Michael-Ballhaus-Stipendium

Kamerafrau Judith Kaufmann ausgezeichnet

04:17 Minuten
Die Kamerafrau Judith Kaufmann kniet in Berlin am Potsdamer Platz am "Boulevard der Stars" an ihrem Stern.
Seit 2016 ist die deutsche Kamerafrau Judith Kaufmann Mitglied der Oscar-Akademie. © dpa-Zentralbild/Jens Kalaene
Von Kerstin Zilm |
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"Wo Dialoge enden, beginnen ihre Bilder." So heißt es über Judith Kaufmann, eine der bedeutendsten Kamerafrauen der Welt. Für ihre Arbeit wird Kaufmann jetzt mit dem Michael-Ballhaus-Stipendium für die Künstlerresidenz Villa Aurora gewürdigt.
Volles Haus in der Villa Aurora. Die Direktorin stellt die sechs Stipendiaten vor, die drei Monate lang in der Künstlerresidenz arbeiten dürfen: derzeit alles Filmemacher.
Diesmal ist die Deutsche Judith Kaufmann dabei. Sie gilt als eine der bedeutendsten Kamerafrauen. "Wo Dialoge enden, beginnen ihre Bilder", so wird sie gefeiert. Jetzt hat Judith Kaufmann das zum ersten Mal ausgelobte dreimonatige Michael-Ballhaus-Stipendium für die Villa Aurora bekommen. Es soll hochtalentierten Kameraleuten die Möglichkeit geben, in Ruhe kreativ zu arbeiten.
Ein paar Tage später sitzt die drahtige Frau, die gerne läuft und Fahrrad fährt, im Garten der Villa Aurora auf einer Bank mit Blick auf den Pazifik. Braune Cordhose, weißes T-Shirt, das Gesicht von der Sonne leicht gerötet.
Die Atmosphäre an diesem Ort, an dem vor 70 Jahren Lion und Marta Feuchtwanger mit anderen Exil-Intellektuellen wie Thomas Mann und Bertolt Brecht diskutierten, sei inspirierend, sagt die 57-Jährige, und das Licht etwas ganz Besonderes.
"Ich weiß gar nicht, was es ist. Ich glaube, es franst nicht so aus. Es hat eine unglaubliche Intensität und Schärfe, aber ist trotzdem nicht stechend."

Die beste Bildsprache für eine Geschichte finden

Neben ihr sitzt Petra Volpe, ganz in schwarz, neugierige Augen hinter einem dunklen Brillengestell. Die Schweizerin hat auch ein Villa-Stipendium. Zusammen haben die beiden 2017 den mehrfach ausgezeichneten Film "Die Göttliche Ordnung" über das Frauenstimmrecht in der Schweiz gedreht. Jetzt arbeiten sie wieder zusammen.
"Weil ich alle meine Filme mit Judith machen will", sagt Petra Volpe und lacht. Judith Kaufmann hatte von Anfang an im neuen Projekt von Petra Volpe eine entscheidende Rolle.
"Sie schreibt nicht selber, aber sie ist ein wichtiger Sparring-Partner beim Entwickeln des Buches und des Stoffes. Wir reden viel über den Stoff, sie liest die Fassungen und gibt Feedback."
Genau das ist es, was Kamerafrau Judith Kaufmann so liebt. Jahrelang hatte sie fast ausschließlich mit dem technischen Aspekt ihres Berufs zu tun. Dabei interessierte sie schon immer am meisten, wie sie für eine Geschichte die beste Bildsprache finden kann.
Im neuesten Projekt taucht sie mit Volpe in eine Männerwelt ein. Sie erzählen die Geschichte von Häftlingen in einem kalifornischen Hochsicherheitsgefängnis, die Insassen mit Demenz und Alzheimer betreuen. Der Film beruht auf einer wahren Geschichte. Die Frauen haben vor Ort recherchiert.
"Es ist tief bewegend und verstörend und verunsichernd und stellt die großen universellen Fragen nach Erlösung, Vergebung. Wie bestraft man Menschen, die etwas Schlimmes getan haben? Was ist mit den Opfern?", so Judith Kaufmann.

Noch nie bekam eine Frau den Kamera-Oscar

Das Drehbuch ist fertig. Die beiden besprechen nun Details der Umsetzung. Die Zeit in der Villa Aurora sei dafür ideal wegen der Freiheit, ohne Termine und Deadlines überlegen zu können.
"Wir lassen uns so treiben, wir mäandrieren eigentlich. Das finde ich ist auch beim Schreiben eigentlich der produktivste Prozess", sagt Petra Volpe. "Alles ist noch in der Schwebe und wir versuchen eine Bildsprache für diese Geschichte zu finden."
Die Schweizerin ist öfter in Los Angeles und hat schon mehrmals mit US-Produzenten gearbeitet. Auch Judith Kaufmann hat schon Angebote aus Hollywood bekommen, sie bisher aber immer abgelehnt – es hat einfach noch nicht gefunkt.
"Das ist ja wahnsinnig spannend zu sehen, wie hier ganz anders gearbeitet wird, vorausgesetzt, mich interessiert das Projekt inhaltlich, die Regie, das Drehbuch, letztlich auch die Schauspieler, dass mich zumindest zwei dieser Kriterien wirklich reizen und überzeugen."
Seit 2016 ist Judith Kaufmann Mitglied der Oscar-Akademie. Die Aufnahme von mehr Frauen in die Gremien sei aber nicht genug, sagt sie, um deren Arbeit hinter der Kamera angemessen wahrzunehmen und zu würdigen.
"Jetzt am Sonntag sind die 92. Oscar-Verleihungen und letztes Jahr war zum ersten Mal überhaupt in der gesamten Geschichte des Oscars eine Frau für den Kamera-Oscar nominiert und hat ihn dann natürlich nicht bekommen. Leider."
Dieses Jahr gibt’s die Rolle rückwärts und weder für die beste Kameraarbeit noch für die beste Regie ist eine Frau nominiert.
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