Superreichtum? Nein danke
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Die Wiener Studentin Marlene Engelhorn wird etliche Millionen Euro erben, und das findet sie ungerecht. Gemeinsam mit der Initiative "Tax me now" fordert sie, große Vermögen umzuverteilen, etwa durch eine angemessene Erbschaftssteuer.
Eine lachende Erbin ist Marlene Engelhorn nicht.: Überraschend wurde ihr mitgeteilt, dass ihre Oma ihr einen zweistelligen Millionenbetrag vererben will. Die Reaktion der Wiener Literaturstudentin: "Ich hätte mich ganz gern gefreut, aber ich habe mich ehrlicherweise sehr geärgert".
Denn Marlene Engelhorn findet es nicht gerecht, so viel Geld zu bekommen, ohne dafür etwas getan zu haben. Und vor allem, ohne dafür Steuern zahlen zu müssen: In Österreich gibt es keine Erbschaftssteuer.
Immer wenn Geld von einer Hand in die andere wandert, werde das besteuert, "außer wenn diese Hände schon reich sind, und das ist eine Frechheit".
Eine Frage des Prinzips
Dabei geht es der jungen Österreicherin ums Prinzip: Erbschaften in einer Größenordnung wie ihrer seien keine Privatangelegenheit, sondern der Staat müsse große Teile dieser Gelder umverteilen. In ihrem eigenen Fall würde Marlene Engelhorn eine Erbschaftssteuer von 90 bis 95 Prozent für angemessen halten.
Dabei gehe es auch um die Demokratie. Denn der Einfluss von Reichen und Superreichen auf Politik und Gesellschaft sei viel zu hoch. Nicht nur in ihrem Heimatland seien Geld und Macht in einem Ausmaß miteinander verschränkt, das "brandgefährlich für eine Demokratie" sei.
Dabei blickt Engelhorn auch über die Grenze nach Deutschland.
Reiche, die mehr Steuern zahlen wollen
Darum engagiert sich Marlene Engelhorn in der Initiative "Tax me now", in der sich vermögende Bürger zusammengeschlossen haben und höhere Vermögens- und Erbschaftssteuern fordern, um einer "dynastischen Weitergabe" immer weiter anwachsender Vermögen gegenzusteuern.
Mit ihrem zu erwartenden Erbe selbst Gutes zu tun, etwa durch eine karitative Stiftung, hielte sie für den falschen Weg. Großspender wie der US-Multimilliardär Bill Gates hätten zu viel Einfluss. Gesellschaften dürften nicht abhängig sein von der Wohltätigkeit weniger Superreicher.
Vielmehr müsse in einer Demokratie über die Verteilung von Vermögen demokratisch entschieden werden.
Aus der Privilegiertenblase in die Lebenswirklichkeit
Für Marlene Engelhorn war es ein langer Prozess, um zu diesen Ansichten zu gelangen. Denn sie wuchs in einem sehr wohlhabenden Elternhaus auf, "abgekapselt von allem anderen" – Privatkindergarten, Privatschule, eine Blase der Reichen und Privilegierten, die unter sich blieben.
Erst an der Universität lernte sie Menschen kennen und schätzen, die aus anderen Verhältnissen stammen und sich schon mal überlegen mussten, ob sie sich nach der Vorlesung noch einen Kaffee leisten können. Marlene Engelhorn begann, ihre eigene Herkunft zu hinterfragen.
Und als sie dann von ihrem bevorstehenden Millionenerbe erfuhr, war das wie ein "Katalysator": Marlene Engelhorn verschrieb sich dem Kampf für mehr Steuergerechtigkeit.
(pag)