Natur- und Kulturgeschichte deutscher Moore
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Schön, unheimlich und klimakompatibel
05:56 Minuten
Michael Succow & Lebrecht Jeschke
Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer KulturlandschaftNatur + Text, Rangsdorf 2022543 Seiten
69,00 Euro
Moore haben eine immense Bedeutung für Klima- und Artenschutz. Wie man sie schützen und renaturieren kann, zeigen zwei renommierte Biologen in einem reich bebilderten und klugen Buch.
Trotzt ihrer enormen Bedeutung werden in Deutschland weiterhin Moore trockengelegt. Ein schwerer Fehler, wie Michael Succow und Lebrecht Jeschke in ihrem über 500 Seiten starken Buch über Deutschlands Moore aufzeigen.
Die Autoren sind Biologen, beide forschen seit Jahrzehnten zur Moor-Ökologie, sind auch international bekannt. Und so ist ihr Buch nicht nur die derzeit umfassendste populärwissenschaftliche Bestandsaufnahme der deutschen Moore, sondern es gibt zugleich auch tiefe Einblick in die Natur- und Kulturgeschichte dieser speziellen Feuchtgebiete.
Schön und unheimlich
Die wilde Schönheit der Moore faszinierte schon immer Schriftsteller, Dichter und Maler. Dabei waren sie den meisten Menschen unheimlich. Man glaubte, dass sich in den aufsteigenden Nebeln Geister verbargen und fürchtete die trügerischen Böden, die Mensch und Tier verschlucken konnten.
Letzteres machte Moore zu idealen archäologischen Fundstätten. Denn was in ihnen versinkt, wird Jahrhunderte lang konserviert. Heute verraten Moorleichen viel über Kleidung, Schmuck, Werkzeuge und Waffen vergangener Zeiten.
Rohstoffquelle und Forschungsgebiet
Auch als Rohstoffquelle waren Moore früher sehr gefragt, denn man konnte aus ihnen Eisenerz und Kalk gewinnen. Die gleichbleibende Verbrennungstemperatur von trockenem Torf machte ihn zum idealen Brennstoff für das Schmelzen von Kupfer und Zink und damit zur Herstellung von Bronze. Ab dem 18. Jahrhundert begann die Wissenschaft, sich für Moore zu interessieren.
Im zweiten Buchteil erklären Succow und Jeschke gut verständlich und anhand eindrucksvoller Farbfotos und zahlreicher farbiger Skizzen, welche Moortypen es gibt und was sie unterscheidet. So gibt es Süßwasser- und Salzwassermoore, Moore im Hochgebirge und an den Küsten. Die Unterschiede sind enorm.
Analyse verschiedener Moore
Im dritten Teil des Buches, mit über 300 Seiten der umfangreichste, werden dann die 115 bedeutendsten Moore Deutschlands in großer Detailfreude vorgestellt. Succow und Jeschke haben sie alle erkundet, berichten aus persönlicher Anschauung. Ihre Begeisterung für die außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenwelten ist dabei deutlich zu spüren.
Umso eindringlicher warnen sie im letzten Teil des Buches davor, weiterhin Moore zu entwässern, um etwa neue Viehweiden anzulegen oder Torf für Blumenerde und medizinische Bäder zu gewinnen. Während der Abbau große Mengen an CO2 freisetzt, führt eine Wiedervernässung zur Speicherung von sehr viel Kohlendioxid. „Nasse Moore braucht das Land“, fordert das Duo folgerichtig.
Neue Formen der Nutzung
Das erlaubt auch eine neue Form der Nutzung: Mit der „Paludikultur“ kann man auf feuchten Böden wachsende Pflanzen wie zum Beispiel Schilf anbauen. Das kann zum Dachdecken ebenso wie zur Energieerzeugung genutzt werden. Wasserbüffel können auf Moorflächen gehalten werden. Die Feuchtigkeit der Gebiete erhöht den Grundwasserspiegel der gesamten Umgebung und kühlt durch hohe Verdunstung die Landschaft. Gut wäre daher, die Wiedervernässung staatlich zu fördern.
Das Buch öffnet einem die Augen für die Schönheit der Moore und ihren Nutzen gerade in Zeiten des Klimawandels: eine beeindruckende Bestandsaufnahme.