Willkommenskultur - aber wie?
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Eine Migrationsstudie zeigt, dass 2020 die Zustimmung zu einer Willkommenskultur stark zugenommen hat. Der Journalist Christian Demand hält wenig von einer so pauschalen Aussage. Von Erfahrungen aus der Praxis berichtet Projektleiterin Maria Kipp.
Die Universität Bielefeld und die Mercator Stiftung untersuchen in einer Langzeitstudie, welche Einstellung die Deutschen zu Integration und Migration haben. Befragt wurden auch Menschen mit Migrationshintergrund, etwa welches Zugehörigkeitsgefühl und welche Akzeptanz oder Ablehnung sie in Deutschland empfinden.
Die richtigen Fragen stellen
Laut Studie zeigt die Auswertung der Daten, dass die Zustimmung zu einer Willkommenskultur deutlich zugenommen hat. Nach 40 Prozent 2014 wollten im Coronajahr 2020 mit sehr wenig Zuwanderung mehr als die Hälfte der Befragten eine Willkommenskultur leben. Doch der Journalist Christian Demand findet die Aussagekraft solcher Studien schwierig.
"Es geht immer um die Frage, wie aussagekräftig ist eine solche Studie. Dann kommt sie - zurecht - in die mediale Medienmaschinerie. Es wird darüber berichtet, man sagt: So und so viele Deutsche denken dies und das."
Für "zu grob gestrickt" hält der Journalist die Fragen nach der Teilhabe von Migranten oder ob zugewanderte Menschen, was ihnen kulturell bedeutsam ist, beibehalten sollten. "Holzschnitthaft" sei zudem die Frage, ob sich die Migranten mehr an die Deutschen anpassen oder umgekehrt sich Deutsche mehr an die Migranten anpassen müssten.
Niemand würde widersprechen wollen, dass es einer Willkommenskultur bedürfe, so Demand: "Aber was heißt es? Sag ich 'Grüß Gott' zu Fremden, bin ich grundsätzlich positiv eingestellt, was heißt es in meinem normalen Leben? Wir sprechen auf einer extrem abstrakten Ebene über Dinge, die im Alltag extrem konkret sind."
Beispiele aus der Praxis suchen
Sinnvoller erscheine ihm, konkrete Beispiel aus der Praxis zu suchen, so Demand. Etwa, ob man bereit sei, sein Kind in Berlin in einer Schule anzumelden, die vor allem Schüler mit Migrationshintergrund besuchten und wo das Erlernen der deutschen Muttersprache vielleicht langsamer gehe.
"Allerdings finde ich es interessant", sagt Christian Demand, "dass man endlich mal auch fragt: Wie verteilt sich so eine Zuschreibung auf Leute, die selbst einen Migrationshintergrund haben? Und wie verhält es sich bei Deutschen, die über Generationen bereits im Land leben?"
Es komme auch sehr darauf an, was unter Offenheit und Willkommenskultur verstanden werde, betont Maria Kipp [Audio].
Viele Menschen würden sich, wie die Studie darlegt, darüber freuen, dass Deutschland vielfältiger werde. Was aber oftmals nicht thematisiert werde, ist, "dass dies Auswirkungen auf das Zusammenleben hat", erklärt Kipp, die als Projektleiterin im Berliner Hangar 1 arbeitet.
Angebote an Geflüchtete und Altberliner
Mit ihrem Projekt werde versucht, auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof einen Ort zu schaffen, an dem sich Geflüchtete und Altberliner begegnen. Vereine und Ehrenamtliche machten dazu kostenlose und niedrigschwellige Angebote in den Bereichen Sport, Kultur, Bildung und Beratung, berichtet Kipp.
Ein anderes Ergebnis der Studie verwundert die Projektleiterin nicht. So gaben fast 40 Prozent der Befragten an, dass diejenigen, die neu nach Deutschland kämen, sich mit weniger zufriedengeben sollten. Das sagten deutlich mehr Menschen als bei früheren Befragungen.
Kipp sieht dafür zwei Gründe: Einerseits sei dies auf den öffentlichen Diskurs und wie über Migration debattiert werde zurückzuführen. Andererseits wüssten viele Menschen nicht, unter welchen Bedingungen frisch nach Deutschland Gekommene leben, so die Projektleiterin.