Menschen mit niedrigem Einkommen bleiben Leidtragende
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Die Ampelkoalition setzt ein Wahlkampfversprechen der SPD um: Zum 1. Oktober klettert der Mindestlohn auf 12 Euro. Dessen Wirksamkeit bezweifelt Hauptstadt-Korrespondent Stephan Detjen – gerade angesichts steigender Energiepreise.
Das Bundeskabinett hat beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 9,82 Euro zum 1. Oktober 2022 auf 12 Euro anzuheben. „Das ist eine klassische politische Intervention, mit der der größte Koalitionspartner sein Profil geschärft hat“, analysiert Deutschlandradio-Hauptstadtkorrespondent Stephan Detjen. Die SPD habe diesen Schritt im Wahlkampf versprochen.
Detjen, der auch Jurist ist, spricht von einem „Systembruch“. Bisher habe die Mindestlohn-Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Wissenschaftlern Anpassungen beschlossen. Sie bestehe aber weiter und solle auch künftig evaluieren.
Mindestlohn garantiert nicht mehr Geld am Monatsende
Detjen geht davon aus, dass ein höherer Mindestlohn nur „begrenzten Einfluss“ darauf hat, ob man von seinem Einkommen auch gut leben kann. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Bezieher von Mindestlohn am Monatsende nicht unbedingt mehr Geld in der Tasche hätten: Teils würden Arbeitgeber dann die Monatsarbeitszeit reduzieren.
Das Grundthema bleibe bestehen, so Detjen: dass Menschen mit sehr niedrigem Einkommen „natürlich erste Leidtragende“ einer wirtschaftlichen Entwicklung seien, in der zum Beispiel Energie immer teurer werde. „Das kann auch der Staat durch solche Interventionen niemals vollständig kompensieren.“
(bth)