Milo Rau wird Leiter der Wiener Festwochen

„Er ist wohl nicht der Falsche“

07:53 Minuten
Milo Rau bei einer Pressekonferenz.
Der Schweizer Regisseur Milo Rau leitet noch das NTGent in Flandern und tourt mit seinen Produktionen um die halbe Welt. © picture alliance / APA / picturedesk.com / Hans Klaus Techt
Tobi Müller im Gespräch mit Eckhard Roelcke |
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Der Regisseur Milo Rau wird Intendant der Wiener Festwochen und verspricht „ein großes, mythisches Theaterfest“. Ist der Schweizer der Richtige für den Posten? Theaterkritiker Tobi Müller lobt Raus Talente als Vernetzer, Künstler und Stratege.
Noch leitet Milo Rau das NTGent in Flandern, doch schon Mitte des Jahres soll er nach Wien wechseln. „Ich will ein großes, mythisches Theaterfest machen“, sagte der Schweizer Regisseur über seine Pläne als neuer Intendant der Wiener Festwochen. Sein Vorgänger in Wien, der Belgier Christophe Slagmuylder, hört nach der Spielzeit im Mai und Juni vorzeitig auf.

Sinnliches und politisches Theater

Die Wiener Festwochen zeigen Theater-, Opern- und Tanzproduktionen aus allen Teilen der Welt und treten auch als Produzenten internationaler Produktionen auf. Hier kommt es darauf an, vernetzen zu können, wie unser Theaterkritiker Tobi Müller erklärt.
Milo Rau hat bereits die Zusammenarbeit mit Luk Perceval, Alain Platel oder Angélica Liddell angekündigt: „Alle schon sehr lange, gut eingeführte Theatermacher:innen, die tatsächlich großes, sehr sinnliches Theater – und manchmal auch ein bisschen dampfend und mythisch im Fall von Liddell – produzieren“, sagt Müller.

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Als Leiter eines Theaterfestivals muss man aber auch eigene Akzente setzen können, erklärt Müller. Das stelle Rau mit seinen eigenen, sehr aufwendigen und recherchelastigen Produktionen immer wieder unter Beweis. Aktuell vermengt er den Kampf der Indigenen am Amazonas mit dem „Antigone“-Stoff von Sophokles. „Das sorgt immer sehr lange für Gespräche in der Öffentlichkeit, lange bevor auf der klassischen Bühne etwas zu sehen ist“, so Müller. Das sei auch gut für ein Theater oder eine Stadt.
„Da ist er mehr Performance-Künstler, ein politischer Regisseur, dessen größtes Talent weniger die eigentliche Regie ist, als der Wille, die Dinge zu verändern, hartnäckig zu bleiben, mit ganz vielen Leuten zusammenzuarbeiten, die völlig anders ticken als er“, erklärt Müller.
Außerdem „scheut Rau nicht davor zurück, voll auf die Zwölf zu gehen und etwa Marina Abramović eine Oper machen zu lassen. Er ist aber nicht nur ein toller Denker, Schreiber, Vernetzer und Künstler, sondern eben auch ein guter Stratege.“

Anspruchsvolles Publikum in Wien

In seiner neuen Position müsse Rau aber auch auf die Wienerinnen und Wiener eingehen können, die hohe Ansprüche an die Kunst stellten, die in ihrer Stadt stattfindet, so Müller. Rau müsse zeigen, dass er „etwas für die Stadt empfindet, wo die Leute nicht nur das Gefühl haben: Wir machen jetzt hier mit sehr viel Produktionskohle schicke, internationale Produktionen“. Gerade in diesem Punkt ist Müller aber zuversichtlich.
Auf die Frage, ob Milo Rau der Richtige für die Wiener Festwochen ist, antwortet unser Kritiker: „Er ist wohl nicht der Falsche.“
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