"Millionen Menschen entkommen der Armut"
Mariam Dao Gabala leitet seit 20 Jahren die Genossenschaft Oikocredit in Westafrika und ist überzeugt vom Nutzen der Mikrokredite. Auch sehr kleine Darlehen, etwa 30 Euro, würden den Menschen helfen, eigene Geschäfte zu machen - und ein neues Leben zu beginnen.
Kirsten Dietrich: Sie galten als Wunderwaffe gegen Armut, sogenannte Mikrokredite. Kredite, die keine normale Bank geben würde, über in reichen Augen winzige Summen. Gerade genug, um in einem Entwicklungsland zum Beispiel eine Kuh zu kaufen, Milch zum Verkauf zu erwirtschaften und so der Armut zu entkommen. Der Wirtschaftsprofessor Muhammad Yunus aus Bangladesch machte das Konzept populär. 2006 bekam er dafür den Friedensnobelpreis.
Beinahe zeitgleich mit der Banken- und Finanzkrise begann dann die Kritik an Yunus und den Mikrokrediten. Sie lockten Arme in die Überschuldung, hieß es, sie verleiteten zu riskanten Geschäftsgründungen, vor allem Frauen hätten sich das Leben genommen, weil sie Zinsen und Raten nicht mehr bedienen konnten. Was Mikrokredite ganz konkret in einer der ärmsten Regionen der Welt, nämlich in Westafrika, bewirken können und was eben auch nicht, darum soll es jetzt gehen.
Ich habe mit Mariam Dao Gabala gesprochen. Mariam Dao Gabala ist als Regionaldirektorin der ökumenischen Genossenschaft Oikocredit zuständig für Länderbüros in Berlin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ghana, Mali, Senegal und Togo. Und zunächst einmal wollte ich von ihr wissen, was Oikocredit in Westafrika macht!
Mariam Dao Gabala: Wir vergeben nicht direkt Mikrokredite, sondern wir finanzieren Banken für Mikrokredite. Also Banken für sehr arme Menschen, die sehr kleine Summen verleihen können. Das fängt an bei zehn Euro und geht bis ungefähr 2000 Euro. Eine Frau bekommt zum Beispiel einen Kredit von 30 Euro, den sie über 5 Monate zurückzahlt, und mit diesen 30 Euro kann sie Fisch kaufen, diesen Fisch räuchern und auf dem Markt verkaufen. Und wenn sie das macht, kann sie den Kredit zurückzahlen und – das ist das Beste daran – sie kann sogar zwei Euro in der Woche ansparen. Das sieht sehr klein aus, aber für diese Frauen, die wirklich nichts haben, bedeutet es, dass das Leben für sie neu beginnt.
Dietrich: Diese Summen, 15 Euro, 30 Euro, und diese Geschäfte, kleine Geschäfte auf dem Markt, sind das so die ganz typischen Transaktionen, die mit Mikrokrediten gefördert werden?
Gabala: Das sind typische Projekte. Darüber hinaus haben wir Banken für Mikrokredite speziell in den ländlichen Gebieten. Die Farmer können dann mit kleinen Summen Saatgut kaufen und damit Getreide und anderes anbauen. Abgesehen von Mikrokrediten finanzieren wir auch direkt Kooperativen, Frauenkooperativen zum Beispiel, die Nahrungsmittel anbauen oder verkaufen. Manchmal auch Schulen speziell für Frauen oder Kooperativen von Kaffeebauern oder Erdnussbauern. Wir sind dazu da, um die Menschen zu finanzieren, die die eigentliche Arbeit machen, aber die nicht zu einer Bank gehen können, weil sie keine Sicherheiten haben. Aber sie brauchen Geld, um den Anbau zu verbessern.
Dietrich: Sie sprachen jetzt über Kredite vor allen Dingen für Frauen. Ist das so, dass Ihr Hauptfokus darauf liegt, Frauen speziell zu unterstützen?
Beinahe zeitgleich mit der Banken- und Finanzkrise begann dann die Kritik an Yunus und den Mikrokrediten. Sie lockten Arme in die Überschuldung, hieß es, sie verleiteten zu riskanten Geschäftsgründungen, vor allem Frauen hätten sich das Leben genommen, weil sie Zinsen und Raten nicht mehr bedienen konnten. Was Mikrokredite ganz konkret in einer der ärmsten Regionen der Welt, nämlich in Westafrika, bewirken können und was eben auch nicht, darum soll es jetzt gehen.
Ich habe mit Mariam Dao Gabala gesprochen. Mariam Dao Gabala ist als Regionaldirektorin der ökumenischen Genossenschaft Oikocredit zuständig für Länderbüros in Berlin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ghana, Mali, Senegal und Togo. Und zunächst einmal wollte ich von ihr wissen, was Oikocredit in Westafrika macht!
Mariam Dao Gabala: Wir vergeben nicht direkt Mikrokredite, sondern wir finanzieren Banken für Mikrokredite. Also Banken für sehr arme Menschen, die sehr kleine Summen verleihen können. Das fängt an bei zehn Euro und geht bis ungefähr 2000 Euro. Eine Frau bekommt zum Beispiel einen Kredit von 30 Euro, den sie über 5 Monate zurückzahlt, und mit diesen 30 Euro kann sie Fisch kaufen, diesen Fisch räuchern und auf dem Markt verkaufen. Und wenn sie das macht, kann sie den Kredit zurückzahlen und – das ist das Beste daran – sie kann sogar zwei Euro in der Woche ansparen. Das sieht sehr klein aus, aber für diese Frauen, die wirklich nichts haben, bedeutet es, dass das Leben für sie neu beginnt.
Dietrich: Diese Summen, 15 Euro, 30 Euro, und diese Geschäfte, kleine Geschäfte auf dem Markt, sind das so die ganz typischen Transaktionen, die mit Mikrokrediten gefördert werden?
Gabala: Das sind typische Projekte. Darüber hinaus haben wir Banken für Mikrokredite speziell in den ländlichen Gebieten. Die Farmer können dann mit kleinen Summen Saatgut kaufen und damit Getreide und anderes anbauen. Abgesehen von Mikrokrediten finanzieren wir auch direkt Kooperativen, Frauenkooperativen zum Beispiel, die Nahrungsmittel anbauen oder verkaufen. Manchmal auch Schulen speziell für Frauen oder Kooperativen von Kaffeebauern oder Erdnussbauern. Wir sind dazu da, um die Menschen zu finanzieren, die die eigentliche Arbeit machen, aber die nicht zu einer Bank gehen können, weil sie keine Sicherheiten haben. Aber sie brauchen Geld, um den Anbau zu verbessern.
Dietrich: Sie sprachen jetzt über Kredite vor allen Dingen für Frauen. Ist das so, dass Ihr Hauptfokus darauf liegt, Frauen speziell zu unterstützen?
"Ehemalige Straßenhändlerinnen bauen Markthalle für 1,5 Millionen Euro"
Gabala: Es ist nicht der einzige Fokus, aber ein zentraler Teil. Denn in Afrika kann man nicht sinnvoll über Entwicklung sprechen, wenn man sich nicht um die Frauen kümmert. Denn Frauen sind, was ich als die treibenden Kräfte bezeichne. Frauen sind diejenigen, die für das Familienleben verantwortlich sind, für die Erziehung der Kinder. Aber gleichzeitig ist es Frauen nicht erlaubt, irgendetwas zu besitzen. Wenn man eine Frau unterstützt, unterstützt man eine ganze Familie. Deshalb ist es wirklich wichtig, die Frauen im Blick zu haben.
Und noch weitergehend: Auf dem afrikanischen Kontinent lebt schätzungsweise die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Das bedeutet, sie verdienen weniger als 1,50 Euro am Tag für ihren Lebensunterhalt. Und die Mehrzahl von ihnen sind Frauen. Deshalb kann man die Armut nicht bekämpfen, wenn man sich nicht um Frauen kümmert. Man kann nicht über nachhaltige Entwicklung reden, wenn man dabei die Frauen vergisst. Denn sie sind das Herz der Entwicklung in diesen Ländern. Deshalb ist es wichtig, wirklich mit den Frauen zu arbeiten. Wir müssen den Frauen ihre Würde zurückgeben. Das ist ein Teil meiner Arbeit, und ich mag das sehr.
Dietrich: Sie machen das seit 20 Jahren, sich um finanzielle Entwicklung in Westafrika zu kümmern. Was hat sich in der Zeit verändert in der Art, wie Frauen Geschäfte machen, in welche Geschäfte sie ihr Geld investieren?
Gabala: Was sich bei meiner Arbeit wirklich geändert hat: Früher habe ich nur mit wenigen Frauen zu tun gehabt, jetzt sind es viele. Früher fragten sie wirklich nur nach sehr kleinen Summen. Jetzt, mit den wachsenden Geschäften, fragen sie auch nach immer größeren Krediten.
Nur als Beispiel: Wir konnten eine Frauenkooperative in Abidjan unterstützen, ehemalige Straßenhändlerinnen, und jetzt konnten sie eine neue Markthalle bauen. Dieses Gebäude hat 1,5 Millionen Euro gekostet. Können Sie das vorstellen: 200 Frauen, die meisten von ihnen ungebildet, Analphabetinnen, können einen Kredit von 1,5 Millionen Euro aufnehmen, um eine Markthalle zu bauen! Und diesen Kredit zahlen sie auch zurück! An dieser Form von Entwicklung arbeiten wir. Wir müssen ihnen den Betrag zur Verfügung stellen, den sie wirklich brauchen, um nachhaltig wirtschaften zu können. Und das Bewusstsein dafür verändert sich gerade.
Dietrich: Mikrokredite sind ja in den letzten Jahren auch neben begeisterter Unterstützung dafür in die Kritik geraten. Halten Sie sie immer noch für ein geeignetes Mittel für Entwicklungsarbeit?
Gabala: Kritik ist gut, weil sie dabei hilft, Fehler zu korrigieren. Gleichzeitig sollte das Gute, das durch Mikrokredite bewirkt wird, nicht von der Kritik überdeckt werden. Wichtig ist in der praktischen Arbeit, dass durch Mikrokredite Millionen armer Menschen ihre Arbeit finanzieren und der Armut entkommen konnten. Darauf müssen wir uns konzentrieren.
Nichts ist perfekt, es gibt auch schlechte Banken. Natürlich gibt es auch schlechte Formen von Mikrofinanzierung, aber das sollte nicht das Gute überdecken. In 20 Jahren Arbeit habe ich gesehen, dass Mikrokredite den Menschen helfen, sich zu entwickeln. Sie geben den Menschen ihre Würde zurück. Arme Menschen sind ja nicht arm, weil sie nicht arbeiten. Sie arbeiten ständig, aber das Geld, das sie damit verdienen können, reicht nicht, um davon anständig leben zu können. Durch Mikrokredite bekommen sie ein Instrument, um leben und arbeiten zu können. Und ich denke, danach sollten wir schauen.
Dietrich: Und doch, ich habe gelesen in den wirtschaftlichen Zielen von Oikocredit, dass die Struktur des Engagements in Westafrika verändert werden soll. Es sollen mehr landwirtschaftliche Kooperativen gefördert werden, mehr mittlere und kleine Unternehmen, und ein bisschen weg von der Konzentration auf Mikrokredite, die im Moment drei Viertel des finanziellen Engagements ausmachen. Was bedeutet das?
Und noch weitergehend: Auf dem afrikanischen Kontinent lebt schätzungsweise die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Das bedeutet, sie verdienen weniger als 1,50 Euro am Tag für ihren Lebensunterhalt. Und die Mehrzahl von ihnen sind Frauen. Deshalb kann man die Armut nicht bekämpfen, wenn man sich nicht um Frauen kümmert. Man kann nicht über nachhaltige Entwicklung reden, wenn man dabei die Frauen vergisst. Denn sie sind das Herz der Entwicklung in diesen Ländern. Deshalb ist es wichtig, wirklich mit den Frauen zu arbeiten. Wir müssen den Frauen ihre Würde zurückgeben. Das ist ein Teil meiner Arbeit, und ich mag das sehr.
Dietrich: Sie machen das seit 20 Jahren, sich um finanzielle Entwicklung in Westafrika zu kümmern. Was hat sich in der Zeit verändert in der Art, wie Frauen Geschäfte machen, in welche Geschäfte sie ihr Geld investieren?
Gabala: Was sich bei meiner Arbeit wirklich geändert hat: Früher habe ich nur mit wenigen Frauen zu tun gehabt, jetzt sind es viele. Früher fragten sie wirklich nur nach sehr kleinen Summen. Jetzt, mit den wachsenden Geschäften, fragen sie auch nach immer größeren Krediten.
Nur als Beispiel: Wir konnten eine Frauenkooperative in Abidjan unterstützen, ehemalige Straßenhändlerinnen, und jetzt konnten sie eine neue Markthalle bauen. Dieses Gebäude hat 1,5 Millionen Euro gekostet. Können Sie das vorstellen: 200 Frauen, die meisten von ihnen ungebildet, Analphabetinnen, können einen Kredit von 1,5 Millionen Euro aufnehmen, um eine Markthalle zu bauen! Und diesen Kredit zahlen sie auch zurück! An dieser Form von Entwicklung arbeiten wir. Wir müssen ihnen den Betrag zur Verfügung stellen, den sie wirklich brauchen, um nachhaltig wirtschaften zu können. Und das Bewusstsein dafür verändert sich gerade.
Dietrich: Mikrokredite sind ja in den letzten Jahren auch neben begeisterter Unterstützung dafür in die Kritik geraten. Halten Sie sie immer noch für ein geeignetes Mittel für Entwicklungsarbeit?
Gabala: Kritik ist gut, weil sie dabei hilft, Fehler zu korrigieren. Gleichzeitig sollte das Gute, das durch Mikrokredite bewirkt wird, nicht von der Kritik überdeckt werden. Wichtig ist in der praktischen Arbeit, dass durch Mikrokredite Millionen armer Menschen ihre Arbeit finanzieren und der Armut entkommen konnten. Darauf müssen wir uns konzentrieren.
Nichts ist perfekt, es gibt auch schlechte Banken. Natürlich gibt es auch schlechte Formen von Mikrofinanzierung, aber das sollte nicht das Gute überdecken. In 20 Jahren Arbeit habe ich gesehen, dass Mikrokredite den Menschen helfen, sich zu entwickeln. Sie geben den Menschen ihre Würde zurück. Arme Menschen sind ja nicht arm, weil sie nicht arbeiten. Sie arbeiten ständig, aber das Geld, das sie damit verdienen können, reicht nicht, um davon anständig leben zu können. Durch Mikrokredite bekommen sie ein Instrument, um leben und arbeiten zu können. Und ich denke, danach sollten wir schauen.
Dietrich: Und doch, ich habe gelesen in den wirtschaftlichen Zielen von Oikocredit, dass die Struktur des Engagements in Westafrika verändert werden soll. Es sollen mehr landwirtschaftliche Kooperativen gefördert werden, mehr mittlere und kleine Unternehmen, und ein bisschen weg von der Konzentration auf Mikrokredite, die im Moment drei Viertel des finanziellen Engagements ausmachen. Was bedeutet das?
"Die Menschen zahlen die Kredite zurück"
Gabala: Wir waren die ersten privaten Investoren, die in Mikrokredite investierten. Inzwischen machen das auch andere Banken, und jetzt müssen wir uns um andere, riskantere Dinge kümmern, die niemand sonst angeht. Landwirtschaft in Westafrika und überhaupt in Afrika ist so ein Gebiet, auf dem niemand investieren will. Weil es riskant ist. Weil man zurzeit die Bewässerung kaum kontrollieren kann, weil man ohne Maschinen arbeitet. Deshalb ist das eine Aufgabe für uns: die Landwirtschaft zu verbessern, so dass sie attraktiv wird für andere Investoren.
Dietrich: Oikocredit verwaltet Geld, das von Menschen kommt, die an einer fairen und nachhaltigen Geldanlage interessiert sind. Das ist vielleicht keine ganz unwichtige Frage, wie sicher diese Finanzen eigentlich angelegt sind angesichts zum Beispiel von Regierungskrisen in der Elfenbeinküste, angesichts von Auseinandersetzungen mit islamistischen Gruppen in Mali in der jüngsten Zeit.
Gabala: Die Risiken liegen nicht da, wo man sie vermutet. Nur als ein Beispiel: Wir haben diese Markthalle während der Krise in Côte d'Ivoire finanziert, 1,5 Millionen Euro. Die Frauen zahlen zurück. Es ist wirklich toll, als die Auseinandersetzungen begannen, waren die Banken für drei Monate geschlossen. An dem Tag, als die Banken wieder offen waren, kamen die Frauen mit dem Geld in Plastiktüten, um ihren Kredit abzuzahlen. Das bedeutet: nicht die politische Instabilität ist das Risiko.
Ein anderes Beispiel: Mali. Mali steckt in einer tiefen Krise. Wir haben beschlossen, eine Bank für Mikrokredite in Mali zu finanzieren, aber wir richten unser Angebot ganz gezielt auf die ländlichen Gebiete. Um den Bauern zu helfen, Getreide anzubauen. Und das wurde auch zurückgezahlt. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen mehr Sicherheit geben kann als die Tatsache, dass die Kredite von den Menschen zurückgezahlt werden.
Natürlich, in Krisenzeiten muss man genau entscheiden, was man tun kann und was nicht. Aber das schlechteste Signal wäre, die Kreditvergabe zu beenden. Denn in meiner Region sagen wir: Man erkennt seine Freunde, wenn es einem schlecht geht. In Krisenzeiten haben viele das Land verlassen, Banken wurden geschlossen, Investoren gingen, Hilfsorganisationen gingen, die Menschen wurden sich selbst überlassen. Aber das ist nicht fair. Denn es fügt eine zusätzliche Krise zur politischen Krise dazu.
Wir haben es zweimal anders gemacht, in Côte d'Ivoire und Mali, und es hat zweimal funktioniert. Ich denke, es hängt davon ab, wen man mit seinen Krediten anspricht, wen man unterstützt, wie man den Menschen Zeit gibt, auch durch schwierige Zeiten zu kommen. Denn wenn man das nicht tut, werden sie untergehen. Und dann gibt es keinen, der helfen kann, wenn man alles zusammenbrechen lässt. Man muss die Menschen befähigen, schwierige Zeiten zu überstehen. Und dann führt man die Partnerschaft fort.
Dietrich: Mikrokredite und genossenschaftliche Investitionen - Ich sprach mit Mariam Dao Gabala. Sie leitet seit 20 Jahren die Arbeit von Oikocredit in Westafrika.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Dietrich: Oikocredit verwaltet Geld, das von Menschen kommt, die an einer fairen und nachhaltigen Geldanlage interessiert sind. Das ist vielleicht keine ganz unwichtige Frage, wie sicher diese Finanzen eigentlich angelegt sind angesichts zum Beispiel von Regierungskrisen in der Elfenbeinküste, angesichts von Auseinandersetzungen mit islamistischen Gruppen in Mali in der jüngsten Zeit.
Gabala: Die Risiken liegen nicht da, wo man sie vermutet. Nur als ein Beispiel: Wir haben diese Markthalle während der Krise in Côte d'Ivoire finanziert, 1,5 Millionen Euro. Die Frauen zahlen zurück. Es ist wirklich toll, als die Auseinandersetzungen begannen, waren die Banken für drei Monate geschlossen. An dem Tag, als die Banken wieder offen waren, kamen die Frauen mit dem Geld in Plastiktüten, um ihren Kredit abzuzahlen. Das bedeutet: nicht die politische Instabilität ist das Risiko.
Ein anderes Beispiel: Mali. Mali steckt in einer tiefen Krise. Wir haben beschlossen, eine Bank für Mikrokredite in Mali zu finanzieren, aber wir richten unser Angebot ganz gezielt auf die ländlichen Gebiete. Um den Bauern zu helfen, Getreide anzubauen. Und das wurde auch zurückgezahlt. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen mehr Sicherheit geben kann als die Tatsache, dass die Kredite von den Menschen zurückgezahlt werden.
Natürlich, in Krisenzeiten muss man genau entscheiden, was man tun kann und was nicht. Aber das schlechteste Signal wäre, die Kreditvergabe zu beenden. Denn in meiner Region sagen wir: Man erkennt seine Freunde, wenn es einem schlecht geht. In Krisenzeiten haben viele das Land verlassen, Banken wurden geschlossen, Investoren gingen, Hilfsorganisationen gingen, die Menschen wurden sich selbst überlassen. Aber das ist nicht fair. Denn es fügt eine zusätzliche Krise zur politischen Krise dazu.
Wir haben es zweimal anders gemacht, in Côte d'Ivoire und Mali, und es hat zweimal funktioniert. Ich denke, es hängt davon ab, wen man mit seinen Krediten anspricht, wen man unterstützt, wie man den Menschen Zeit gibt, auch durch schwierige Zeiten zu kommen. Denn wenn man das nicht tut, werden sie untergehen. Und dann gibt es keinen, der helfen kann, wenn man alles zusammenbrechen lässt. Man muss die Menschen befähigen, schwierige Zeiten zu überstehen. Und dann führt man die Partnerschaft fort.
Dietrich: Mikrokredite und genossenschaftliche Investitionen - Ich sprach mit Mariam Dao Gabala. Sie leitet seit 20 Jahren die Arbeit von Oikocredit in Westafrika.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.