Mini-Zinsen

Wie junge Leute jetzt ihr Geld anlegen sollten

Mehrere Geldscheine im Wert von 5, 10, 20 und 50 Euro liegen durcheinander.
Wie sollten Anleger auf die Zinspolitik der EZB reagieren? © dpa / Stephan Persch
Moderation: Julius Stucke |
Die EZB hat den Leitzins auf ein Rekordtief gesenkt. Auf dem Sparbuch werden die mageren Zinsen von der Inflation wieder aufgefressen. Wie sollte die junge Generation jetzt ihr Geld anlegen? Der Finanzexperte Michael Feigl verrät die sinnvollste Strategie - und hat eine Forderung an die Politik.
Julius Stucke: Schön, wenn man am Ende des Monats Geld übrig hat, es zur Seite legen kann für die Zukunft. Aber was genau tun? Man kann es unters Kopfkissen legen oder man kann es aufs Sparbuch packen, am Ende läuft das aber auf dasselbe Problem hinaus, es wird nicht mehr, sondern weniger. Denn die Zinsen auf Sparguthaben oder fest verzinsliche Papiere gehen mittlerweile ähnlich gegen Null wie die unterm Kopfkissen.
Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins gestern auf ein Rekordtief gesenkt, 0,15 Prozent. Das heißt zwar günstige Kredite, aber es heißt auch weniger Geld fürs Sparbuch. Und schon vor dieser Entscheidung galt: Die mageren Zinsen werden von der Inflation wieder aufgefressen. Was also tun? Darüber spreche ich mit Michael Feigl vom Institut für Finanzdienstleistungen an der Universität Hamburg. Grüße Sie, Herr Feigl!
Michael Feigl: Grüße Sie, Herr Stucke!
Stucke: Herr Feigl, ist das eine Luxussorge für Besserverdienende oder ist es das Problem einer ganzen jungen Generation, die auf die Rente nicht bauen kann und ja irgendwie für morgen vorsorgen sollte?
Feigl: Die niedrigen Zinsen sind eigentlich ein Problem der jetzigen Leute, die Geld anlegen wollen auf mittlere Sicht. Weil man nicht absehen kann, ob in drei, vier, fünf Jahren die Zinsen entscheidend wieder steigen werden, sodass sie womöglich irgendwann mal oberhalb der Inflationsrate liegen. Auf lange Sicht kann man schon davon ausgehen, dass das Zinsniveau auch oberhalb der Inflationsrate liegen wird.
Stucke: Aber wenn es so bleibt, dann ist es eine schwierige Frage zu entscheiden, wohin soll ich mein Geld tun, wenn ich denn etwas habe.
"Eine reale Entwertung meines Geldes"
Feigl: Ja, das ist allerdings eine schwierige Frage. Weil alles, was wirklich sicher ist und liquide, ist abhängig von diesem Zinsniveau. Das heißt, ich werde immer das Problem haben, dass die zurzeit unterhalb der Inflationsrate liegen, das heißt, ich habe eine reale Entwertung meines Geldes.
Stucke: Herr Feigl, können wir das lösen mit Betongold, also Immobilien? Wobei ich Betongold jetzt gar nicht meine als Anlage, um Rendite zu machen, sondern eher als Wohneigentum, als Absicherung für die Zukunft?
Feigl: Auf die Idee kommen natürlich erst einmal all die Leute, die Geld haben, und zwar ein bisschen mehr Geld haben. Die versuchen jetzt tatsächlich verstärkt, in diesen Markt reinzugehen, was wir in den letzten Jahren ja gesehen haben, die Immobilienpreise sind konstant gestiegen. Ob man jetzt sagen könnte, das ist eine gute Möglichkeit auch für Leute, die ein bisschen weniger Geld haben und sparen wollen, und stattdessen zahlen sie den Kredit ab, ist ja alles okay. Das Problem ist, dass die guten Lagen in Großstädten oder auch in Randgebieten von Großstädten mittlerweile relativ teuer werden, und die Immobilienpreise werden aufgrund der EZB-Entscheidung höchstwahrscheinlich weiter steigen, weil wieder Leute jetzt kommen werden und sagen, jetzt reicht's, jetzt lege ich mein Geld doch lieber in Immobilien an.
Stucke: Aber dann könnte ich mich ja entscheiden, eben nicht in der Großstadt, in der gefragten Lage was zu suchen, sondern am Stadtrand oder eben sogar ganz extrem auf dem Land, wo die Preise günstiger sind.
Feigl: Das wäre durchaus möglich, aber das ist sozusagen eine ganz individuelle Entscheidung. Das muss man halt wissen. Es gibt einen Trend zurzeit, der sagt, dass insbesondere die jüngeren Leute in die Städte ziehen wollen. Und das heißt, wenn ich bewusst mich entscheide, aufs Land zu ziehen, gehe ich das Risiko ein, dass ich dort nicht wieder wegkomme, ohne womöglich Verluste beim späteren Verkauf zu machen.
Stucke: Das heißt, Ihrer Ansicht nach sind Immobilien jetzt auch kein Allheilmittel gegen diese niedrigen Zinsen und die Frage, was tun mit dem Geld, wenn man welches anlegen möchte. Was dann, Aktien?
Feigl: Eine Alternative dazu ist eigentlich nur langfristig gesehen die etwas risikoreichere Aktienanlage, ja.
Stucke: Aber Sie sagen es, die etwas risikoreichere. Das will nicht jeder tragen.
Was der Staat jetzt tun sollte
Feigl: Genau, wir haben es in den Krisen gesehen, um die Jahrtausendwende, 2000er-Krise oder jetzt in der Finanzkrise 2008/2009, als die Kurse massiv gesunken sind, sind gerade private Leute ausgestiegen, weil sie damit nicht gut umgehen können, wenn ihr Vermögen derartig schrumpft. Viele Leute haben nicht die Vorstellung davon, das geht irgendwann wieder hoch, sondern wollen einfach nur raus, weil sie die Vorstellung haben, das fällt noch weiter.
Stucke: Ist da auch der Staat vielleicht gefragt, die Regierung gefragt, bestimmte Formen, wovon man sagen kann, das würden wir den Leuten ans Herz legen, zu fördern?
Feigl: Auf lange Sicht gesehen hat die Aktienanlage eigentlich einen Vorteil gegenüber allen anderen Anlagen, wenn man es breit genug aufstellt. Aber dafür gibt es auch genug Produkte. Der Staat hat natürlich die Pflicht, irgendwas zu machen, er macht ja was mit seiner Riesterförderung. Aber das ist nicht besonders erfolgreich leider, auch ein richtig kompliziertes Werk. Und es ist teuer. Aber natürlich hat der Staat eine Verpflichtung aufgrund dessen, dass die Rentenentwicklung, die gesetzliche Rentenentwicklung relativ unsicher ist, gerade für die jungen Generationen auf lange Sicht.
Stucke: Wird da zunehmend die Gesellschaft gespalten in die, die etwas anlegen können und eben diese Luxussorge haben, und diejenigen, denen die Rente auch flöten geht, die aber nichts zur Seite legen können?
Feigl: Ja. Da wird versucht vonseiten der Politik, ein bisschen gegenzusteuern mit diesem Mindestlohn, aber selbst die Hochrechnungen zeigen ja bei dem Mindestlohn, das ist Sicherungsniveau, was da am Ende bei herauskommt. Das heißt, wenn man nicht möchte, dass ein nicht unbedeutender Teil der Haushalte am Ende ihres Arbeitslebens alle auf Grundsicherung stößt, wird man sich überlegen müssen, wie eine Förderung ist, die die Leute wirklich in Anspruch nehmen, und auch ein Produkt anbieten, das sie wirklich ein Leben lang begleiten kann. Wenn die Leute den Job wechseln, dass man es ganz einfach nehmen kann, wenn die Leute mal vielleicht ganz wenig Geld haben, dass man vielleicht mal aussetzen kann. Das wäre ein geförderter Sparvertrag. Auf welcher Basis der laufen sollte, will ich jetzt gar nicht sagen, aber er müsste so sein, dass er gute Förderung hat und dass auch wirklich nur die gefördert werden, die förderungswürdig sind.
Stucke: Niedrige Zinsen und die Frage, wie vorsorgen. Dazu Michael Feigl vom Institut für Finanzdienstleistungen an der Universität Hamburg. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Feigl!
Feigl: Ja, danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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