Milchweiß oder schreiend bunt
Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der abstrakten Kunst in Deutschland, stellte mehrfach auf der Documenta in Kassel und in führenden Museen aus: Imi Knoebel. Jetzt widmen das Museum Deutsche Guggenheim und die Neue Nationalgalerie dem Düsseldorfer Künstler gleich mehrere Ausstellungen.
Er kann sich auch noch nicht daran gewöhnen, dass man nichts sieht - sagt der Aufseher, als er die fragenden Blicke der Besucher bemerkt. Es ist schon irritierend. Man kann nicht hinein und nicht hinaussehen in die Neue Nationalgalerie. Dieser für die Ausstellungshalle so typische, für die in ihr präsentierte Kunst oft so problematische Blick durch die gläsernen Wände des Pavillons hindurch nach draußen, er ist verdeckt. Denn Imi Knoebel hat die Scheiben mit milchweißer Farbe bemalt: mit grobem, die Monotonie aufbrechenden Pinselschwung.
Und genauso wenig, wie von der Stadt draußen zu sehen ist, genauso wenig sieht man drinnen zunächst mal von der Kunst. Unauffällig schiebt sich eine Wand mit drei Durchgängen als zweiter Eingang hinter den Haupteingang: eine Arbeit, die Knoebel 1987 für die Kasseler Documenta schuf. Dahinter schweift der Blick vorbei an den Treppenabgängen zum Untergeschoß, den hölzernen Garderoben, den Pfeilerartig postierten Lüftungsschächten hinauf zur unverkleideten, gerasterten Decke - und wieder hinunter, durch die Leere des Raums. Kurator Eugen Blume:
"Die Schwierigkeit ist, dass dieser Raum eine eigene Skulptur ist. Dieser Raum fordert eigentlich den Leerstand. Und alle Dinge müssen sich gegen diese Skulptur durchsetzen. Und die Idee war, es wäre schön, wenn man Künstler finden würde, die nicht gegen diese Skulptur arbeiten, sondern sich mit ihr verbünden."
Weniger die Kunst, mehr der Ausstellungsort steht also hier im Mittelpunkt. Und so finden sich die wenigen Werke am Rande, unauffällig, fast bescheiden - etwa an der Rückseite der Garderobe: Dort lehnen die für Knoebels Kunst zwischen Maler- und Bildhauerei so typischen, reliefartig übereinander geschichtete Latten und Rechtecke an der Wand. Daneben sind holzfarbenen Bögen und Quader in die Ecke gerückt, als seien sie mal eben dort abgestellt; und dabei offensichtlich genauso postiert.
Raum 19 nennt sich diese Installation. Eine Arbeit, die einerseits zurückblickt auf die 60er-Jahre, als der gebürtige Klaus Wolf Knoebel gemeinsam mit seinem Freund Rainer Giese als Imi und Imi durch die Düsseldorfer Szene streift, an der dortigen Akademie studiert und von seinem Lehrer Beuys eben jenen Raum Nummer 19 zur Verfügung gestellt bekommt.
Andererseits ist es ein Werk, das sich in aller Bescheidenheit auf die Umgebung bezieht und zugleich eigenständig wirkt. Steht es doch für den radikalen Purismus, mit dem der 1940 in Dessau geborene Knoebel sich mit der abstrakten Kunst auseinandersetzt. Nochmals Kurator Blume:
"Knoebel bezieht sich mit dieser Arbeit Raum 19 in den Architekturteilen, die er gebaut hat, dem skulpturalen vielteiligen Lager, was er entwickelt, auf seine Anfangszeit als Student bei Joseph Beuys. Man kann sagen, dieser Raum 19 beinhaltet so etwas wie eine Retrospektive. Aber die ist verborgen. Es ist die Essenz eines Lebenswerkes."
Überhaupt ist wenig offensichtlich in dieser Ausstellung. Man muss schon genau hinsehen, Erwartungen zurückschrauben, um die Wirkung der Kunst zu erfassen. Das betrifft die Kunst der Architektur - und die von Imi Knoebel.
Diesen genauen Blick braucht es im zweiten Ausstellungsort von Imi Knoebel, dem Museum Deutsche Guggenheim, erstmal nicht; schreien einem doch hier die Farben förmlich entgegen. Rot, Gelb und Blau leuchten so intensiv, wie man es vom jüngeren Werk Knoebels kennt. Je nach Standpunkt und Lichteinfall mal matt, mal lackglänzend hängen mit Acryl beschichtete Aluminiumtafeln an den Museumswänden. Nebeneinander, wie monochrome Dipty- oder Triptychons; ergänzt durch darauf postierte, kleinere Bilder; oder Reliefartig in den Raum ragend, wenn bunte Leisten wie Striche auf unifarbenem Grund angeordnet sind.
In der Mitte des Saales bilden Alu-Stellwände eigene Farbräume: ebenfalls bemalt - in den immer wieder anders miteinander kombinierten Primärfarben Rot, Blau, Gelb. Alles unter dem Titel "Ich nicht". Kurator Friedhelm Hütte:
"Das ist, wie seine Titel oft sind, auch sehr humorvoll. Oder einen tieferen Bezug haben zu kunsthistorischen Dingen oder anderen Themen. Und hier gibt es einen kunsthistorischen Bezug zu dem berühmten Bildtitel von Barnett Newman: Who's afraid of red, yellow and blue. Und die Antwort in Deutsch von Knoebel ist, ich nicht."
So ist Imi Knoebel sichtlich ohne Angst vor der Farbe. Wobei er sich weitestgehend auf die drei Grundfarben beschränkt. Es ist ein strukturiertes Experimentieren mit Farben, Formen, Materialien mit dem Knoebel hier wie dort das weite Feld der Abstraktion erforscht. Wobei dieses weite Feld in der Deutschen Guggenheim eingeengt wird durch den lang gezogenen Ausstellungsraum.
Und man darf gespannt sein, wie man die auf die aktuelle Ausstellung folgende Imi Knoebel Retrospektive bewältigt, bei der rund 200 Papierarbeiten gezeigt werden sollen. Von frühen Linienbildern über Malereien mit Rostschutzfarbe, Lichtexperimentellen Fotografien bis hin zu Scherenschnitten. Ein Rückblick auf das Werk eines Künstlers, der sicher eine der sperrigeren Positionen der Kunstwelt bekleidet - und sicher eine der nachhaltigeren.
Und genauso wenig, wie von der Stadt draußen zu sehen ist, genauso wenig sieht man drinnen zunächst mal von der Kunst. Unauffällig schiebt sich eine Wand mit drei Durchgängen als zweiter Eingang hinter den Haupteingang: eine Arbeit, die Knoebel 1987 für die Kasseler Documenta schuf. Dahinter schweift der Blick vorbei an den Treppenabgängen zum Untergeschoß, den hölzernen Garderoben, den Pfeilerartig postierten Lüftungsschächten hinauf zur unverkleideten, gerasterten Decke - und wieder hinunter, durch die Leere des Raums. Kurator Eugen Blume:
"Die Schwierigkeit ist, dass dieser Raum eine eigene Skulptur ist. Dieser Raum fordert eigentlich den Leerstand. Und alle Dinge müssen sich gegen diese Skulptur durchsetzen. Und die Idee war, es wäre schön, wenn man Künstler finden würde, die nicht gegen diese Skulptur arbeiten, sondern sich mit ihr verbünden."
Weniger die Kunst, mehr der Ausstellungsort steht also hier im Mittelpunkt. Und so finden sich die wenigen Werke am Rande, unauffällig, fast bescheiden - etwa an der Rückseite der Garderobe: Dort lehnen die für Knoebels Kunst zwischen Maler- und Bildhauerei so typischen, reliefartig übereinander geschichtete Latten und Rechtecke an der Wand. Daneben sind holzfarbenen Bögen und Quader in die Ecke gerückt, als seien sie mal eben dort abgestellt; und dabei offensichtlich genauso postiert.
Raum 19 nennt sich diese Installation. Eine Arbeit, die einerseits zurückblickt auf die 60er-Jahre, als der gebürtige Klaus Wolf Knoebel gemeinsam mit seinem Freund Rainer Giese als Imi und Imi durch die Düsseldorfer Szene streift, an der dortigen Akademie studiert und von seinem Lehrer Beuys eben jenen Raum Nummer 19 zur Verfügung gestellt bekommt.
Andererseits ist es ein Werk, das sich in aller Bescheidenheit auf die Umgebung bezieht und zugleich eigenständig wirkt. Steht es doch für den radikalen Purismus, mit dem der 1940 in Dessau geborene Knoebel sich mit der abstrakten Kunst auseinandersetzt. Nochmals Kurator Blume:
"Knoebel bezieht sich mit dieser Arbeit Raum 19 in den Architekturteilen, die er gebaut hat, dem skulpturalen vielteiligen Lager, was er entwickelt, auf seine Anfangszeit als Student bei Joseph Beuys. Man kann sagen, dieser Raum 19 beinhaltet so etwas wie eine Retrospektive. Aber die ist verborgen. Es ist die Essenz eines Lebenswerkes."
Überhaupt ist wenig offensichtlich in dieser Ausstellung. Man muss schon genau hinsehen, Erwartungen zurückschrauben, um die Wirkung der Kunst zu erfassen. Das betrifft die Kunst der Architektur - und die von Imi Knoebel.
Diesen genauen Blick braucht es im zweiten Ausstellungsort von Imi Knoebel, dem Museum Deutsche Guggenheim, erstmal nicht; schreien einem doch hier die Farben förmlich entgegen. Rot, Gelb und Blau leuchten so intensiv, wie man es vom jüngeren Werk Knoebels kennt. Je nach Standpunkt und Lichteinfall mal matt, mal lackglänzend hängen mit Acryl beschichtete Aluminiumtafeln an den Museumswänden. Nebeneinander, wie monochrome Dipty- oder Triptychons; ergänzt durch darauf postierte, kleinere Bilder; oder Reliefartig in den Raum ragend, wenn bunte Leisten wie Striche auf unifarbenem Grund angeordnet sind.
In der Mitte des Saales bilden Alu-Stellwände eigene Farbräume: ebenfalls bemalt - in den immer wieder anders miteinander kombinierten Primärfarben Rot, Blau, Gelb. Alles unter dem Titel "Ich nicht". Kurator Friedhelm Hütte:
"Das ist, wie seine Titel oft sind, auch sehr humorvoll. Oder einen tieferen Bezug haben zu kunsthistorischen Dingen oder anderen Themen. Und hier gibt es einen kunsthistorischen Bezug zu dem berühmten Bildtitel von Barnett Newman: Who's afraid of red, yellow and blue. Und die Antwort in Deutsch von Knoebel ist, ich nicht."
So ist Imi Knoebel sichtlich ohne Angst vor der Farbe. Wobei er sich weitestgehend auf die drei Grundfarben beschränkt. Es ist ein strukturiertes Experimentieren mit Farben, Formen, Materialien mit dem Knoebel hier wie dort das weite Feld der Abstraktion erforscht. Wobei dieses weite Feld in der Deutschen Guggenheim eingeengt wird durch den lang gezogenen Ausstellungsraum.
Und man darf gespannt sein, wie man die auf die aktuelle Ausstellung folgende Imi Knoebel Retrospektive bewältigt, bei der rund 200 Papierarbeiten gezeigt werden sollen. Von frühen Linienbildern über Malereien mit Rostschutzfarbe, Lichtexperimentellen Fotografien bis hin zu Scherenschnitten. Ein Rückblick auf das Werk eines Künstlers, der sicher eine der sperrigeren Positionen der Kunstwelt bekleidet - und sicher eine der nachhaltigeren.