Raubkunst-Streit um Bührle-Sammlung

"Künstler sind keine Ablassproduzenten"

06:50 Minuten
Die Künstlerin Miriam Cahn sitzt an einem Tisch und lächelt in die Kamera. Sie hat graue Haare und trägt eine blaue Jacke. Im Hintergrund sind lange Bücherregale zu sehen.
Die Künstlerin Miriam Cahn hat angekündigt, alle ihre Werke aus dem Kunsthaus Zürich abzuziehen. © picture alliance/ keystone/ Christian Beutler
Miriam Cahn im Gespräch mit Vladimir Balzer |
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Der Streit um die Sammlung des Waffenlieferanten Emil Bührle im Kunsthaus Zürich geht weiter. Die international renommierte Künstlerin Miriam Cahn will ihre Bilder aus dem Museum entfernen. Sie wirft dem Präsidenten der Bührle-Stiftung Antisemitismus vor.
In der Schweiz schwelt seit Längerem eine Kontroverse um die Kunstsammlung des einstigen Waffenfabrikanten Emil Bührle. Bührle hatte das NS-Regime mit Waffen beliefert und von Zwangsarbeit profitiert. In seiner Sammlung soll sich Raubkunst befinden. Der Waffenfabrikant hatte mit dem Kauf der Werke für seine Sammlung bereits während des Zweiten Weltkrieges begonnen, die ehemaligen Besitzer waren oft Juden.
Ganz geklärt sind die Vorwürfe nicht, der Stiftung Sammlung E. G. Bührle wird nachgesagt, keine umfassende Forschung anzustreben.
Im Oktober hatte das Kunsthaus Zürich einen Anbau eröffnet, in dem ein großer Teil der Werke zu sehen ist, darunter Bilder von Monet, Cézanne und Gauguin. Das Museum hat bisher immer auf die Arbeit der Stiftung verwiesen und betont, dass keine Raubkunst mehr unter den Werken sei.
Auf einer Pressekonferenz am 15. Dezember eskalierte die Lage, als die Vertreter des Kunsthauses Zürich, der Zürcher Kunstgesellschaft und Bührle-Stiftung sich weigerten, die Krise als solche zu adressieren.

Künstler sind keine "Ablassproduzenten"

Nun hat die international renommierte Künstlerin Miriam Cahn angekündigt, ihre Werke aus dem Kunsthaus Zürich abzuziehen. Sie sei im Gespräch mit ihren Galeristen. Vielleicht ließen sich die Werke zurückkaufen. Der Grund: Sie wirft dem Präsidenten der Bührle-Stiftung, Alexander Jolles, vor, während der Pressekonferenz antisemitische Klischees verwendet zu haben.
Alexander Jolles, Präsident der Stiftung Sammlung E.G. Buehrle, sitzt zwischen anderen Teilnehmern der Pressekonferenz. Er trägt ein kleines Mikrofon an der Wange und schaut hinter sich.
Der Präsident der Stiftung Sammlung E.G.Bührle, Alexander Jolles, soll während einer Pressekonferenz antisemitische Klischees verwendet haben.© picture alliance/KEYSTONE
„Die Leute sagen natürlich, sie sind keine Antisemiten, aber es waren antisemitische Klischees, die da ausgepackt wurden“, sagt Cahn, die selbst Jüdin ist. Sie habe den Eindruck, die Vorwürfe gegen die Sammlung sollten nicht aufgeklärt werden. Selbstverständlich könnten solche Werke ausgestellt werden, aber die Herkunft müsse geklärt sein. „Es ist moralisch unangenehm“, sagt Cahn.
„Das wird ungeheuer peinlich, wenn reiche Leute wie Bührle oder (der Großindustrielle Friedrich, Anm. d. Red.) Flick glauben, dass sie sich freikaufen, wenn sie eine gute Sammlung moderner oder zeitgenössischer Kunst zusammenkaufen.“ Künstler und Künstlerinnen seien keine „Ablassproduzenten“.
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