Missbrauch in der katholischen Kirche

Papst spricht von "Menschenopfern"

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Papst Franziskus auf dem Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan am 24. Februar 2019.
Papst Franziskus verspricht ein hartes Durchgreifen der katholischen Kirche gegen sexuellen Missbrauch – konkrete Schritte nennt er nicht. © Spaziani / dpa
Jörg Fegert im Gespräch mit Thorsten Jabs |
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Auf dem Anti-Missbrauchsgipfel hat Papst Franziskus sexuelle Übergriffe auf Kinder mit "Menschenopfern" verglichen. Eine problematische Formulierung, meint Psychiater Jörg Fegert: Generell müsse die Kirche zuerst dafür sorgen, dass die Betroffenen gehört werden.
Weltweit hatten in den vergangenen Jahren die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche für Entsetzen gesorgt. Vor allem hat es immer wieder fassungslos gemacht, wie in den kirchlichen Strukturen Taten vertuscht und Täter gedeckt wurden – und wie wenig für die Opfer getan wurde. Im Vatikan wurden jetzt vier Tage lang die Skandale aufgearbeitet.
In seiner Rede zum Abschluss des Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan ging Papst Franziskus nicht nur auf die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche ein, sondern stellte sexuellen Missbrauch als gesellschaftliches Übel dar. "Eindringlich appelliere ich an alle Verantwortungsträger und an die einzelnen Personen in allen Bereichen, gegen den Missbrauch von Minderjährigen zu kämpfen, in sexuellen wie in anderen Bereichen, denn es handelt sich um abscheuliche Verbrechen, die auf dem Antlitz der Erde ausgemerzt werden müssen", sagte er.

"Jetzt ist der Punkt, wo die Kirche liefern muss"

Diesbezüglich "würde ich dem Papst uneingeschränkt zustimmen", sagt Jörg Fegert, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm. Darin, dass Papst Franziskus in seiner Rede auch sexuellen Missbrauch von Kindern allgemein angeprangert hat, sieht er keine Strategie der Verharmlosung. Es sei ein weltweites Problem und man müsse überall gegen Missbrauch kämpfen, natürlich auch in der Kirche.
Ob der Gipfel aber wirklich Änderungen in der katholischen Kirche mit sich bringt? "Je häufiger man die Reue und das Bedauern ausdrückt und sich letztlich in den Verfahren nichts ändert, desto zweifelnder wird man", meint Fegert. "Ich denke schon, dass jetzt der Punkt da ist, wo die Kirche auch liefern muss." Vor allem müsse die Kirche deutlich machen, wie sie Kinder beschützen und welche Maßnahmen sie ergreifen will.

Transparenz ist entscheidend

Aus seiner Sicht sei entscheidend, wie in Zukunft mit den Missbrauchsopfern umgegangen werde. Themen wie Opferanwälte, Zeugenbegleitung, Transparenz und Auskunftsrechte seien aber noch nicht thematisiert worden, obgleich sie entscheidend beim zukünftigen Umgang mit den Betroffenen seien.
Dass der Papst von den Betroffenen als "heidnische Menschenopfer" gesprochen hat, sieht Jörg Fegert kritisch. "Es geht um aktuelle Handlungen des Missbrauchs an Menschen, die nicht geopfert werden, sondern die weiter leben, die Teil unserer Gesellschaft sind und die jetzt auch Gerechtigkeit und Anerkennung fordern." Für Fegert hat die Kirche zuallererst dafür zu sorgen, dass die Opfer einen Platz haben, sie gehört und ernst genommen werden – und dass künftige Generationen von Kindern geschützt werden.
Fegert sieht Verwaltung und Transparenz als Schlüssel in diesen Fällen. Solange es keine Fallstatistiken gebe, solange Betroffene manchmal Jahre auf Antwort warten müssten, gebe es im Prinzip keinen vernünftigen Umgang mit den Betroffenen. Man könne überlegen, was kann von extern geschehen, wo könne die Kirche unterstützt werden. "Und das andere: Was muss die Kirche selbst theologisch leisten, denn die theologischen Antworten muss die Kirche selbst geben."
(tj)
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