Mietenpolitik

Bremen plant Steuer für Immobilien-Heuschrecken

Fassade eines Hochhauses in Köln-Chorweiler: Die Kölner Vorstadt wurde in den 1970er Jahren erbaut und bietet Wohnraum für 40.000 Menschen.
Hunderte Wohnungen aufkaufen, sie verfallen lassen und dann weiterzuverkaufen: Dagegen will der Bremer Vorstoß vorgehen. © picture alliance / dpa
Von Franziska Rattei |
Bremen will eine "Heuschreckensteuer" einführen. Sie soll es unattraktiv machen, Wohnungen nur wegen des Gewinns aufzukaufen. Und so gegen Mietsteigerungen wirken. Ein Modell für andere Länder?
Es ist nur ein kurzer Satz im neuen rot-grünen Bremer Koalitionsvertrag, der für Aufregung sorgt in Deutschlands kleinstem Bundesland; vielleicht sogar darüber hinaus. "Bremen wird prüfen, eine "Heuschreckensteuer" einzuführen, um den Grunderwerb durch Immobilienheuschrecken stark zu beschneiden." Die Idee dazu stammt von Björn Tschöpe, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bremischen Bürgerschaft:
"Der Sinn einer solchen Heuschrecken-Steuer ist, die Spekulation mit Wohnungen im Bestand zu reduzieren. Die, die wir im Auge haben, die schaffen ja nichts. Sondern die kaufen etwas, was schon besteht, optimieren ihren Gewinn zulasten der Mieter und zulasten der Wohnverhältnisse. Und auf diesem Wege hoffen wir, dass wir Spekulation mit Wohnraum bekämpfen können."
Der SPD-Fraktionsvorsitzende schlägt deshalb vor, die Grunderwerbssteuer für sogenannte "Immobilien-Heuschrecken" von derzeit 5,5 Prozent auf bis zu 19 Prozent zu erhöhen. So werde es sehr viel unattraktiver, Hunderte von Wohneinheiten aufzukaufen, allein zu dem Zweck, Miete abzugreifen, die Wohnungen verfallen zu lassen und dann weiterzuverkaufen. Die Opposition ist geteilter Meinung, was Tschöpes Vorschlag angeht. "Eigentlich eine gute Idee", meint etwa Die Linke; bloß würden bei großen Management-Gesellschaften ja gar keine Wohnungen mehr verkauft, sondern Unternehmensanteile. Und da greife die Grunderwerbssteuer gar nicht mehr, sagt Claudia Bernhard, wohnungsbaupolitische Sprecherin der Linke-Fraktion.
"Und das finde ich, muss man mitbedenken, wenn man so etwas umsetzen will. Ich meine: Das Kapital schläft nicht, die Heuschrecken schon gar nicht. Und die werden jede Gesetzeslücke nutzen, die ihnen zur Verfügung steht."
"Grohner Düne" ist Anlass für die Heuschrecken-Steuer
Außerdem müsse man die Grunderwerbssteuer staffeln, damit vergleichsweise "harmlose" Investoren nicht genauso bluten müssten wie Heuschrecken.
CDU und FDP befürchten, das Schlagwort "Heuschrecken-Steuer" könne Investoren verprellen. Dann würde der Wohnraum noch knapper und die Mieten noch höher. Diese Befürchtung hält Initiator Björn Tschöpe allerdings für unbegründet.
"Wir wollen ja ausdrücklich – wie bei der Grohner Düne – nur das Geschäftsmodell besteuern, dass ich Bestandsimmobilien aufkaufe, dann die Instandhaltungskosten runterfahre und damit mein Geld mache. Neubau-Vorhaben sind von dieser Heuschrecken-Steuer in keinster Weise umfasst. Deshalb kann das auch gar keine nachteiligen Wirkungen auf Wohnungsbau haben."
Die "Grohner Düne", die Tschöpe anspricht, ist der eigentliche Anlass für den Bremer Vorstoß zur Heuschrecken-Steuer. Es handelt sich dabei um eine Hochhaus-Siedlung im Bremer Norden; rund 600 Wohnungen in einem sogenannten "Brennpunkt-Gebiet". Vor eineinhalb Jahren hatte eine große Management-Gesellschaft die Wohnungen gekauft. Seitdem, aber auch schon unter den Vor-Eigentümern, wurden Mängel nicht behoben, sagt Joachim Barloschky. Er ist Mitglied im Aktionsbündnis "Menschenrecht auf Wohnen" und kennt die Sorgen der Mieter:
"Wenn man dann mitkriegt, dass der Fahrstuhl in 16-stöckigen Häusern häufiger ausfällt, man nicht runterkommt, den Kinderwagen aus der 15. Etage nicht runterbekommt. Wenn man Schimmel in den Wohnungen hat, wenn Fenster nicht in Ordnung sind – und da sind etliche nicht in Odnung. Dann beeinträchtigt sich das Wohlfühlen in seiner Wohnung!"
Im Dezember werden andere Bundesländer
Gleichzeitig steigen die Mieten, sagt der "Bewohner-Aktivist" – so nennt sich Joachim Barloschky selbst. Die geplante Heuschrecken-Steuer halten er und seine Mitstreiter deshalb für eine gute Sache. Aber noch viel wichtiger, sagt er, ist die Rekommunalisierung von Wohnraum, also Rückkauf von Wohnungen durch die Stadt. Nur so könne man die Mieten deckeln und Einfluss auf Quartiere nehmen. Joachim Barloschky weiß, wovon er spricht. Er war Bremens erster sogenannter "Quartiersmanager" und dabei, als aus dem ehemaligen Brennpunkt-Gebiet Tenever ein Vorzeige-Projekt wurde – mithilfe der städtischen Wohnungsbaugesellschaft und mit massiver Bewohner-Beteiligung.
"Diese Sanierung, dieser Stadt-Umbau hat geklappt ohne – wie man das heute nennt – Gentrifizierung, das heißt: ohne Vertreibung der bisherigen Mieter, dass sie die Mieten nicht mehr zahlen können. Das können sie, weil eben die Stadt den Einfluss darauf hat."
Ob Bremen künftig mit einer neuen Steuer gegen Immobilien-Heuschrecken angehen kann, ist derzeit noch offen. Im Dezember sollen erste Ergebnisse der rechtlichen Prüfung vorliegen. Spätestens dann werden andere Bundesländer ihre Fühler gen Norden ausstrecken. Heuschrecken gibt es schließlich deutschlandweit.
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