Minestrone löffeln ohne Reisepass
Freies Theater ist anders, offener, kommunikativer: Seit über zwanzig Jahren zeigt Impulse die herausragendsten freien Theaterproduktionen aus dem deutschsprachigen Raum. In die vier Impulse-Städte – Bochum, Düsseldorf, Köln und Mülheim an der Ruhr – fahren Gäste auf eine Bildungsreise.
Respektvoll und umsichtig behandeln die beiden Reisebegleiter Branko Simic, Regisseur, und Eva Maria Stüting, Dramaturgin, ihre Gäste auf der so genannten "Bildungsreise" von Düsseldorf nach Mülheim an der Ruhr.
"Ein Stück Freiheit bedeutet nämlich: loszulassen, und wir sammeln die Ausweise jetzt ein. Vielen Dank!"
Brechts Ja- und Nein-Sager kommen zu Wort sowie Slavoj Zizeks Interpretation – das Paradoxon der erzwungenen Wahl wird diskutiert, etwa: Dass man etwas freiwillig machen muss, wenn man anerkanntes Mitglied der Gemeinschaft bleiben will.
Den Beispielen kann man nicht immer einwandfrei folgen, vielleicht liegt das auch am leckeren Slibovic, auf jeden Fall geht es im leicht schwankenden Bus die ganze Strecke über darum, was Freiheit ist. Das Festival "Impulse" ist ein Festival, auf dem die freie Szene alle zwei Jahre in ausgewählten Produktionen präsentiert wird, dieses Jahr zum ersten Mal von Florian Malzacher:
"Ich glaube, es ist nicht die Aufgabe des freien Theaters, dem Stadttheater zum Beispiel Impulse zu geben – wenn es die gibt, ist es wunderbar, aber es kann genauso gut Impulse in die andere Richtung geben: in die Richtung Bildende Kunst, Musik - und genauso, wie’s diese Impulse aufnimmt. Also das ist ja eher ein Dialog."
"Freies Theater abschaffen!" - Auf der Homepage des Festivals kann man ein Pamphlet nachlesen mit diesem Titel. Punkt 4 lautet: "Ich schlage daher vor, bei der Bezeichnung Freies Theater das Wort Freies wegzulassen. Dann steht da nur noch Theater. Und Theater ist genau das, was wir machen." Veit Sprenger hat das geschrieben, er gehört zu Showcase Beat Le Mot, und diese Gruppe – alte Hasen im Theatergeschäft – ist mit ihrer Produktion "Alles" eingeladen.
"Alles" von "Showcase Beat Le Mot" ist eine Küche mit Musik und Projektionen. Instrumentarien bewegen sich wie von selbst, man bekommt eine Minestrone, die im Laufe der langen Zeit gekocht wird, und während man noch löffelt, schwenkt der lockere Faden über den arbeitssuchenden Golem von den alchmistischen zu den sozial bewegenden Fragen. Man darf sich in den Publikumssaal, aber auch auf Sofas seitwärts setzen und auch herumlaufen, mit Bier oder Salzstangen. Sicher eine der schönsten Produktionen, so entspannt, wie man Theater selten erlebt hat.
Malzacher: "Im Zentrum des Theaters steht ja nicht notwendigerweise ein Text. Das ist sozusagen die Definition des dramatischen Theaters. Im Zentrum des Theaters steht, dass man gemeinsam Zeit in einem gemeinsamen Raum verbringt ... und das ist immer auch eine gesellschaftliche Frage."
Das feministische Performance-Kollektiv She She Pop war 2007 bei den Impulsen Vorreiter darin, mit den Zuschauern zusammen Zeit zu verbringen – und wer kein Mitmach-Theater mochte, dürfte im Publikum ziemlich verkrampft sein. Inzwischen war She She Pop als freie Gruppe, eine kleine Sensation, auch schon Gast auf dem renommierten Berliner Theatertreffen. Dessen Kriterium ist das weiche Wort: "bemerkenswert". Genau das nennt Malzacher auch. Er will "einfach" das beste und eine große Bandbreite. She She Pop ist diesmal wieder dabei und wirkt ruhiger, abgeklärter, entspannter. Eben ähnlich wie die Kollegen von Showcase Beat Le Mot.
Gesine Hohmann: "Bei mir hat sich das Zeitgefühl total verändert und es hat so ne Entspannung miteinander stattgefunden, die nicht so eine Erwartungshaltung aneinander war, jetzt mit Showcase und jetzt mir als Zuschauerin, sondern mehr so was, dass man jetzt gemeinsam dadrinne Zeit verbringen kann."
Die junge Gruppe "vorschlag:hammer" ist nicht eingeladen, aber zufällig im Publikum von Showcase Beat Le Mots alchemistischer Theaterküche. Das freie Trio arbeitet gerade am Düsseldorfer Schauspielhaus, gefördert durch den Fonds "Doppelpass" der Kulturstiftung des Bundes. "vorschlag:hammer" hat sich in seiner sehenswerten Produktion "Stalker" ganz explizit mit den unterschiedlichen Produktionsprozessen im Schauspielhaus auseinander gesetzt, bis hin zu Praktika in einzelnen Abteilungen.
"Alles" ist die erste Impulse-Produktion überhaupt, die sich das Team ansieht:
Kristofer Gudmundsson: "So was wie jetzt eben Showcase, das wäre wahrscheinlich an einem Stadttheater in so einem klassischen Betrieb voll schwer zu realisieren, weil ... das nicht vorgesehen ist, dass man so was entwickelt ... und man dadurch so ins Nachdenken kommt, dass man irgendwie andere Produktionsverhältnisse schaffen müsste. Oder irgendwie auch an Stadttheatern Räume schaffen könnte, die so was ermöglichen."
Dass das freie Theater "eine klare Alternative" ist, findet das Impulse-Leitungsteam. Das zeigt sich natürlich nur dort, wo es klappt, und trifft auch nicht auf jede bei den Impulsen gezeigte Inszenierung zu. Aber es scheint zu stimmen. Immer noch.
"Ein Stück Freiheit bedeutet nämlich: loszulassen, und wir sammeln die Ausweise jetzt ein. Vielen Dank!"
Brechts Ja- und Nein-Sager kommen zu Wort sowie Slavoj Zizeks Interpretation – das Paradoxon der erzwungenen Wahl wird diskutiert, etwa: Dass man etwas freiwillig machen muss, wenn man anerkanntes Mitglied der Gemeinschaft bleiben will.
Den Beispielen kann man nicht immer einwandfrei folgen, vielleicht liegt das auch am leckeren Slibovic, auf jeden Fall geht es im leicht schwankenden Bus die ganze Strecke über darum, was Freiheit ist. Das Festival "Impulse" ist ein Festival, auf dem die freie Szene alle zwei Jahre in ausgewählten Produktionen präsentiert wird, dieses Jahr zum ersten Mal von Florian Malzacher:
"Ich glaube, es ist nicht die Aufgabe des freien Theaters, dem Stadttheater zum Beispiel Impulse zu geben – wenn es die gibt, ist es wunderbar, aber es kann genauso gut Impulse in die andere Richtung geben: in die Richtung Bildende Kunst, Musik - und genauso, wie’s diese Impulse aufnimmt. Also das ist ja eher ein Dialog."
"Freies Theater abschaffen!" - Auf der Homepage des Festivals kann man ein Pamphlet nachlesen mit diesem Titel. Punkt 4 lautet: "Ich schlage daher vor, bei der Bezeichnung Freies Theater das Wort Freies wegzulassen. Dann steht da nur noch Theater. Und Theater ist genau das, was wir machen." Veit Sprenger hat das geschrieben, er gehört zu Showcase Beat Le Mot, und diese Gruppe – alte Hasen im Theatergeschäft – ist mit ihrer Produktion "Alles" eingeladen.
"Alles" von "Showcase Beat Le Mot" ist eine Küche mit Musik und Projektionen. Instrumentarien bewegen sich wie von selbst, man bekommt eine Minestrone, die im Laufe der langen Zeit gekocht wird, und während man noch löffelt, schwenkt der lockere Faden über den arbeitssuchenden Golem von den alchmistischen zu den sozial bewegenden Fragen. Man darf sich in den Publikumssaal, aber auch auf Sofas seitwärts setzen und auch herumlaufen, mit Bier oder Salzstangen. Sicher eine der schönsten Produktionen, so entspannt, wie man Theater selten erlebt hat.
Malzacher: "Im Zentrum des Theaters steht ja nicht notwendigerweise ein Text. Das ist sozusagen die Definition des dramatischen Theaters. Im Zentrum des Theaters steht, dass man gemeinsam Zeit in einem gemeinsamen Raum verbringt ... und das ist immer auch eine gesellschaftliche Frage."
Das feministische Performance-Kollektiv She She Pop war 2007 bei den Impulsen Vorreiter darin, mit den Zuschauern zusammen Zeit zu verbringen – und wer kein Mitmach-Theater mochte, dürfte im Publikum ziemlich verkrampft sein. Inzwischen war She She Pop als freie Gruppe, eine kleine Sensation, auch schon Gast auf dem renommierten Berliner Theatertreffen. Dessen Kriterium ist das weiche Wort: "bemerkenswert". Genau das nennt Malzacher auch. Er will "einfach" das beste und eine große Bandbreite. She She Pop ist diesmal wieder dabei und wirkt ruhiger, abgeklärter, entspannter. Eben ähnlich wie die Kollegen von Showcase Beat Le Mot.
Gesine Hohmann: "Bei mir hat sich das Zeitgefühl total verändert und es hat so ne Entspannung miteinander stattgefunden, die nicht so eine Erwartungshaltung aneinander war, jetzt mit Showcase und jetzt mir als Zuschauerin, sondern mehr so was, dass man jetzt gemeinsam dadrinne Zeit verbringen kann."
Die junge Gruppe "vorschlag:hammer" ist nicht eingeladen, aber zufällig im Publikum von Showcase Beat Le Mots alchemistischer Theaterküche. Das freie Trio arbeitet gerade am Düsseldorfer Schauspielhaus, gefördert durch den Fonds "Doppelpass" der Kulturstiftung des Bundes. "vorschlag:hammer" hat sich in seiner sehenswerten Produktion "Stalker" ganz explizit mit den unterschiedlichen Produktionsprozessen im Schauspielhaus auseinander gesetzt, bis hin zu Praktika in einzelnen Abteilungen.
"Alles" ist die erste Impulse-Produktion überhaupt, die sich das Team ansieht:
Kristofer Gudmundsson: "So was wie jetzt eben Showcase, das wäre wahrscheinlich an einem Stadttheater in so einem klassischen Betrieb voll schwer zu realisieren, weil ... das nicht vorgesehen ist, dass man so was entwickelt ... und man dadurch so ins Nachdenken kommt, dass man irgendwie andere Produktionsverhältnisse schaffen müsste. Oder irgendwie auch an Stadttheatern Räume schaffen könnte, die so was ermöglichen."
Dass das freie Theater "eine klare Alternative" ist, findet das Impulse-Leitungsteam. Das zeigt sich natürlich nur dort, wo es klappt, und trifft auch nicht auf jede bei den Impulsen gezeigte Inszenierung zu. Aber es scheint zu stimmen. Immer noch.