„Das wird Geld kosten“
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Laut Bundesarbeitsgericht soll der Mindestlohn in der häuslichen Pflege auch für Bereitschaftsdienst gelten. Hier müsse die nächste Bundesregierung eine Lösung finden, damit sich Menschen Pflege trotzdem noch leisten können, sagt Andreas Westerfellhaus.
Windeln wechseln, waschen, kochen, Wunden versorgen – sieben Tage die Woche, von früh bis spät. Und nachts immer in Alarmbereitschaft. Das ist der Alltag von vielen ausländischen Betreuungskräften in Deutschland, die im Haushalt von pflegebedürftigen Menschen leben. Ihr Lohn dafür liegt oft bei nicht mehr als 1000 Euro netto im Monat.
Allgemeine Regelungsstandards für die Bezahlung dieser Beschäftigung fehlen bisher. Ein neues Urteil des Bundesarbeitsgericht setzt jetzt neue Maßstäbe: Künftig soll nicht mehr nur die reine Arbeitszeit, sondern auch die Bereitschaftszeit nach dem Mindestlohn bezahlt werden.
"Die Menschen suchen sich die Unterstützung, die sie brauchen"
Noch ist unsicher, welche politischen Konsequenzen das Urteil hat. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) fordert bereits eine Reform der Pflegeversicherung: "Was nicht geht, ist, dass Menschen aus Mittel- und Osteuropa und aus anderen Teilen der Welt bei uns 24 Stunden im Haus gehalten und nicht wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer behandelt werden."
Auch Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung, begrüßt das Urteil. Es könne jedoch nicht sein, dass sich nun Menschen die Pflege zu Hause wegen des Urteils nicht mehr leisten können: "Wir gehen davon aus, dass es vielleicht 300.000 Haushalte sind, die das in Anspruch nehmen. Wir gehen aber auch davon aus, dass der Schwarzmarkt da wesentlich größer ist, weil die Menschen sich über unterschiedliche Wege genau diese Unterstützung suchen, die sie dann brauchen."
"Was ist uns das wert?"
Die Arbeit sei jedoch sehr fordernd: "Die Belastung ist sehr hoch für die Frauen, die diese Arbeit leisten, und muss deswegen fair und adäquat und in Abbildung der Arbeitsschutzgesetze sichergestellt werden."
Die Frage, wie man beiden Seiten gerecht werden kann, müsse in der nächsten Legislaturperiode gelöst werden: "Wir können die Haushalte und die Menschen damit nicht alleinlassen", sagt Westerfellhaus.
Die Menschen würden älter und damit auch ein Teil von ihnen pflegebedürftiger. Und sie würden gern so lange wie möglich zu Hause leben, sagt Westerfellhaus: "Dafür müssen wir Antworten finden, über Betreuungsdienste, über digitale Unterstützung. Am Ende des Tages wird es Geld kosten und wir als Gesellschaft müssen die Frage beantworten: Was ist uns das wert?"
(sed)