Michael Müller seit einem Jahr im Amt

Bürgermeister der Pannen-Hauptstadt

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), spricht am 10.12.2015 in Berlin im Abgeordnetenhaus.
Derzeit unter Druck - der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD) © picture alliance / dpa / Klaus-Dietmar Gabbert
Von Claudia van Laak |
Katastrophale Zustände am Lageso, Dauerbaustelle BER, Koalitionskrach ohne Ende - Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller bekommt die Dauerbaustellen der Hauptstadt nicht in den Griff. Seine Chancen für eine Wiederwahl im nächsten Jahr stehen trotzdem nicht schlecht.
Der erste Geburtstag im Amt - eigentlich ein ganz schönes Datum. Michael Müller ist der populärste Landespolitiker in Berlin, die Umfragen sehen ihn und seine SPD unangefochten auf Platz 1. Keiner fragt mehr nach Klaus Wowereit, niemand von Bedeutung hat öffentlich behauptet, Wowi konnte es besser. Wäre da nicht das vermaledeite Landesamt für Gesundheit und Soziales, dessen Abkürzung Lageso mittlerweile auch in Bayern und in Niedersachsen als Synonym für Chaos in der Flüchtlingspolitik gilt.

"Eine Schande für Berlin"

Udo Wolf: "Das Lageso ist eine Schande für Berlin und Deutschland die Zustände sind menschenunwürdig hier spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab."
Ramona Pop: "Das Lageso, das organisatorische Chaos haben es zu weltweiter Berühmtheit gebracht. Das Lageso hat den BER abgelöst als Synonym für Berliner Pleiten."
Udo Wolf, linker Fraktionschef und Ramona Pop, grüne Oppositionsführerin, gestern im Berliner Abgeordnetenhaus. Im Landesamt herrscht auch ein halbes Jahr nach Beginn des starken Flüchtlingszustroms das Chaos, so berichten es Angestellte. Ein "Sucher" genannter Mitarbeiter sei den ganzen Tag damit beschäftigt, verlorengegangene Akten ausfindig zu machen. Mindestens 15.000 Flüchtlinge in der Hauptstadt sind noch nicht registriert, hunderte lagern in der Nacht in Regen und Kälte auf der Straße, warten auf einen Termin, der dann doch wieder verschoben wird. Das Motto von Michael Müller - "Gutes Regieren" - scheint so ganz und gar nicht für das Landesamt für Gesundheit und Soziales zu gelten.
Flüchtlinge warten am 9.12.2015 vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales Lageso in Berlin in einem Wartezelt. In dem Amt in Berlin Moabit können sich Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Deutschland registrieren lassen oder weitere Leistungen zur Unterstützung beantragen.
Das Lageso in Berlin - mittlerweile ein Synonym für das Versagen der öffentlichen Verwaltung bei der Aufnahme von Flüchtlingen.© picture alliance / dpa / Michael Kappeler
"Das, was wir da sehen, ist zumindest zu langsames Umsetzen von Gutem Regieren, aber konkret vor Ort müssen natürlich alle mitziehen wollen."
Der, der nicht mitziehen wollte, wurde jetzt von Müller zum Rücktritt gezwungen, der Präsident des Lageso. Dies hat das ohnehin abgekühlte rot-schwarze Koalitionsklima unter den Gefrierpunkt sinken lassen, meinte Müller mit seiner Kritik doch eigentlich den zuständigen Sozialsenator Mario Czaja, CDU. Das Vertrauensverhältnis ist seit Längerem gestört, doch einen Bruch der Koalition wünscht sich höchstens die Opposition. Routinemäßig wurde deshalb gestern der Haushalt debattiert und verabschiedet. Florian Graf, Fraktionsvorsitzender der CDU:
"Wir haben den Doppelhaushalt zusammen erarbeitet, es ist gut, dass wir mehr Gemeinsames als Trennendes haben."

Was macht eigentlich der BER?

Neben der Registrierung und Unterbringung der vielen Flüchtlinge hat Berlins Regierender Bürgermeister eine weitere Großbaustelle zu betreuen. Müller ist Aufsichtsratsvorsitzender des Hauptstadt-Airports BER, der monatlich eine zweistellige Millionensumme verschlingt, aber einfach nicht fertig werden will. Nun soll das erste Flugzeug im zweiten Halbjahr 2017 abheben. Vielleicht, wahrscheinlich, eventuell. Ganz sicher ist das nicht.
"Ich glaube, dass die Geschäftsleitung da eine gute Arbeit macht, aber man ist nie davor sicher, dass einen morgen noch einmal eine Überraschung ereilt."
Klaus Wowereit, bisheriger Regierender Bürgermeister von Berlin, gratuliert seinem Nachfolger Michael Müller (beide SPD) im Abgeordnetenhaus in Berlin zu seiner Wahl.
Von Müllers Vorgänger Klaus Wowereit spricht mittlerweile niemand mehr.© picture-alliance/ dpa / Bernd von Jutrczenka
Sehr viele Vorschusslorbeeren erhielt Michael Müller nicht, als er genau vor einem Jahr Klaus Wowereit im Amt des Regierenden Bürgermeisters ablöste. Blass, grau, farblos, der Glamourfaktor fehlt, hieß es. Müller auf dem Roten Teppich der Berlinale - das geht gar nicht, so tönte es ihm entgegen. Der 51-jährige Sozialdemokrat machte schnell klar - ich heiße Müller, nicht Wowereit.
"Mir war von Anfang an wichtig zu sagen, dass ich nicht probieren werde, Klaus Wowereit zu kopieren."
Nächstes Jahr im September wählt Berlin ein neues Abgeordnetenhaus. Momentan sieht es so aus, als ob Michael Müller gute Chancen hat, weiter Berlin zu regieren.
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