"Es ist immer wahnsinnig spannend"
Kaum ein anderes Musikfestival auf der Welt hat so treue Fans wie die Wagner-Festspiele. Viele pilgern seit Jahrzehnten nach Bayreuth - auch die Schauspielerin Michaela May kann es einfach nicht lassen.
Wagner ist tot, es lebe Wagner! So denken viele der Wagner-Enthusiasten, die jedes Jahr nach Bayreuth reisen, um den Klängen ihres Lieblingskomponisten zu lauschen. Obwohl Wagner schon seit mehr als 130 Jahren tot ist, gelingt es zeitgenössischen Inszenierungen oft, den alten Geschichten neues Leben einzuhauchen, findet die Schauspielerin Michaela May.
"Es ist immer wahnsinnig spannend. Erstens, weil versucht wird, diese Geschichte auch immer kritisch aufzuarbeiten und auch politisch aufzuarbeiten – wie dieses Mal mit den 'Meistersingern' auch. Und es ist jedes Jahr spannend, wie diese alten Geschichten, die ja zum Teil auch mühsam sind und schwierig sind, und eigentlich gar nicht mehr so recht in unsere Zeit passen, umgesetzt werden in die heutige Zeit. Das gelingt manchmal und manchmal gelingt es nicht."
Musikgeschichte wird auch anderswo geschrieben. Doch im Gegensatz zu den großen Opernhäusern dieser Welt besticht Bayreuth durch eine ganz besondere Atmosphäre, sagt Michaela May.
"Durch diesen kleinen Rahmen hier im Sinne dieses Ortes, dieses Hauses, dieser Familiengeschichte, hat es schon eine besondere Anziehungskraft."
Festspiele im Schatten des Nationalsozialismus
Doch der Glanz der Festspiele hat seine Schattenseite. Auch die Nationalsozialisten waren bekennende Wagner-Fans und finanzierten die Festspiele ab 1933 aus der Staatskasse. Thomas Mann bezeichnete Bayreuth gar als "Hitlers Hoftheater". Die braune Vergangenheit der Festspiele wird in Bayreuth in einer Ausstellung über verfolgte jüdische Sängerinnen und Sänger in der NS-Zeit reflektiert.
Auch Michaela May ist sich der problematischen Geschichte der Festspiele bewusst. Trotzdem sollte Wagner nicht nur darauf reduziert werden, meint sie.
"Ich bin ein Nachkriegskind und ich lasse mir diese schweren Bürden nicht andauernd auf die Schultern setzen. Aber dieser Anstoß, dieser Denkanstoß, der ist wichtig. Man es nicht leugnen und man kann es nicht wegstreichen und sagen: Okay, ich bin danach geboren und es geht mich nichts mehr an. Aber man muss dann auch sagen: Was tun wir heute dagegen? Und solche Stücke oder auch Interpretationen, wie das gestern [bei der Eröffnungsinszenierung 'Die Meistersinger von Nürnberg' ] gemacht wurde, sind dazu da und sind auch wichtig."