"Es hat an ganz vielen Stellen an Pietät gemangelt"
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Die bildende Künstlerin Michaela Meise hat zum Jahrestag des Terroranschlags von Hanau die türkische Totenklage "Cemalim" auf deutsch eingesungen. Sie sagt, Behörden würden bis heute nicht genug gegen Rassismus unternehmen.
"Cemalim", auf Deutsch so viel wie "Mein Liebling Cemal", ist eine bekannte türkische Totenklage. Diese hat die Berliner Künstlerin Michaela Meise auf Deutsch eingesungen, um an den rassistisch motivierten Anschlag von Hanau zu erinnern. Die Stadt, aus der sie auch stammt.
Es sei immer ein Lieblingslied von ihr gewesen, sagt Meise, obwohl sie kein Türkisch spreche. Darum sei es erschreckend gewesen, wie passend das Lied über Trauer für Angehörige sei. Denn auch wenn sie und ihre Familie keine Zielscheibe für rassistische Angriffe seien, so war sie als Nachbarin doch voller Trauer und Entsetzen.
Meise befasst sich in ihrer Kunst seit Langem mit antirassistischen und antifaschistischen Songs, vor allen solchen aus anderen Kulturen, die sie dann ins Deutsche übersetzt. Diese Lieder seien vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, um Völker verbindend und friedensstiftend zu wirken. Genau deshalb wolle sie daran erinnern.
Sie betont auch, dass selbst nach dem fürchterlichen Anschlag in Hanau nicht genug unternommen worden sei: "Es gab diese Tat, aber man weiß jetzt auch, was sich danach noch an Rassismus fortgesetzt hat. Die Überlebenden des Anschlages und die Angehörigen der Mordopfer haben danach weiterhin Rassismus durch die Behörden erfahren. Da gibt es auch ganz viele Dinge, die nicht aufgeklärt wurden. Es hat an ganz vielen Stellen auch an Pietät gemangelt, die sie einfach verdient hätten."
(hte)