Ein politisches Erdbeben
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In Thüringen ist überraschend der FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Regierungschef gewählt worden. Er setzte sich im dritten Wahlgang auch mit Stimmen von CDU und AfD durch. "Es ist völlig unklar, wie es jetzt hier weiter geht", sagt unser Landeskorrespondent Henry Bernhard.
Das kommt einer politischen Sensation gleich: Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich ist neuer Regierungschef in Thüringen. Die Entscheidung zwischen Kemmerich und Bodo Ramelow (Linke), dem bisherigen Amtsinhaber, fiel denkbar knapp aus. Auf Ramelow entfielen 44 Stimmen, Kemmerich erhielt 45. Es gab eine Enthaltung. Der von der AfD aufgestellte parteilose Kandidat Christoph Kindervater erhielt im dritten Wahlgang keine Stimme.
In den ersten beiden Wahlgängen waren jeweils Ramelow und Kindervater angetreten, doch hatte es keine absolute Mehrheit gegeben.
Das Ergebnis im dritten Wahlgang war rechnerisch möglich, aber niemand habe das als wahrscheinlich betrachtet, sagt unser Thüringen-Korrespondent Henry Bernhard. Selbst Kemmerich habe nach der Abstimmung und seinem Sieg "völlig geschockt und überrascht" gewirkt. Nur bei der AfD sei große Freude ausgebrochen. "Es ist völlig unklar, wie es jetzt hier weiter geht", so Bernhard.
Die AfD hat das Parlament ausgetrickst
Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Ministerpräsident mit Stimmen der AfD gewählt wurde. Die AfD habe sich strategisch verhalten, so Bernhard – und im letzten Wahlgang geschlossen für den FDP-Kandidaten gestimmt. Offenbar habe die CDU nicht damit gerechnet, dass die AfD auf diese Weise das Parlament austrickse. Nun müsse Kemmerich in zwei Stunden sein Kabinett vorstellen. Die Linke habe angekündigt, auf Neuwahlen hinarbeiten zu wollen. Die Hürden dafür seien aber hoch.
Die Thüringer FDP hatte bei der Wahl im vergangenen Herbst nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen, nun stellt sie den Ministerpräsidenten. Ramelows angepeiltes Bündnis von Linken, SPD und Grünen verfügte nach der Wahl nur noch über 42 von 90 Mandaten im Landtag. CDU, FDP und AfD kommen gemeinsam auf 48 Sitze.
(ahe)