Milliardärssteuer
Der reichste Mann der (Entenhausener) Welt zahlt höchst ungern Steuern: Dagobert Duck in seinem Geldspeicher. © picture alliance / United Archives / IFTN
Superreiche sollen mehr beitragen
Milliardäre künftig wirksam besteuern – das wollen die G20-Staaten gemeinsam erreichen. Mit einer Superreichen-Steuer sollen soziale Ungleichheit und Armut in der Welt bekämpft werden. Kann das gelingen?
Klimawandel, weltweiter Hunger, Corona, der Krieg in der Ukraine – Krisen kosten Geld. Gleichzeitig wächst das Vermögen der Superreichen. Die G20-Staaten haben bei ihrem Gipfel im November 2024 in Rio de Janeiro einen entscheidenden Schritt getan: Sie wollen künftig für eine wirksame Besteuerung von Milliardären zusammenarbeiten. "Unter voller Achtung der Steuerhoheit wollen wir gemeinsam sicherstellen, dass Individuen mit einem ultrahohen Vermögen effizient besteuert werden", heißt es in der Gipfelerklärung.
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Was ist die Milliardärssteuer?
Die Grundidee hat der französische Ökonom Gabriel Zucman im Auftrag der brasilianischen Regierung entwickelt: Danach müssten Privatpersonen mit einem Vermögen von über einer Milliarde US-Dollar jährlich mindestens zwei Prozent ihres Vermögens als Steuern entrichten. Ausgenommen wären diejenigen, die bereits eine entsprechend hohe Einkommen- oder Vermögensteuer zahlen. Wem es bisher gelingt, dieses durch Steuertricks oder -privilegien zu umgehen, würde jedoch zur Kasse gebeten.
Was könnte eine Milliardärssteuer bewirken?
Es gibt weltweit rund 3000 Milliardäre. Damit könnte die Steuer jährlich etwa zusätzliche 250 Milliarden US-Dollar in die Staatskassen spülen. Würde sie auf Hundertermillionäre ausgeweitet, kämen weitere 100 bis 140 Milliarden Dollar dazu. Die zusätzlichen Einnahmen könnten dann für soziale Ziele eingesetzt werden, um Kindern zum Beispiel mehr Bildung zu bieten oder die Klimakrise sozial gerecht zu bewältigen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat für Deutschland zusätzlich mögliche Einnahmen von zwischen fünf und 17 Milliarden Euro errechnet. Damit würde laut DIW-Ökonom Stefan Bach für Superreiche eine Steuerbelastung von um die 30 Prozent hergestellt, wie sie auch die Breite der deutschen Gesellschaft beziehungsweise normale Besserverdienende in Deutschland tragen. Es ginge auch darum, mehr Steuergerechtigkeit herzustellen, ohne dass die wirtschaftliche Entwicklung großartig behindert werde.
Laut einer Studie des Netzwerks Steuergerechtigkeit zahlen Milliardäre in Deutschland sogar weniger Steuern als in der Schweiz, weil es für diejenigen, die vorrangig Unternehmens- und Vermögenseinkünfte haben, verschiedene Sonderregelungen und Steuerprivilegien gebe.
Wer spricht sich für diese Steuer aus?
Die Vereinbarung auf dem G20-Gipfel geht auf eine Initiative von Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zurück. Auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) fordert eine solche Steuer – und sie weiß unter anderem IWF-Chefin Kristalina Georgiewa auf ihrer Seite. Als weitere Unterstützer gelten Frankreich und Spanien sowie Kolumbien und Südafrika.
Bekannter Unterstützer der Idee ist der Brasilianer João Pacifico. Der Unternehmer hat selbst am Finanzmarkt Millionen verdient und investiert mittlerweile in soziale Bewegungen und Biolandwirtschaft.
Auch die Entwicklungsorganisation Oxfam unterstützt die Idee, künftig Superreiche besteuern zu wollen. Der Beschluss der G20-Länder sei ein großer Erfolg, sagt Jörn Kalinski, G20-Koordinator von Oxfam Deutschland: "Für uns ist das der allerwichtigste Punkt, man kann sogar sagen historisch, dass zum ersten Mal die führenden Staats- und Regierungschefs gesagt haben, wir wollen zusammenarbeiten, um die Superreichen zu besteuern. Das gab es vorher noch nicht."
Wie könnte eine Milliardärssteuer umgesetzt werden?
Als Vorbild könnte die 2021 zwischen den G20-Staaten vereinbarte globale Mindeststeuer für multinationale Konzerne in Höhe von 15 Prozent dienen. Mit ihr wollen die Regierungen vermeiden, dass Konzerne ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer überführen. Markus Meinzer vom Netzwerk Steuergerechtigkeit kritisiert jedoch die bisherige Umsetzung scharf. Das von der OECD entwickelte Konzept sei zum Opfer zahlreicher Lobbyinteressen geworden und wenig wirksam.
Meinzer empfiehlt, die bereits auf UN-Ebene laufenden Verhandlungen über ein UN-Rahmenabkommen zur internationalen Steuerkooperation „UN Framework Convention on International Tax Cooperation“ zu nutzen. Der UN-Rahmen sei eine Chance, transparent und unter Mitsprache der Zivilgesellschaften ähnlich wie der UN-Klimarahmenkonvention eine weltweit gerechtere Besteuerung zu erreichen.
Um eine globale Milliardärssteuer umzusetzen, fordert Meinzer, die Registrierung der Eigentümer von Immobilienvermögen, Firmenanteilen sowie Aktien weltweit viel weitergehender zu erfassen als bisher. Dabei sollten Informationen besser vernetzt und ausgetauscht werden. Für Bankkonten und -daten gibt es einen solchen automatisierten Austausch bereits seit 2016, bei dem mittlerweile 112 Staaten mitmachen. Die USA sind nicht dabei, aber alle EU-Staaten und teils auch als Steuerparadiese bekannte Staaten wie die Kaimaninseln, die Schweiz, Monaco oder Panama.
Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Milliardärssteuer kommt?
Die G20-Staaten haben sich im November 2024 auf eine Zusammenarbeit bei der Besteuerung von Milliardenvermögen geeinigt. Gemeinsam sollen Mechanismen gegen Steuervermeidung erarbeitet werden. Dies gilt als ein erster wichtiger Schritt. Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman nannte den Beschluss historisch: "Zum ersten Mal in der Geschichte stimmen die G20-Chefs darin überein, dass die Superreichen besteuert werden müssen."
DIW-Ökonom Stefan Bach geht jedoch davon aus, dass die Einführung einer solchen globalen Milliardärssteuer Jahre dauern wird. Er hält sie aber nicht für ausgeschlossen. In den 1990er-Jahren habe sich auch niemand vorstellen können, dass die Steueroase Schweiz ihr Bankgeheimnis zur Disposition stellen würde. Außerdem hätten die exzessiven Bestrebungen internationaler Unternehmen, möglichst wenig Steuern zu zahlen, zu einem Umdenken geführt: Es gebe einen Konsens, dass die schlimmsten Auswüchse begrenzt werden müssten.