Milliardärssteuer

Superreiche sollen mehr beitragen

Dagobert Duck in seinem Geldspeicher
Der reichste Mann der (Entenhausener) Welt zahlt höchst ungern Steuern: Dagobert Duck in seinem Geldspeicher. © picture alliance / United Archives / IFTN
Von Jule Reimer |
Die Reichsten der Welt sind in den vergangenen zehn Jahren noch reicher geworden und zahlen so wenig Steuern wie nie, kritisiert ein neuer Bericht von Oxfam. Brasiliens Regierung will als G-20-Vorsitz über eine globale Milliardärssteuer diskutieren.
Klimawandel, Corona, der Krieg in der Ukraine: Krisen kosten Geld. Gleichzeitig wächst das Vermögen der Superreichen. Auf dem G-20-Gipfel wurde deswegen über eine globale Milliardärssteuer diskutiert. Wie könnte die aussehen?

Was ist die Milliardärssteuer?

Die Grundidee hat der französische Ökonom Gabriel Zucman im Auftrag der brasilianischen Regierung entwickelt: Danach müssten Privatpersonen mit einem Vermögen von über einer Milliarde US-Dollar jährlich mindestens zwei Prozent ihres Vermögens als Steuern entrichten. Ausgenommen wären diejenigen, die bereits eine entsprechend hohe Einkommen- oder Vermögensteuer zahlen. Wem es bisher gelingt, dieses durch Steuertricks oder -privilegien zu umgehen, würde jedoch zur Kasse gebeten.

Was könnte eine Milliardärssteuer bewirken?

Es gibt weltweit rund 3000 Milliardäre. Damit könnte die Steuer jährlich etwa zusätzliche 250 Milliarden US-Dollar in die Staatskassen spülen. Würde sie auf Hundertermillionäre ausgeweitet, kämen weitere 100 bis 140 Milliarden Dollar dazu. Die zusätzlichen Einnahmen könnten dann für soziale Ziele eingesetzt werden, um Kindern zum Beispiel mehr Bildung zu bieten oder die Klimakrise sozial gerecht zu bewältigen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat für Deutschland zusätzlich mögliche Einnahmen von zwischen fünf und 17 Milliarden Euro errechnet. Damit würde laut DIW-Ökonom Stefan Bach für Superreiche eine Steuerbelastung von um die 30 Prozent hergestellt, wie sie auch die Breite der deutschen Gesellschaft beziehungsweise normale Besserverdienende in Deutschland tragen. Es ginge auch darum, mehr Steuergerechtigkeit herzustellen, ohne dass die wirtschaftliche Entwicklung großartig behindert werde.
Laut einer Studie des Netzwerks Steuergerechtigkeit zahlen Milliardäre in Deutschland sogar weniger Steuern als in der Schweiz, weil es für diejenigen, die vorrangig Unternehmens- und Vermögenseinkünfte haben, verschiedene Sonderregelungen und Steuerprivilegien gebe.

Wer spricht sich für diese Steuer aus?

Brasiliens Präsident Lula da Silva fordert sie, Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) auch - und sie weiß unter anderem IWF-Chefin Kristalina Georgiewa auf ihrer Seite. Als weitere Unterstützer gelten Frankreich und Spanien sowie Kolumbien und Südafrika.

Wer ist gegen diese Steuer?

Unter anderem ganz klar Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner: Er nahm erst gar nicht am G20-Finanzministertreffen in Rio de Janeiro teil. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommentierte mild und neutral, vermutlich rechne auch in Brasilien niemand mit einer baldigen Verständigung auf globaler Ebene. Auch die US-Regierung gilt als skeptisch und im US-Wahlkampf dürften sich auch demokratische Sympathisanten dazu nicht äußern wollen.

Wie könnte eine Milliardärssteuer umgesetzt werden?

Als Vorbild könnte die 2021 zwischen den G-20-Staaten vereinbarte globale Mindeststeuer für multinationale Konzerne in Höhe von 15 Prozent dienen. Mit ihr wollen die Regierungen vermeiden, dass Konzerne ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer überführen. Markus Meinzer vom Netzwerk Steuergerechtigkeit kritisiert jedoch die bisherige Umsetzung scharf. Das von der OECD – der Denkfabrik der führenden Industrieländer – entwickelte Konzept sei zum Opfer zahlreicher Lobbyinteressen geworden und wenig wirksam.
Meinzer, Experte für Steuervermeidung und Steuerhinterziehung, empfiehlt, die bereits auf UN-Ebene laufenden Verhandlungen über ein UN-Rahmenabkommen zur internationalen Steuerkooperation „UN Framework Convention on International Tax Cooperation“ zu nutzen, falls sich die G-20-Staaten irgendwann auf einer Steuer für Superreiche einigen würden. Der UN-Rahmen sei eine Chance, transparent und unter Mitsprache der Zivilgesellschaften ähnlich wie der UN-Klimarahmenkonvention eine weltweit gerechtere Besteuerung zu erreichen.
Um eine globale Milliardärssteuer umzusetzen, fordert Meinzer, die Registrierung der Eigentümer von Immobilienvermögen, Firmenanteilen sowie Aktien weltweit viel weitergehender zu erfassen als bisher. Dabei sollten Informationen besser vernetzt und ausgetauscht werden. Für Bankkonten und -daten gibt es einen solchen automatisierten Austausch bereits seit 2016, bei dem mittlerweile 112 Staaten mitmachen. Die USA sind nicht dabei, aber alle EU-Staaten und teils auch als Steuerparadiese bekannte Staaten wie die Kaimaninseln, die Schweiz, Monaco oder Panama.

Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Milliardärssteuer kommt?

DIW-Ökonom Stefan Bach geht davon aus, dass die Einführung einer solchen globalen Milliardärssteuer Jahre dauern wird. Er hält sie aber nicht für ausgeschlossen. In den 1990er-Jahren habe sich auch niemand vorstellen können, dass die Steueroase Schweiz ihr Bankgeheimnis zur Disposition stellen würde. Außerdem hätten die exzessiven Bestrebungen internationaler Unternehmen, möglichst wenig Steuern zu zahlen, zu einem Umdenken geführt: Es gebe einen Konsens, dass die schlimmsten Auswüchse begrenzt werden müssten.
Wenn sich die G-20-Staaten hinter so eine Besteuerung stellen würden, sei das bereits ausreichend für eine Durchsetzung, so Bach. Die gemeinsame Erklärung der G-20-Finanzminister vom 25. Juli 2024 bekräftigt jedenfalls das Ziel, eine progressive Besteuerung auszubauen und Eigentümer von Firmenanteilen, Aktien und Kryptowährungen besser zu erfassen.
Zur Rolle der USA unter einer Regierung Kamala Harris erklärte Mareike Moraal vom Büro der Heinrich-Böll-Stiftung im Deutschlandfunk: Es käme darauf an, ob die Demokratische Partei nach einem Wahlsieg mit eher progressiveren oder konservativeren Vertretern in den Senat und das Repräsentantenhaus einziehen würde. Je nachdem würden die USA eine Milliardärssteuer möglicherweise stützen - oder nicht.

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