehr vertraut ist. Und wir wollten aber ein Hongkonger Orchester haben, weil genau so sieht kulturelle Zusammenarbeit über die Grenzen aus."
Das Goethe-Institut hat den Metropolisabend gemeinsam mit dem gerade stattfindenden Internationalen Hongkonger Filmfestival organisiert. Gezeigt wird die neu rekonstruierte Fassung auf der Basis des vor zwei Jahren in Buenos Aires gefundenen Filmmaterials, das als verschollen galt. Beide Institutionen bemühten sich frühzeitig und unabhängig voneinander darum, die neue Metropolisversion nach Hongkong zu holen. Mit Erfolg. Und so wurde die Stadt zum weltweit zweiten Aufführungsort nach Berlin.
Am Abend dann ein volles Haus. Der große Saal im Hongkonger Kulturzentrum ist restlos ausverkauft. Im Publikum sitzen neben ein paar westlichen Ausländern vor allem junge Hongkonger. Sie lassen sich hineinziehen in Fritz Langs düstere Welt, in diese Hyperstadt Metropolis, wo eine reiche Oberschicht auf Kosten einer versklavten Arbeiterschaft lebt, die unter der Erde die großen Maschinen bedient. Sie sehen dem Revolutionsversuch der Benachteiligten zu und seinem Scheitern. Dazwischen tauchen immer wieder diese extremen Stadtbilder auf von Hochhausschluchten, Flugzeugen, Straßen auf Stelzen. Und da wird klar, warum Hongkong ein sehr guter Aufführungsort für diesen Film ist. Hier wirkt diese Szenerie gar nicht mehr so futuristisch, sondern erstaunlich realitätsnah.
Er sei erstaunt über die Fortschrittlichkeit des Films, sagt ein 30-jähriger. Das sei doch wie ein Bild der heutigen Welt in Hongkong. Äußerlich, wie die Stadt so aussehe. Aber auch gesellschaftlich, mit der Trennung zwischen den Reichen und den Armen. Das rege zum Nachdenken an.
Dem Dirigenten Frank Strobel ergeht es ähnlich.
"Es gibt ja eine gewisse Geschichte mit mir und Metropolis in Hongkong, weil ich schon vor 23 Jahren einmal hier war und Metropolis, damals noch in der alten Fassung, präsentiert habe an zwei Klavieren und ich schon damals irgendwie das Gefühl hatte: Also ich bin irgendwie in Metropolis gelandet."
Michael Müller-Verweyen vom Goethe-Institut wollte den Film aus diesem Grund auch unbedingt nach Hongkong holen. Hongkong und Metropolis, sagt er, sind miteinander verwandt.
"Hongkong ist eine Stadt, die man am besten beschreibt als generische Stadt. Das ist eine Stadt, die von ihren Hochhäusern lebt, von der Geschwindigkeit, in der Häuser abgebaut und wieder aufgebaut werden. Eine Stadt auch, die nichts anderes sein will als Stadt, die sich nicht europäisch definiert über eine Individualität, über individuelle Differenz, wie wir sie zwischen London, Paris und Berlin kennen, sondern die eigentlich nichts anderes sein möchte als Stadt. Und ich meine, was anderes ist das Thema von Metropolis als genau das."
Nach drei Stunden dann erklingt der Schlusston. Frank Strobel stellt sich auf der Bühne noch den Fragen der Zuhörer. Viele sind schlicht begeistert.
"Das war fantastisch. Ich saß ganz weit vorne und konnte das Orchester beobachten. Die Aufführung hat einen tiefen Eindruck hinterlassen, obwohl ich den Film schon sechs oder sieben Mal gesehen habe."
Und andere fragen sich, ob Städte wie Hongkong mit ihren Hochhäusern vielleicht nur deshalb so aussehen, wie sie aussehen, weil es Fritz Lang und Metropolis gab.
"Vielleicht haben viele Leute, etwa Architekten, den Film gesehen und sich inspirieren lassen. Und dann haben sie so eine Welt einfach nachgebaut."