Midterm-Wahlen in den USA

Lieder gegen Trump

Zwei Musikerinnen spielen auf einer Bühne E-Gitarre und E-Bass
Die Musikerinnen der Band Warpaint, Emily Kokal (l.) und Jenny Lee Lindberg sind Teil des Projekts "Songs for Swing Left" © David Jensen/Imago
Von Christoph Reimann |
Kurz vor den Midterm-Wahlen singen viele Musiker gegen die Politik der Trump-Regierung. In ihren Liedern verurteilen sie Machtmissbrauch und fordern Menschenrechte. Das klingt so gut, man müsste dem Präsidenten dankbar sein – fast.
Schon der Wahlkampf im Jahr 2016 führt zu einer neuen Politisierung der amerikanischen Popwelt. Anders als bei der Black-Lives-Matter-Bewegung beteiligen sich nun auch verstärkt weiße Musiker und Musikerinnen am Protest. Zu einem ersten gemeinsamen Aufbäumen kommt es am 21. Januar 2017.
Am Women's March on Washington beteiligen sich Größen wie Madonna, Cher, Alicia Keys oder Janelle Monáe. "We must remind them, those who are abusing their power. That is what I am here today: to march against the abuse of power."
Sie marschiere gegen Machtmissbrauch, sagt Janelle Monáe. Und: "Fem the future." "Macht die Zukunft weiblich."

Weiblichkeit, Queerness, Blackness – jetzt erst recht

Trump personifiziert für die tendenziell liberale Popwelt das ultimativ Böse. In ihm kulminieren die gesellschaftlichen Debatten der Zeit: toxische Männlichkeit, White Supremacy, Turbokapitalismus. Aber wie reagieren auf einen Präsidenten des Populismus, ohne selbst zu pauschalisieren, ohne runterzuziehen?
"Nach der Wahl habe ich erst mal ziemlich dunkle Songs geschrieben. So habe ich die Wahl verarbeitet. Aber hätte ich diese Songs auch noch aufgenommen, hätte ich sie jeden Abend singen müssen. Und das hätte mich nicht weitergebracht", sagt die US-Musikerin Natalie Prass.
Tatsächlich erscheinen in den Monaten nach der Wahl zahlreiche Alben, die an das Gute im Menschen appellieren. Und es sind vor allem Frauen, People of Color und LGBTI-Künstler, die besonders deutlich werden. Janelle Monáe verkleidet sich in einem Videoclip als Riesen-Vulva. Die Ansage: Weiblichkeit, Queerness, Blackness – jetzt erst recht.
Aber Trump erhält aus der Popwelt nicht nur Gegenwind. Kanye West outet sich als glühender Trump-Fan, bekundet beim Besuch im Weißen Haus seine Unterstützung für den US-Präsidenten. Dass er sich nun kurz von Trump distanziert hat – wer weiß, wie lange das gilt. Aber Popstars müssen nicht erst Lobhudeleien loslassen, um von Trumps Anhängern gemocht zu werden.

Taylor Swift stellt sich gegen ihre konservativen Fans

Taylor Swift, Superstar des konservativen Country-Pop, wird zum It-Girl der Alt-Right-Bewegung. Jahrelang wehrt sie sich nicht öffentlich gegen die Vereinnahmung aus der rechten Szene, bis zu einem Statement im Oktober 2018: "Diesen Post schreibe ich in Hinblick auf die Midterm-Wahlen am 6. November", schreibt Swift auf Instagram. Weiter:
"In der Vergangenheit habe ich mich mit politischen Äußerungen zurückgehalten. Aber verschiedenen Ereignisse in den vergangenen zwei Jahren haben dazu geführt, dass ich das nun ganz anders sehe."
Swift spricht sich in dem Post für die Rechte von Minderheiten und gegen die republikanische Kandidatin ihres Heimatbundesstaates Tennessee aus. Damit nimmt die Popsängerin in Kauf, einen Teil ihrer Fans zu verlieren. Trump jedenfalls mag sie jetzt 25 Prozent weniger. Nach Swifts Aufruf registrieren sich innerhalb von 24 Stunden 65.000 neue Wähler.
Vor den Zwischenwahlen steigen die Aufrufe, wählen zu gehen: Die Compilation "Songs For Swing Left" mit Aufnahmen von Warpaint bis Kurt Vile hat genau das zum Ziel, nämlich einen Swing nach links, LCD Soundsytsem covern "(We don’t need this) Fascist Groove Thang" von Heaven 17, und Matthew E. White lässt seinen Song "There Is No Future In Our Frontman" gleich 18-mal einspielen.
Trump hat der Popwelt wieder ein eindeutiges Feindbild geliefert. Popmusiker beteiligen sich am Wahlkampf, und die Superstars mit ihren Millionen Fans in sozialen Medien können auch Trump nicht ganz egal sein.
Dass dabei so viele gute Songs entstehen – man müsste dem Präsidenten fast dankbar sein. Auch dafür, dass sich eine Musikerin aus dem Ruhestand zurückgemeldet hat: Carole King hat ihren Song "One" als Anti-Trump-Hymne neu aufgelegt.
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