Europa? Nein danke!
Für viele Afrikaner ist Europa das Paradies auf Erden. Im Senegal verbreiten Künstler dagegen die Botschaft: Bleibt hier und entwickelt unseren Kontinent.
Der Künstler Baba Maal eröffnet sein Festival "Blues des Flusses" in seiner Heimatstadt Podor. Podor liegt im Norden am Fluss Senegal. Hübsch geschmückte Holzboote mit gelb-grün-roten Fahnen mit einem grünen Stern fahren auf dem Fluss: Es ist eine Art Pirogenballett mit den Fahnen Senegals. Die Ruderer sind ganz in Weiß gekleidet. Baba Maal steht vorne am Bug im hellen Gewand und schwenkt eine Art Zepter. Der Sänger sei der König der Zeremonie, erklärt der Journalist Babakar Niang:
"Es gibt die, die weggehen und im Ausland bleiben. Es gibt die, die in Europa leiden. Aber es gibt auch diejenigen, die dort lernen und zurückkommen, um in ihrem Land zu investieren. Baba Maal gehört zu diesen Leuten. Man kann in die Welt hinausziehen und zurückkommen. Das zeigt er uns allen. Er singt auf Englisch, auf Poular, auf Wolof, er spielt traditionelle und moderne Musik. Das ist seine Stärke und dafür wird er geliebt."
Auf dem Festival, das im Dezember zum achten Mal stattfand, treten Künstler aus den Anrainerstaaten des Fluss Senegal auf, aus Guinea, Mali und Mauretanien. Der 41-jährige Ousmane Gangué aus Mauretanien hat jahrelang in Frankreich gelebt. Seit zwei Jahren ist er wieder Afrika, weil er seine Heimat als Inspiration braucht für seine Musik. Derzeit nimmt er in Dakar ein neues Album auf, das von Youssou Ndour produziert wird.
"Für viele Afrikaner ist Europa immer noch gleichbedeutend mit Paketen von Geld. Aber nein, die Leute in Europa arbeiten, zahlen Steuern und Miete."
Baba Maal, Youssou Ndour und alle diese Künstler könnten in Frankreich leben. Aber sie bleiben lieber hier und bringen ihre Kunst nach Europa.
Auch die Band Takeifa ist schon oft in Europa aufgetreten, vor allem in Spanien. Der 33-jährige Bandleader, Sänger und Gitarrist Jac Keita hat bereits 2009 einen Song gemacht, in dem er vor der illegalen Auswanderung warnt. Damals nahmen viele Senegalesen die Piroge übers Meer – das Motto Barcelona oder Barzak war in aller Munde: Barzak bedeutet das Paradies nach dem Tod.
"Barcelona oder Barzac, das ist Blödsinn! Wir reisen und sehen, dass der Westen kein Paradies ist. Unsere Botschaft lautet: Bleibt daheim und entwickelt unseren Kontinent. Zählt auf euch selbst! Wir dürfen nicht erwarten, dass das Gute von woanders kommt. Wir brauchen keine Hilfe, wir müssen begreifen, dass wir uns ernsthaft an die Arbeit machen müssen."
Abdoulaye Diaw lebt in einem Nachbarort von Podor. In der Hauptstadt Dakar hat er auf der Schule der Schönen Künste Batik gelernt. Vom Verkauf seiner Stoffe ernährt der 31-Jährige nun Eltern und Geschwister – er ist der Einzige in der Familie, der eine Arbeit hat.
"Manche jungen Leute glauben, in Europa regnet es Geld wie Schnee. Ich sage Nein. Lieber hier in Senegal arbeiten!"
Der Nachbarort Dagana, in dem Abdoulaye lebt, zählt 25.000 Einwohner und zehn Schulen. Senegal ist ein junges Land, mehr als die Hälfte der zwölf Millionen Senegalesen ist unter 20. Der 36-jährige Lehrer Youssou Dieng lässt seine Schüler die Nationalhymne singen und warnt Kinder und Eltern vor der Auswanderung.
"Die Zukunft ist in Afrika. Afrika wird – wie einst – wieder ein Zentrum in der Welt. Mit diesen Kindern wird sich Afrika entwickeln."