Millionärssteuerkonzept der SPD

Von Silvia Engels |
Der Wahlkampf hat begonnen. Alle Parteien schreiben in ihre Programme grell und bunt ihre Wünsche hinein. Das Machbare rutscht ins Kleingedruckte. Das ist normal und in jeder Kampagne so. Doch die SPD scheint ihr Wahlmanifest diesmal dazu nutzen zu wollen, um sich von jeder realistischen Politik zu verabschieden. Logische Konzepte sind out, knackige Schlagworte in. Die 'Reichensteuer' zum Beispiel. Ein Begriff, der Emotionen gegen 'die da oben' schürt und die Linken in der Partei begeistert. Den Wähler vielleicht auch, so die Hoffnung der Genossen.
Worum geht es? Ab 250.000 Euro Jahresverdienst sollen drei Prozent Zuschlag auf den Spitzeneinkommensteuersatz von 42 Prozent fällig werden, bei Verheirateten ab 500.000 Euro. Das kann man erstens als Linksruck der SPD begreifen, zweitens als Abkehr von der bisherigen Wirtschaftspolitik Gerhard Schröders. Drittens gilt: Diese Reichensteuer hat nichts mit sinnvoller Steuerpolitik zu tun. Die gerade erst reduzierten Sätze der Einkommensteuer sollen für einige wieder angehoben werden - das ist Zickzackkurs pur und zerstört die Rest-Glaubwürdigkeit der SPD.

Darüber hinaus ändert auch eine neue Millionärssteuer nichts an einer alten Realität: Jeder Spitzenverdiener verfügt über reichlich Möglichkeiten, um Steuervergünstigungen zu nutzen. Beispielsweise kann er sich durch Immobilienkauf oder Beteiligungen künstlich verschulden, um das zu versteuernde Einkommen zu drücken und so seine Steuerlast zu mildern. In der Folge heißt das: eine Millionärssteuer bringt kaum Geld. Die wenigen Superreichen, die dennoch erfasst werden, spülen kaum die 1,2 bis 1,7 Milliarden Euro in Hans Eichels Kasse, die SPD-Fraktionsvize Michael Müller errechnet haben will. Realistischer sind wenige hundert Millionen Ertrag. Und dass die Summe dann, wie von der SPD versprochen, in Bildung und Forschung fließt, ist zum einen nicht sicher, weil Steuern nun mal nicht zweckgebunden erhoben werden. Zum anderen ist sie auch im günstigsten Fall nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Für dieses magere Plus an Steuern hätte man aber potenzielle Investoren und dringend notwendiges Kapital in Deutschland abgeschreckt. Ein schlechtes Geschäft.

Nach wie vor gilt: Die größte Ungerechtigkeit im Steuerrecht liegt nicht in der Höhe der Sätze, sondern in der Flut der Ausnahmen. Dagegen hilft keine Reichensteuer. Dagegen hilft ein einfaches Steuersystem mit angemessenen Sätzen und null Ausnahmen. Es brächte in der Summe höhere Erträge und wäre sozial gerechter. Denn dann würde der Spitzensteuersatz auch tatsächlich gezahlt, was heute eher die Ausnahme ist. Das wusste schon Friedrich Merz mit seiner später in der Union gescheiterten Bierdeckelreform. Das weiß sogar die FDP, die für ein einfaches Steuersystem wirbt. Und das wusste auch schon einmal die SPD unter Gerhard Schröder. Doch die Sozialdemokraten haben das offenbar vergessen. Sie glauben lieber ihrem eigenen Wahlprogramm. Wollen das Machbare nicht hören, weil die Wünsche so schön bunt sind.