"Michael Kramer" am Staatstheater Wiesbaden

Ein düsterer Abend, der sich lohnt

06:17 Minuten
Uwe Eric Laufenberg, Paul Simon und Lena Hilsdorf in einer düsteren Szene des Stücks "Michael Kramer".
Trauer um ein verschwendetes Leben: Uwe Eric Laufenberg, Paul Simon und Lena Hilsdorf in "Michael Kramer". © Staatstheater Wiesbaden / Karl und Monika Forster
Shirin Sojitrawalla im Gespräch mit Eckhard Roelcke |
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Gerhart Hauptmanns selten gespieltes Stück "Michael Kramer" feierte Premiere am Staatstheater Wiesbaden. Die Inszenierung überzeuge mit ihrer Düsterkeit, eindringlichen Bildern und reduzierter Form, sagt Theaterkritikerin Shirin Sojitrawalla.
Das Staatstheater Wiesbaden zeigt das in Vergessenheit geratene Drama "Michael Kramer" von Gerhart Hauptmann um einen alternden, verhinderten Künstler. Durch Fleiß und Zielstrebigkeit zum Kunstprofessor geworden, hadert er nach dem Selbstmord seines begabten Künstler-Sohnes mit seinem eigenen Leben.

Szenen wie Gemälde von Edward Hopper

Seine bittere Bilanz münde in dem Satz: "Der Tod ist die mildeste Form des Lebens", sagt Theaterkritikerin Shirin Sojitrawalla. Die Inszenierung des Regisseurs Ingo Kerkhoff mit dem Intendanten Uwe Eric Laufenberg in der Titelrolle sei ein ungemütlicher Abend.
Schauspieler Benjamin Krämer-Jenster auf der Bühne vor einer Stahlwand stehend im Stück "Michael Kramer" am Staatstheater Wiesbaden.
Bilder des Verlorenseins: Benjamin Krämer-Jenster in "Michael Kramer".© Staatstheater Wiesbaden / Karl und Monika Forster
Kerkhoff inszeniere das Stück in einer sehr reduzierten Form mit wenigen Strichen. Die Szenen wirkten teilweise wie Gemälde von Edward Hopper und unterstrichen die Verlorenheit der Figuren. "Das ist alles sehr schwarz und dunkel und dazu erklingt Musik von Arnold Schönberg. Der Abend ist düster, aber in dieser Düsterkeit überzeugend und alles ist auf die Worte konzentriert."

Eine lohnende Wiederentdeckung

Der Intendant des Hauses, Uwe Eric Laufenberg, schlage sich dabei in der Rolle der Titelfigur "ganz passabel", sagt Sojitrawalla. "In den elegischen und ruhigen Momenten hat er mich überzeugt. Wenn er aber zu sehr auf die Tube drückt, also anfängt zu brüllen, versteht man ihn schlichtweg nicht mehr und es wirkt sehr aufgesetzt."
Sehr überzeugend sei hingegen Lena Hilsdorf als seine Tochter gewesen, die ihre Figur burschikos und gleichzeitig sehr porös zu spielen vermag. Das Drama sei sehr vielschichtig und lohne die Wiederentdeckung, sagt Sojitrawalla. "Ich kann mir auch vorstellen, dass man das ganz gut gegen den Strich bürsten kann. Ich wäre jetzt sehr interessiert, noch andere Inszenierung dieses Stückes zu sehen."

Michael Kramer von Gerhart Hauptmann
Regie: Ingo Kerkhoff
Staatstheater Wiesbaden
bis 16. Dezember 2022

(rja)
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