Sprecherin: Eva Meckbach
Regie: Giuseppe Maio
Ton: Martin Eichberg
Redaktion: Dorothea Westphal
Der Anfang von Ende
29:53 Minuten
Er zählt zu den erfolgreichsten deutschen Jugendbuchautoren. Michael Endes Bücher sind weltweit bekannt und wurden für Film und Fernsehen adaptiert. Vor 90 Jahren wurde Ende in Garmisch-Partenkirchen geboren. Wie steht der Ort zu dem berühmten Autor?
Die Geschichte von Michael Ende und Garmisch-Partenkirchen beginnt am 12. November 1929, als der Autor hier geboren wurde. Kindliches Träumen und der bedingungslose Glaube an die Kraft der Fantasie: Es ist das reflektierte Traumwandeln, das Michael Ende seinen Lesern ans Herz legt. Im Mega-Bestseller "Die unendliche Geschichte" hat er die Trennlinie zwischen Kindheit und Erwachsenenwelt, zwischen Realität und Fantasie verschwimmen lassen und musste dafür auch die Kritik, dies sei eskapistisch, einstecken.
Fantasiewelten statt Weltflucht
"Das war ja gerade einer der großen Vorwürfe, mit dem Michael Ende in die Ecke getrieben worden ist, in den Jahren nach dem Jim Knopf und auch mit der Momo: Er leite ja die Kinder und alle an, Weltflucht zu begehen und sich nicht den gesellschaftlichen Problemen zu stellen. Was natürlich ein totales Missverständnis ist."
Roman Hocke, langjähriger Verleger und Freund von Michael Ende. Heute ist er der Nachlassverwalter seiner Werke.
"Seine ganze 'Unendliche Geschichte' ist eigentlich gerade die Parabel dazu, dass eben Weltflucht ein Unsinn ist. Denn Bastian kommt zwar in eine phantastische Welt, die Welt der 'Unendlichen Geschichte', verliert sich dort auch, aber findet sich zum Schluss und kommt verändert in unsere reale Welt zurück und gestaltet sie plötzlich ganz anders — und wird auch ein anderer."
Die Schwierigkeiten mit dem Gedenken
Die kleine Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen versucht, das Erbe des schon zu Lebzeiten weltberühmten Schriftstellers lebendig zu halten. Seit 2009 gibt es etwa den Michael-Ende-Kurpark.
Michael Ende hat nur wenige Jahre in seinem Geburtsort verbracht: als Baby Anfang der 1930er Jahre, und später dann als Jugendlicher von 1943 bis Kriegsende. Und doch haben diese Jahre diesen außergewöhnlichen Geschichtenerzähler geprägt.
Mit seinen fantastischen Heldenfiguren wurde Michael Ende zu einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller der Nachkriegszeit. "Die Abenteuer von Jim Knopf", "Momo" und "Bastian Balthasar Bux" werden auch heute noch von Millionen Lesern verschlungen. Doch in Garmisch-Partenkirchen, dem Geburtsort des Bestsellerautors, herrscht etwas Verzagtes, wenn es um das Gedenken an Michael Ende geht.
"Michael Ende, da tun wir uns ein bisschen schwer. Das gebe ich gerne zu", sagt Sigrid Meierhofer, seit 2014 die 1. Bürgermeisterin der Marktgemeinde.
Was auch mit dem weltberühmten Komponisten Richard Strauss zu tun hat, der ebenfalls aus Garmisch-Partenkirchen stammt. Das Festival zu seinen Ehren verschlingt einen Großteil des Kulturetats. Für die "Phantastische Gesellschaft", ein eingetragener Verein zu Ehren des Schriftstellers, bleibt da nicht viel übrig. Deren Vorsitzender Georg Büttel erzählt:
"Unsere erste große Aktion war, dass wir eine temporäre Ausstellung im Kurhaus gestaltet haben, damals eben die größte zu Leben und Werk von Michael und Edgar Ende." Die aber geschlossen wurde, weil das alte Kurhaus baufällig ist.
Als Jugendbuchautor sah Ende sich nie
Georg Büttel erklärt, dass Michael Ende eigentlich nie ausschließlich ein Jugendschriftsteller sein wollte:
"Das ist ja quasi das Grundmissverständnis gegen das Michael Ende auch sein Leben lang angekämpft hat, dass man ihn halt als Märchenonkel und Jugendbuch-Fuzzi abgetan hat. Er hat sich ja in der Tradition der französischen Surrealisten gesehen sozusagen: Ich schreibe erst mal, was aus mir heraus kommt und denke nicht an ein bestimmtes Zielpublikum."
Seine geistige Heimat fand Michael Ende in der Sprache und in der Fantasie — vielleicht auch inspiriert von den mächtigen Bergen, von denen sein Geburtsort umgeben ist. Das mache etwas mit den Menschen in Garmisch-Partenkirchen, meint die Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer; das liest sie jedenfalls zwischen den Zeilen in seinem Werk.
"Die Botschaft, die im Werk steckt, das ist … Ja, wenn ich es auf ein Wort reduzieren müsste, dann würde ich sagen: Das ist Demut. Also Demut gegenüber dem, was uns zur Verfügung steht. So habe ich ihn jedenfalls verstanden."
Das Kind im Erwachsenen
In seinem Essay "Das Ewig-Kindliche" schrieb Michael Ende: "Das Kind, das ich einmal war, lebt noch heute in mir. Denn es gibt keinen Abgrund des Erwachsenwerdens, der mich von ihm trennt. Im Grunde fühle ich mich als der gleiche, der ich damals war. An dieser Stelle sehe ich vor meinem inneren Auge so manchen Psychologen die Stirn runzeln und murmeln: Er ist eben nie wirklich erwachsen geworden. Das gilt ja heutzutage als schwerwiegender Fehler. Nun sei′s drum, ich gebe es zu: Ich bin wohl tatsächlich nie so richtig erwachsen geworden."